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Breitenau, Frühes Konzentrationslager, Benediktinerkloster

Breitenau, Gemeinde Guxhagen, Schwalm-Eder-Kreis
Brückenstraße 12 – In der NS-Zeit: Adolf-Hitler-Straße 12
Klassifikation | Nutzungsgeschichte | Indizes | Nachweise | Abbildungen | Zitierweise
Klassifikation

Kategorie:

Verfolgung

Subkategorie:

Konzentrationslager 

Nutzungsgeschichte

Objektbeschreibung:

Von 1933 bis 1934 dienten zunächst das Kirchenschiff, dann das sogenannte Landarmenhaus des ehemaligen Benediktinerklosters der Unterbringung der im staatlichen Konzentrationslager bzw. Schutzhaftlager für politische Gegner des Nationalsozialismus inhaftierten Personen.

Beschreibung:

Am 16. Juni 1933 wurde das ehemalige Benediktinerkloster Breitenau, in Guxhagen bei Kassel gelegen, in ein „regionales Konzentrationslager für politische Schutzhäftlinge“ umfunktioniert, da sowohl die Kapazitäten der Polizei- als auch der Gerichtsgefängnisse für die Masse der Verhafteten nicht mehr ausreichten.

In Breitenau befand sich damit das zentrale Konzentrationslager für den Regierungsbezirk Kassel. Dort wurden politische Gegner des Regimes inhaftiert. Das Konzentrationslager war keines der „wilden Lager“, die durch die SA oder NSDAP errichtet wurden, sondern es wurde durch Weisung des Kasseler Polizeipräsidenten, das heißt durch eine staatliche und nicht durch eine parteiliche Stelle, eingerichtet. Damit zählt es zu den „frühen“ Konzentrationslagern. Es bestand bis zum 17. März 1934.

Genutzt wurde die Klosterkirche für die Unterbringung der Gefangenen, aber auch der Wachmannschaften, die sich zunächst aus Angehörigen der SA, später der SS, zusammensetzten. Zielsetzung des Lagers war es, politische Gegner einzuschüchtern, um so den politischen Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime zu unterdrücken. Für den Zeitraum zwischen Juni 1933 und März 1934 lassen sich 470 Inhaftierte nachweisen, die unterschiedlichen Regionen Hessens entstammten.

Die hiesige Lagerunterbringung galt dem NS-Staat als kostengünstig. So stellte der Kasseler Polizeipräsident am 9. Mai 1933 fest: „(...) die Häftlinge kosten dort dem Staate pro Tag nicht nur 30 Pfg. weniger an Bargeld als im Polizeigefängnis, sondern sie leisten auch noch produktive Arbeit für die Provinz“ (zitiert nach Krause-Vilmar, Schutzhaft, S. 223). Das diesbezügliche Entgegenkommen der Landesarbeitsanstalt ist wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sie sich auf vertraglich gesicherter Basis der (fast) kostenlosen Arbeitskraft der Internierten bediente, z. B. hinsichtlich Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten.

Im Kontext der Auflösung des Lagers im März 1934 wurden 25 der 470 Gefangenen für eine weitere Haftzeit vorgemerkt. Ihr Leidensweg setzte sich in anderen Konzentrationslagern, Untersuchungshaft, Zuchthäusern und – während des Zweiten Weltkrieges – Bewährungseinheiten fort.

Bemerkungen:

Laut Mitteilung des Regierungspräsidenten in Kassel von Ende Juni 1933 sollten die aus dem Regierungsbezirk hierher zu verlegenden Häftlinge zunächst dem Polizeigefängnis in Kassel zugeführt werden. Auf Veranlassung des inzwischen über die Schutzhaftgründe zu unterrichtenden Kasseler Polizeipräsidenten erfolgte die Überweisung in das Konzentrations- und Schutzhaftlager.

Parallel zum Konzentrationslager und zum Arbeitserziehungslager Breitenau (AEL) bestand die Landesarbeitsanstalt über den gesamten Zeitraum der nationalsozialistischen Diktatur weiter.

Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):

16. Juni 1933

Nutzungsende (späteste Erwähnung):

17. März 1934

Weitere Nutzungen des Objekts:

Nutzung vor NS-Zeit:

Im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) diente das ehemalige Benediktinerkloster als Kriegsgefangenenlager für französische Soldaten. 1874 wurde an gleicher Stelle die Einrichtung „Landesarbeitsanstalt und Landesfürsorgeheim Breitenau“ gegründet, die sich in einem „Arbeitshaus“ um „Arbeitsscheue“ und „verwahrloste“ Jugendliche bemühte. Daneben gab es noch ein Altersheim. Diese Einrichtung bestand bis 1949. [Vgl. Gedenkstätte Breitenau; vgl. wikipedia] (13.4.2010)

Nutzung nach NS-Zeit:

1874 gegründet, bestanden „Landesarbeitsanstalt und Landesfürsorgeheim Breitenau“ bis 1949. Im März 1952 wurde in dem Gebäude ein geschlossenes Heim für schwer erziehbare Mädchen, das „Landesjugendheim Fuldatal“ untergebracht. Seit der Auflösung der Einrichtung für Mädchen im Dezember 1973 wird das Kloster als offene psychiatrische Einrichtung des LWV Hessen genutzt. Seit Sommer 1984 befindet sich dort auch die Gedenkstätte Breitenau. [Vgl. Gedenkstätte Breitenau; vgl. wikipedia] (13.4.2010)

Indizes

Orte:

Breitenau

Sachbegriffe:

Konzentrationslager · Verfolgung · Wirtschaft

Nachweise

Kooperationspartner:

Gedenkstätte Breitenau – Dr. Gunnar Richter

Literatur:

Weblinks:

Gedenkstätte Breitenau

Wikipedia

Abbildungen

Abbildungen:

Zitierweise
„Breitenau, Frühes Konzentrationslager, Benediktinerkloster“, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/225> (Stand: 12.4.2023)