Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Aufruf der Wiesbadener Stadtverordneten an die Bürgerschaft, 8. November 1918

Anlässlich der revolutionären Umstürze in den umliegenden Städten ruft der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung in Wiesbaden offiziell dazu auf, „Ruhe und Besonnenheit“¹ zu wahren. Der an die Bürgerschaft gerichtete Aufruf mahnt zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, um den Schutz von Leben und Eigentum und die Lebensmittelzufuhr zu sichern. Unterzeichnet ist die Veröffentlichung von Oberbürgermeister Karl Christoph Glässing (1866–1952), dem Stadtverordneten Alexander Alberti (1855–1929), sowie Vertretern der Nationalliberalen Partei, der fortschrittlichen Volkspartei, der Zentrumspartei, der Konservativen und der Sozialdemokraten.

Nur zwei Tage später, am 10. November, übernimmt auch in Wiesbaden ein neu gegründeter Arbeiter- und Soldatenrat die Macht. Er setzt sich aus Vertretern der Soldaten- und Arbeiterschaft zusammen und verfügt über jeweils drei vorsitzende Soldaten, Leutnant Schlitt, Sergeant Lindig und Matrose Spies, sowie zwei vorsitzenden Arbeitern, namhaft Otto Haese (MSPD) und Franz Göbner (USPD).² Der Arbeiter- und Soldatenrat in Wiesbaden proklamiert die Errichtung der freien Republik Hessen, allerdings unter Abgrenzung von radikalen sozialistischen Forderungen und Umsturzbestrebungen wie etwa denen des Spartakusbundes.³
(NT)

1. Wiesbadener Zeitung, 9.11.1918, Abendausgabe, S. 2: Aufruf an die Mitbürger. ↑
2. Wiesbadener Zeitung, 11.11.1918, Morgenausgabe, S. 2: An die Einwohnerschaft im Stadt- und Landkreis Wiesbaden; Haren, Tobias, Der Volksstaat Hessen 1918/1919. Hessens Weg zur Demokratie (Zeitgeschichtliche Forschungen 19), Berlin 2003, S. 73. ↑
3. Haren, Tobias, Der Volksstaat Hessen 1918/1919. Hessens Weg zur Demokratie (Zeitgeschichtliche Forschungen 19), Berlin 2003, S. 74. ↑