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Grabdenkmäler

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6 Töchter des Jost von Nordeck zur Rabenau 1602-1612, Londorf

Londorf · Gem. Rabenau · Landkreis Gießen | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Londorf

Gebäude / Areal:

Londorf, Evangelische Pfarrkirche.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Londorf, Evangelische Pfarrkirche.

An der inneren Ostwand des Schiffes.

In dem 1857/58 abgebrochenen alten Kirchenschiff mit Chor befand sich das Denkmal nach Steiner (s. Literatur) "in der Wand des nördlichen Seitenschiffes" neben dem Epitaph des Vaters.

Merkmale

Datierung:

1602 bis 1612

Typ:

Epitaph

Material:

bemalter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Beschreibung

Beschreibung:

Das flach umrahmte, heute in grüner Farbe sich abzeichnende Rechteck um die Figuren wird durch senkrechte Trennung in zwei Felder unterteilt. Jedes Feld hat einen eingestellten Halbrundbogen und nimmt darunter je drei Figuren, die mit Namen und erreichtem Alter bezeichnet sind (B), und den Leichentext (C) auf. Die vier älteren Töchter sind nach Größe bzw. erreichtem Lebensalter aufgereiht, wobei die 14jährige Anna Catharina ganz links steht. Es fällt auf, dass fast alle Figuren nach rechts blicken, womöglich zum Altar hin, wenn man die frühere Aufstellung des Epitaphs an der nördlichen Wand der alten Londorfer Kirche berücksichtigt.

Mit Ausnahme der Jüngsten ganz rechts tragen alle einheitliche Kleidung und Kopfschmuck: ein langes Kleid mit langen Ärmeln und farblich abgesetzten, hellen Manschetten und betonten Schulterstücken. Der Rockteil fällt ab der Taille faltenreich und stark gebauscht bis über den Boden. Die Gemeinsamkeiten mit Ausnahme der Gewandung der Jüngsten erstrecken sich ebenso auf Halskrausen und Kopfschmuck, welcher das Gesicht umrahmende, gerundete und hochstehende Abschlüsse hat, wobei die Haare offen über die Rückenpartie fallen.

Im linken Teil des Grabmals steht die zweijährige Margaretha Magdalena in der Mitte vor ihren größeren Schwestern. Im Gegensatz zu ihnen trägt sie eine rote Kette mit rundem Anhänger. Es könnte sich hier um Korallen handeln (vgl. Anmerkung 1). Eine derartige Kette schmückt auch die ganz rechts stehende (!), nur 12 Wochen alt gewordene Sabina Elisabetha, die also nicht als Wickelkind erscheint. Ihr Haar ist mit einem Blumenkranz geschmückt und ihr Kleid hat über der Körpermitte von oben nach unten einen weißen Besatz. Auch unter Berücksichtigung der vielen Kleiderordnungen der Zeit, welche u.a. die Zahl der Schmuckketten festlegen (vgl. Anmerkung 2), ist es auffallend, dass die älteste, ganz links Wiedergegebene, drei Ketten trägt, ihre drei jüngeren Schwestern nur je zwei. Zusammen mit der nahezu identischen Kleidung bestimmt das allen gemeinsame Übereinanderlegen der Hände das einheitliche Erscheinungsbild.

Ober- und unterhalb der Figuren befinden sich waagerechte Wappenreihen zu je 8 Vollwappen mit Namensbeischriften (D). Wie es bei größeren Epitaphien der Zeit beliebt ist, erfolgt im Sinne einer Höhensteigerung und Mittelbetonung die Anbringung des profilierten, marmoriert bemalten Gesimssteines, welcher den wirkungsvollen oberen, rollwerkverzierten Aufsatz mit Inschrift (A) trägt. Zusammen mit den Abschlüssen der benachbarten Grabmäler wird damit der Kleinteiligkeit im Bereich verschiedener Grundformen ein gewisser vereinheitlichender Rahmen gegeben.

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1) Zu den Ketten mit rundem Anhänger vgl. "Wenzel Jamnitzer und die Nürnberger Goldschmiedekunst 1500-1700. Eine Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1985", München 1985, Abb. 63 auf S. 97 sowie S. 330. Dort ist das Bildnis eines halbjährigen Knaben mit Kette und Klappmützentaler wiedergegeben.

2) Zur vorgeschriebenen Zahl der Schmuckketten vgl. ebd., S. 97 ff.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

Kind(er)

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

Insgesamt 16 Vollwappen in zwei Reihen zu je zwei Kolumnen.

Obere Reihe:

links (mit 1 bis 4 bezeichnet) von Nordeck zur Rabenau, von Biedenfeld, Rau von Holzhausen und von Hundelshausen, rechts (ebenso mit 1 bis 4 bezeichnet) von Lüder, Kottwitz, Steffan von Orb und von Ehrenberg.

Untere Reihe:

links (mit 5 bis 8 bezeichnet) von Lüder, von Bültzingsleben (Bulsleben), Diede zum Fürstenstein und Schmalsteig, rechts (ebenso mit 5 bis 8 bezeichnet) Tibes, Schenk zu Schweinsberg, Wolfskehl und Berlingen.

Dargestellte Personen:

Das Epitaph wurde sechs Töchtern des Jost von Nordeck zur Rabenau (gest. 11. September 1611) gesetzt und bildet heute als mittlerer Teil zusammen mit dem Epitaph des Vaters und dem einer namentlich unbekannten Frau aus der Familie ein Ensemble.

