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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Eröffnung des Betriebs der elektrischen Straßenbahn in Gießen, 20. November 1909

In der Universitätsstadt Gießen wird der Betrieb der neu errichteten elektrischen Straßenbahn feierlich eröffnet. Die Straßenbahn ersetzt die seit 15 Jahren in der Stadt verkehrenden Pferdeomnibusse, die ihre Abschiedsfahrt am 1. Dezember 1909 absolvieren.1 Ihr Verwaltungsgebäude und das zugehörige Depot befinden sich an der Gabelsberger Straße, dort, wo auch die späteren Stadtwerke Gießen (SWG) ihr Omnibusdepot und ein Verwaltungsgebäude haben. Die neue Straßenbahn übernimmt zunächst zwei Linien der Pferde-Omnibuslinien (A und B) einschließlich deren Haltestellen. Die „Grüne Linie“ verkehrt auf der Strecke bzw. zwischen den Haltepunkten Bahnhof – Bahnhofstraße – Marktstraße – Marktplatz – Lindenplatz – Walltorstraße – Walltor – Marburger Straße – Friedhofsallee – Neuer Friedhof, die „Rote Linie“ zwischen Bahnhof – Bahnhofstraße – Liebigstraße – Frankfurter Straße – Selterstor – Seltersweg – Kreuzplatz – Mäusburg – Marktplatz – Schulstraße – Neuen Bäue – Berliner Platz – Ludwigsplatz – Grünberger Straße – Schützenhaus (Volkshalle). Das Depot der Straßenbahn ist über eine 400 Meter lange Betriebsstrecke, die durch die Gabelsbergerstraße und die Westanlage führt, an die Strecke in der Bahnhofstraße angebunden. Nur jedes zweite Fahrzeug der im 7,5-Minuten-Takt verkehrenden Bahnen legt die komplette Linien-Strecke zur Endstation zurück, die übrigen enden im Falle der Linie „Grün“ an der Ecke Wiesecker Weg und im Falle der Linie „Rot“ an der Ecke Moltkestraße. Das erbaute Schienennetz (regelspurig) verläuft überwiegend eingleisig mit Ausweichen. Lediglich das von beiden Linien, „Rot“ und „Grün“ genutzte Teilstück zwischen dem Bahnhof und der Ecke Bahnhofstraße/Liebigstraße weist eine zweigleisige Anlage auf, zudem sind alle Endstationen mit zwei Gleisen versehen. Am Gießener Marktplatz liegt eine doppelte Kreuzungsweiche, auf der das Tauschen der Linienäste möglich ist.

Die Nahverkehrsbeförderung mit Pferdeomnibussen war 1894 auf Initiative ortsansässiger Gewerbetreibender eingerichtet worden, der am 1. August mit zunächst drei gebraucht erworbenen Fahrzeugen seinen Dienst aufnahm. Betreibergesellschaft war die eigens zu diesem Zweck gegründete Gießener Omnibusgesellschaft, die in der Marburger Straße (anfangs in Haus Nr. 34, später in Haus Nr. 66) ein Verwaltungsgebäude und ein kleines Depot unterhielt. Der Beschluss, den Pferdeomnibusbetrieb durch die Einrichtung einer elektrischen Straßenbahn zu ersetzen, wurde 1908 durch die Gießener Stadtverordnetenversammlung gefasst. Bei der Umstellung im November 1909 besitzt die Omnibusgesellschaft insgesamt 17 Pferde sowie vier offene und sechs geschlossene Omnibuswagen, die später öffentlich versteigert werden.
(KU)


  1. Damit erfolgt die Ablösung des Nahverkehrbetriebs mit Pferdefahrzeugen durch elektrifizierte Fahrzeuge in Gießen erst einige Jahre nach den endgültigen Umstellungen in Wiesbaden (1900) und in Frankfurt am Main (1904).
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
5540 ,Öffentlicher Nahverkehr
Empfohlene Zitierweise
„Eröffnung des Betriebs der elektrischen Straßenbahn in Gießen, 20. November 1909“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/386> (Stand: 20.11.2022)
Ereignisse im Oktober 1909 | November 1909 | Dezember 1909
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