Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

SPD kritisiert Veröffentlichung einer Liste von angeblichen Gestapo-Spitzeln, 1. April 1950

Der Vorstand des Bezirks Hessen-Süd der SPD befasst sich in seiner Sitzung in Frankfurt mit Pressemeldungen über die Namensliste von angeblichen Gestapo-Spitzeln, die der angeklagte ehemalige Gestapo-Beamte Baab einem Frankfurter Journalisten übergeben hat. Er wendet sich scharf dagegen, dass von den 26 Namen auf dieser Liste bisher nur die zweier Frankfurter Bundestagsabgeordneten und der eines Frankfurter Stadtverordneten andeutungsweise preisgegeben worden seien. Der Bezirksvorstand erklärt sich mit den drei Genannten Willy Knothe (1888–1952), Georg Stierle (1897–1979) und Paul Kirchhoff, die der Zusammenarbeit mit der Gestapo verdächtigt werden, restlos solidarisiert. Die Deutsche Presse-Agentur meldet dazu, dass die drei Personen gegen Baab eine Klage wegen Verleumdung eingereicht haben.

Anmerkung:
Willy Knothe, seit 1906 Mitglied der SPD, war 1945 bis 1947 erster Landesvorsitzender der SPD in Hessen nach dem Zweiten Weltkrieg. Wegen illegaler politischer Tätigkeit wurde er 1934 verurteilt und 1944 erneut verhaftet. Nach der Befreiung durch die US-Armee beteiligte sich Knothe aktiv am Neuaufbau der SPD und erhielt von der Besatzungsmacht die Lizenz zur Herausgabe der Frankfurter Rundschau. Er gehörte der Verfassungberatenden Landesversammlung, dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an. Schon 1946 war er zu einem der Stellvertreter Kurt Schumachers als Parteivorsitzender gewählt worden.

Georg Stierle war seit 1916 Mitglied der SPD. Wegen illegaler politischer Tätigkeit wurde er 1936 verhaftet und verbrachte bis April 1939 eine Haftstrafe in den Konzentrationslagern Lichtenburg und Buchenwald. 1946 war er Mitglieder der Verfassungberatenden Landesversammlung in Hessen, 1947 bis 1956 Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Frankfurt und 1949 bis 1961 Mitglied des Deutschen Bundestags.
(OV / StA)