Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Beschlüsse des Landtags in Darmstadt zur Volksernährung im Krieg, 14. Oktober 1915

Die Zweite Kammer des Landtags des Großherzogtums Hessen (= Landstände des Großherzogtums Hessen) in Darmstadt stimmt in seiner Sitzung Anträgen zu, die Maßnahmen zur Volksernährung und andere wirtschaftliche Fragen betreffen, die sich aus der Kriegssituation ergeben. Sie stimmt außerdem dem Antrag des Abgeordneten Dr. Adam Joseph Schmitt (1855–1928) von der Zentrumspartei und dessen Parteikollegen zur Mindestunterstützung an Familien von Kriegsteilnehmern und dem Antrag des SPD-Abgeordneten Carl Ulrich (1853–1933) und seiner Genossen betreffend die Kriegsbeihilfe an bedürftige Kriegerfamilien zu.

Die Behandlung eines weiteren Themas, das im Landtag zur Debatte gestellt ist, scheitert jedoch vorerst an der Frage der verwaltungsrechtlichen Zuständigkeit:

„Ein Antrag auf fakultative Einführung der türkischen Sprache in den Lehrplan der höheren Lehranstalten wird nach einer Erklärung der Regierung, daß es noch an einer Zentralstelle im Reiche zur Abänderung des gesetzlichen Lehrplans fehle, für erledigt erklärt.“¹

Die Zweite Kammer vertagt sich danach auf unbestimmte Zeit.
(OV/KU)

1. Das Interesse an der Einführung des Türkischunterrichts an den hessischen Schulen ist vor dem Hintergrund des deutschen Bildungsengagements in der Türkei zu sehen. Insbesondere in den Jahren vor Kriegsausbruch äußerte sich in der Einrichtung deutscher Schulen (bzw. der Tätigkeit deutscher Lehrkräfte) in der Türkei der Wille, den deutschen Einfluss dorthin erheblich zu verstärken. Zugleich sahen die seit 1908 an der Macht stehenden Jungtürken in der deutschen Unterstützung im Bildungsbereich einen wichtigen Faktor zur Modernisierung und Demokratisierung des Landes. Vgl. dazu ausführlich: Mustafa Gencer, Bildungspolitik, Modernisierung und kulturelle Interaktion. Deutsch-türkische Beziehungen (1908–1918), Berlin 2002. ↑