Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Wahlen zum Deutschen Reichstag, 6. Juni 1920

Bei der ersten regulären Reichstagswahl (und der zweiten reichsweiten Wahl während der Weimarer Republik, die erste war mit der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 abgehalten worden) verliert die Weimarer Koalition aus SPD, katholischer Zentrumspartei und linksliberaler DDP (Deutsche Demokratische Partei) ihre im Jahr zuvor errungene Mehrheit.

Während reichsweit alle republikanischen Parteien schwere Verluste hinzunehmen haben, profitieren die Parteien des rechten und linken Spektrums. Die nationalliberale Deutsche Volkspartei vergrößert ihren 1919 erzielten Anteil von 4,4 % auf 13,9 %. Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) verbessert ihr Vorjahresergebnis von 13,3 % leicht auf 15,1 %. Unter den linken Parteien verzeichnet die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) einen erheblichen Zugewinn und verbessert ihren Stimmenanteil von 7,6 % auf 17,9 %. Die im Dezember 1918 gegründete und im Vorjahr noch nicht zur Wahl angetretene Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) findet bei 2,1 % der Wähler Zuspruch. Insgesamt entfallen reichsweit nicht weniger als 49 % der abgegebenen Stimmen auf republikkritische und republikfeindliche Parteien.

Im Volksstaat Hessen beteiligen sich insgesamt 594.545 Wählerinnen und Wähler an der Abstimmung. Damit verringert sich die Wahlbeteiligung gegenüber der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung im Vorjahr deutlich auf nur noch 75,4 % gegenüber 86,8 % in 1919. Wie im Vorjahr ist erneut die SPD stärkste Partei, sie muss jedoch (ebenso wie die DDP) erdrutschartige Verluste hinnehmen, von denen besonders die USPD, aber auch die nationalliberale Deutsche Volkspartei und der sich als Interessenvertretung der ländlichen Bevölkerung verstehende Hessische Bauernbund, der eine Einigungsliste mit der hessischen Volkspartei bildet, profitieren. Im Vergleich zur Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 verliert die SPD ein Mandat (jetzt drei), die USPD und die Hessische Volkspartei erringen nun je einen Sitz (vorher ohne Mandat), die DDP und die Zentrumspartei verlieren je ein Mandat (jetzt je einen Sitz), die DVP hält sich bei einem Mandat.

Gewählte Abgeordnete

Wahlkreis 21 Hessen-Nassau

Dißmann, Robert (1878–1926); Vorsitzender des Deutschen Metallarbeiterverbandes; Frankfurt am Main; USPD, ab September 1922 SPD
Hartwig, Emil (1873–1943); Arbeitersekretär; Gadderbaum/Post Bethel; DNVP
Helfferich, Karl (1872–1924); Staatsminister a.D.; Berlin-Wilmersdorf; DNVP
Hepp, Karl (1889–1970); Landwirt; Seelbach/Oberlahnkreis; DVP
Herbert, Karl (1883–1949); Landwirt; Zirkenbach/Kreis Fulda; Zentrum
Hoch, Gustav (1862–1942); Schriftsteller; Hanau; SPD
Höner, Mathias (1883–1923); Gewerkschaftssekretär; Altenkirchen/Westerwald; Zentrum1
Kaiser, Eugen (1879–1945); Arbeitersekretär; Frankfurt am Main; SPD
Lind, Heinrich (1878–1941); Landwirt; Niederissigheim/Kreis Hanau; DNVP
Dr. Rießer, Jakob (1853–1932); Geheimer Justizrat, Universitätsprofessor; Berlin; DVP2
Scheidemann, Philipp (1865–1939); Oberbürgermeister; Kassel; SPD
Schücking, Walther (1875–1935); Professor; Marburg; DDP
Schwarz, Jean-Albert (1873–1957); Mittelschullehrer; Frankfurt am Main; Zentrum
Seibert, Theodor (1870–1936); Lokomotivführer; Frankfurt am Main; DVP
Sender, Tony (1888–1964); Handlungsgehilfin; Frankfurt am Main; USPD, ab September 1922 SPD
Tesch, Johanna (1875–1945); Hausfrau; Frankfurt am Main; SPD
Thöne, Georg (1867–1945); Landrat; Witzenhausen; SPD

Zudem trat Kornelius Trieschmann (1875–1939; Landwirt; Oberellenbach/Kreis Rotenburg; DDP) am 5. März 1921 für die über den Reichswahlvorschlag gewählte Abgeordnete Marie-Elisabeth Lüders (1878–1966; DDP) als Vertreter des Wahlkreises 21 in den Deutschen Reichstag ein.

Wahlkreis 22 Hessen-Darmstadt

Dr. Becker, Johann (1869–1951); DVP; Finanzminister a.D.; Darmstadt
Beckmann, Georg (1868–1939); USPD, ab September 1922 SPD; Krankenkassenangestellter; Gießen
von Brentano, Otto (1855–1927); Zentrumspartei; Minister der Justiz; Darmstadt
Dr. David, Eduard (1863–1930); SPD; Reichsminister; Berlin
Dorsch, Wilhelm II. (1868–1939); DNVP; Landwirt, Abgeordneter; Wölfersheim
Korell, Adolf (1872–1941); DDP; Pfarrer; Nieder-Ingelheim
Dr. Quessel, Ludwig (1872–1931); SPD; Schriftsteller; Darmstadt3
Ulrich, Karl (1853–1933); SPD; Staatspräsident; Darmstadt
(KU)


  1. Höner verstarb am 7. November 1923. Für ihn rückte am 17. November 1923 Paul Jungblut (1878–1926; Fabrikdirektor; Bad Homburg vor der Höhe) nach.
  2. Riesser war ab 11. Mai 1921 Vierter Vizepräsident des Deutschen Reichstages.
  3. Gewählt durch Zurechnung der Reststimmen aus dem zum Verbandswahlkreis gehörigen 21. Wahlkreis Hessen-Nassau.Ergebnisse der Wahlen zum Deutschen Reichstag am 6. Juni 1920 im Volksstaat Hessen, S. 9.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Wahlen zum Deutschen Reichstag, 6. Juni 1920“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2509> (Stand: 6.6.2023)
Ereignisse im Mai 1920 | Juni 1920 | Juli 1920
Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30