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Georg-Büchner-Preis an H. C. Artmann, 25. Oktober 1997

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht den Georg-Büchner-Preis an den Schriftsteller H. C. Artmann (1921–2000), der laut Urkundentext in seinen Gedichten, Prosatexten, Theaterstücken und Übersetzungen aus mehr als einem Dutzend Sprachen ein Werk von unerschöpflichem Reichtum geschaffen hat: der witzig und erfinderisch, melancholisch und zart, mit untrüglichem Blick für die großen vergessenen Dichter der Vergangenheit, unbeirrbar die Menschenrechte der Poesie, ihre Würde und ihren Eigensinn, behauptet und gelebt hat.1

Der österreichische Schriftsteller Hans Carl Artmann verfasst Gedichte, Erzählungen und Dramen und ist dabei vor allem für seine im Wiener Dialekt verfasste „Sprachartistik“ wie „med ana schwoazzn dintn“ bekannt.2 Bis 1958 war Artmann Mitglied der Wiener Gruppe, einer Schriftstellervereinigung, die nach dem zweiten Weltkrieg wichtige Impulse für avantgardistische und innovative österreichische Literatur gab und sich von den konservativen Strömungen der österreichischen Literaturszene deutlich abgrenzte. Mit dem Georg-Büchner-Preis erhält H. C. Artmann die bedeutendste Auszeichnung deutschsprachiger Literatur und ein Preisgeld in Höhe von 60.000 DM.3

Eine Laudatio auf Artmann hält der Literaturwissenschaftler Klaus Reichert, die er mit den Worten eröffnet: „Lesen und Lieben – das sind die Voraussetzungen, das ist das Material der Dichtung Artmanns und nicht mit dieser zu verwechseln. Denn Artmann ist weder ein gelehrter Autor, der seine Lesefrüchte auslegungsbedürftig versteckt, um verstanden zu werden (wie Joyce, wie Arno Schmidt), noch ist er ein Authentizist, der meint, wenn er sein Herzblut an den Tag gebe, sei das Literatur. Das Gelesene ist vielmehr so sehr zum Eigenen geworden – wie in den Jahrhunderten, Jahrtausenden, bevor der Originalschriftsteller seine Rechte geltend machte daß seine Stimme es wie neu erschafft.4

Der Preisträger selbst hält seine Dankesrede knapp und zeichnet seine eigene Jugend nach, die „durch nichts Intellektuelles (...) kein Gymnasium, keine Universität“ geprägt worden sei und ihm so eine gewisse Ehrfucht vor der Sprache verschafft habe.5

Der Georg-Büchner-Preis wurde 1921 vom Land Hessen und der Stadt Darmstadt gestiftet, um Dichter*innen, Künstler*innen, Schauspieler*innen und Sänger*innen aus Hessen auszuzeichnen. Seit 1953 fungiert der Stiftungspreis als Literaturpreis, der durch die in Darmstadt ansässige Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vergeben wird.6
(NT)


  1. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: H. C. Artmann: Urkundentext.
  2. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26.10.1997, S. 38: Das Kind einer Wildente und eines Kuckucks.
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.5.1997, S. 1: Hans Carl Artmann erhält den Georg-Büchner-Preis 1997.
  4. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: H. C. Artmann: Laudatio.
  5. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: H. C. Artmann: Dankrede.
  6. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis.
Belege
  • Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26.10.1997, S. 38: Das Kind einer Wildente und eines Kuckucks
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.5.1997, S. 1: Hans Carl Artmann erhält den Georg-Büchner-Preis 1997
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Georg-Büchner-Preis an H. C. Artmann, 25. Oktober 1997“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5574> (Stand: 11.1.2022)
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