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Topografie des Nationalsozialismus in Hessen

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Biebrich, Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, „Landgrabenlager“ Kalle & Co.

Biebrich, Gemeinde Wiesbaden, Stadt Wiesbaden | Historisches Ortslexikon
In der NS-Zeit: Rheinstrasse
Klassifikation | Nutzungsgeschichte | Indizes | Nachweise | Abbildungen | Zitierweise
Klassifikation

Kategorie:

Wirtschaft

Subkategorie:

Zwangsarbeit 

Nutzungsgeschichte

Objektbeschreibung:

Die ersten zwei Baracken waren 1941 gebaut worden. Im Herbst 1942 umfasste das Lager bereits fünf Wohnbaracken sowie je eine Küchen-, Wirtschafts-, Sanitäts-, Verwaltungs- und Desinfektionsbaracke. Zudem verfügte das Lager über Splitterschutzgräben und eine einen Löschwasserteich. Ein Jahr später wurde das Lager um eine Aufenthalts- sowie eine Wasch- und eine Abortbaracke erweitert. Auf den Grünflächen des Lagers wurde Gemüse angebaut. Hervorzuheben ist, dass das Lager über einen eigenen Kindergarten sowie eine Krankenbaracke verfügte. Eine „Ostarbeiterin“ schilderte die Situation im Lager Ende Mai 1942: „(...) In jedem Zimmer waren 24 Leute, in einer Baracke. Es waren immer drei Betten übereinander, es war sehr eng. Da waren auch Eisenschränke für die Kleider, und sehr schlechte Luft war drin. (...) Es gab Matratzen, die mit Stroh gefüllt waren.. Die Mahlzeiten bekamen wir auch im Lager. Es gab vor allem Steckrüben, Kohlrabi..., Spinat – aber keine Kartoffeln. Kaffee-Ersatz. Den Kaffeesatz haben wir mitgegessen, weil wir Hunger hatten! Eine Baracke war für Frauen, und eine für Männer. (...) Die Westarbeiter waren in einem anderen Lager. Von uns durch einen Zaun getrennt waren Jugoslawen, Kroaten, Tschechoslowaken, hinter einem Draht, wir konnten miteinander sprechen. Unser Lager war in der Nähe der Fabrik. (...) Man hat den Rhein nicht gesehen. Wir wurden unter Bewachung zur Arbeit geführt und auch wieder zurück.“ [Zitiert nach: Brüchert, Zwangsarbeit in Wiesbaden, S. 138 f.]

Beschreibung:

In Biebrich verfügte die Firma Kalle & Co. über ein Firmenlager. Hier waren bis zu 640 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht.

Vermutlich waren in diesem Lager 1941 auch 22 französische Kriegsgefangene aus dem Stalag Limburg untergebracht.

Die Kriegsgefangenen wurden in der Landwirtschaft und in der Industrie eingesetzt.

Die Mehrheit der hier inhaftierten Frauen waren in den beiden Jahren 1943 und 1944 in das Lager gebracht worden. 1943 lebten 291 „Ostarbeiterinnen“ hier. Viele der Frauen gerieten aufgrund ihrer Arbeitseinstellung oder aufgrund „wehrkraftzersetzender Äußerungen“ in Konflikt mit der Gestapo.

Während eines schweren Luftangriffs am 9. März 1945 wurden Teile des Lagers beschädigt.

Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):

1941

Nutzungsende (späteste Erwähnung):

März 1945

Indizes

Orte:

Biebrich

Sachbegriffe:

Stalag · Betrieb · Wirtschaft · Firmenlager · Zwangsarbeit

Nachweise

Literatur:

Abbildungen

Abbildungen:

Zitierweise
„Biebrich, Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, „Landgrabenlager“ Kalle & Co.“, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/2099> (Stand: 26.11.2022)