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Separatistenunruhen im Rheinland, 23. September 1923

In Wiesbaden führen die separatistischen Gruppierungen „Rheinische Volksvereinigung“ (RhVV) und „Vereinigte Rheinische Bewegung“ im Großen Saal des städtischen Kurhauses eine Kundgebung durch. Im Anschluss an die Veranstaltung, die von etwa 3.500 bis 4.000 Personen besucht wird, formiert sich ein Demonstrationszug, an dem sich rund 3.000 Menschen beteiligen. Am Rande der Demonstration kommt es zwischen deutschen und französischen Polizeikräften und Teilen der Demonstranten, die hauptsächlich aus der Pfalz, aus Rheinhessen, Nassau, dem Rheingau und der Umgebung von Bonn angereist sind, zu handgreiflichen Auseinandersetzungen.

Die von Hans Adam Dorten (1880–1963) angeführte RhVV1 tritt für einen autonomen Rheinstaat innerhalb des Reichsverbandes ein. Sie wurde am 22. Januar 1920 in Boppard am Rhein gegründet und versteht ihre Forderung nach einem eigenständigen Rheinstaat („ein freier Bundesstaat am Rhein“) weniger separatistisch als vielmehr föderal. Nach dem Zusammenschluss mit mehreren anderen separatistischen Organisationen im August 1923 und angesichts der in Folge des „Ruhrkampfes“ (Generalstreik als Reaktion auf die Besetzung durch französische und belgische Truppen im Januar 1923) eingetretenen wirtschaftlichen Probleme des Gebietes erhalten die Befürworter einer selbständigen „Rheinischen Republik“ wachsenden Zulauf aus weiten Teilen der Bevölkerung. Viele Bewohner der linksrheinischen Gebiete erblicken in einem eigenständigen rheinischen Staat ein Mittel zur Entspannung der deutsch-französischen Beziehungen und damit zur Wiederbelebung der Wirtschaft. Nahrung erhält der Wunsch nach einem Rheinstaat auch durch Überlegungen der Reichsregierung, die besetzten rheinischen Gebiete für einen Übergangszeit Frankreich zu überlassen und zu einem späteren Zeitpunkt (freiwillig) zurückzuerhalten (sogenannte Versackung des Rheinlandes).
(KU)


  1. Dorten hatte am 1. Juni 1919 in Wiesbaden die „Rheinische Republik“ ausgerufen, die neben dem Rheinland auch die Gebiete Altnassau, Rheinhessen und die Rheinpfalz umfassen sollte. Der von französischen Militärs unterstützte „Putschversuch“ scheiterte damals jedoch bereits nach wenigen Tagen, da Dorten und seine Anhänger weder in der Bevölkerung noch in der ganz überwiegend reichstreuen Verwaltung ausreichende Unterstützung fanden.
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Schlagwort
Rheinland ; Separatismus ; Geschichte 1919-1923
Empfohlene Zitierweise
„Separatistenunruhen im Rheinland, 23. September 1923“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1938> (Stand: 30.6.2023)
Ereignisse im August 1923 | September 1923 | Oktober 1923
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