Bei den verstorbenen Kindern handelt es sich laut den Inschriften im einzelnen um:

1) Margaretha Magdalena, gestorben am 28. Februar 1602 im Alter von 2 Jahren und 16 Wochen,

2) Anna Catharina, gestorben am 3. September 1602 im Alter von 14 Jahren,

3) Dorothea Susanna, gestorben am 7. September 1602 im Alter von 7 Jahren,

4) Anna Helena, gestorben am 13. September 1602 im Alter von 10 Jahren,

5) Margaretha Anna Magdalena, gestorben am 24. August 1611 im Alter von 4 1/2 Jahren, und schließlich

6) Sabina Elisabetha, gestorben am 9. August 1612 im Alter von 12 Wochen (also nach dem Tod des Vaters geboren).

Sie alle gingen - die Wappen belegen dies - aus der Ehe des Jost von Nordeck zur Rabenau mit Elisabeth von Lüder hervor, die am 4. November 1596 geschlossen wurde (Ehevertrag im Hess. Staatsarchiv Marburg, Urkunden X5 Schenk zu Schweinsberg-Loshausen). Die Töchter 2, 3 und 4 sollen jedoch, wie sich aus der Inschrift zu ergeben scheint, schon um 1588, 1595 und 1592 geboren sein. Vielleicht liegt dieser Widerspruch in der Formulierung der Inschrift begründet, aus der nicht mit völliger Sicherheit geschlossen werden kann, ob sämtliche Kinder 1 bis 4 im Jahr 1602 starben oder ob nicht die Kinder 2 bis 4, wie Kind 5, zum Jahr 1611 gehören.

Inschrift

Umschrift:

A:

A(NN)O 1602 /

SIND DES WOHL ED /

LEN GESTRENG VND VESTEN /

IOSTEN VON NORD:(ECK) Z(VR) · R(ABENAV) · TÖCHTERLEIN IN /

GOTT SELIG ENTSCHLAFFEN MARG(ARETHA) MADA(LENA) DEN 28 /

FEB:(RVARII) VND AN:(NA) CAT:(HARINA) DEN 3 · DOR:(OTHEA) SVS(ANNA) DEN 7 · AN:(NA) HEL:(ENA) DEN 13 /

SEPT:(EMBRIS) AN:(NA) MADA:(LENA) DEN 24 AVGVS:(TI) A(NN)O 1611 · SAB:(INA) ELIS:(ABETHA) DEN 9 /

AVGVS:(TI) A(NN)O 1612 · GOT VERLEIHE IHNEN EIN FRO /

LICHE AVFFERSTEHVNG · AMEN ·

B:

ANNA CA / THARINA · / 14 IAR //

MARGRETHA / MADALENA / 2 IAR 16 WO(CHEN) //

ANNA HE,, / LENA · / 10 IAR //

DOROTHEA / SVSAN / NA · / 7 IAR //

MARGRETHA / ANNA MA / DALENA / 4 1/2 / IAR //

12 WO(CHEN) / SABINA ELISABET

C:

LASSET DIE KINDLE(I)N /

ZV MIR KOMMEN VND WERET /

IHNEN NICHT, DEN SOLCHER /

IST DAS HIMMELREICH MARC(VS) X

D:

(obere Wappenreihe von links nach rechts:)

HVNDELSHAV / SEN / ·4 · //

RAW / ·3 · //

BIDEFELD / ·2 · //

RABENAW / ·1 · //

LVTTER / 1 · //

KOTWITZ / 2 · //

STEF / FEN / 3 · //

ERNBERG / 4 ·

(untere Wappenreihe von links nach rechts:)

SCHMALSTEG / ·8 · //

DIDT / ·7 · //

BVLSLEBEN / ·6 · //

LVTTER / ·5 · //

TIBES / 5 · //

SCHENCK / 6 · //

WOLFSKEL / 7 · //

BER / LINGEN / 8 ·

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Literatur:

  • Walbe, Heinrich (Bearb.): Die Kunstdenkmäler im Freistaat Hessen – Provinz Oberhessen – Kreis Giessen, Band 1: Nördlicher Teil, Darmstadt 1938, S. 285 f.
  • Brockhusen, Hans Joachim von: Nordecker Wappen und Grabsteine in Londorf, in: Das 1200jährige Londorf und die Rabenau, Londorf 1958, S. 87 ff., hier S. 89 f.
  • Steiner, Johann Wilhelm Christoph: Geschichte des Patrimonialgerichts Londorf und der Freiherrn von Nordeck zur Rabenau, Darmstadt 1846, S. 84 f.

Personen:

Nordeck zur Rabenau, Jost von · Nordeck zur Rabenau, Elisabeth von, geb. von Lüder · Lüder, Elisabeth von, verheiratete von Nordeck zur Rabenau

Sachbegriffe:

Wappen · Korallenketten · Klappmützentaler · Ketten · Manschetten · Blumenkränze · Halskrausen · Kopfschmuck · Haare, offene · Farbfassungen · Fassungen, farbige · Marmorierungen · Adlige · Kinder

Wappen:

Nordeck zur Rabenau · Biedenfeld · Rau von Holzhausen · Hundelshausen · Lüder · Kottwitz · Steffan von Orb · Orb, Steffan von · Ehrenberg · Bültzingsleben · Diede zum Fürstenstein · Schmalsteig · Tibes · Schenk zu Schweinsberg · Wolfskehl · Berlingen

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„6 Töchter des Jost von Nordeck zur Rabenau 1602-1612, Londorf“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/969> (Stand: 30.11.2007)