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Feuer im Kalibergwerk vernichtet einen Teil der ausgelagerten Bestände der Universitätsbibliothek Marburg, April 1945

Im Kalibergwerk Heimboldshausen (bei Philippstal), das als Auslagerungsort seit August/September 1944 mit etwa 230.000 Bänden mehr als die Hälfte des Bestandes der Universitätsbibliothek Marburg beherbergt, bricht unerwartet ein Feuer aus. Dem Brand fallen von den dort auf rund 108 Metern Länge, 2,5 Metern Breite und zwei Metern Höhe gestapelten Büchern ca. 22 lfd. Meter zum Opfer. Weitere 4.000 Bände der nicht verbrannten Teile des Lagerbestandes (vor allem die oberen Lagen) werden durch Hitze, Rauch und das Eindringen von geschmolzenem Salz unbenutzbar gemacht. Nach der Rückführung der ausgelagerten Bestände verzeichnet ein am 10. Juni 1947 angefertigter Aktenvermerk den genauen Umfang der Verluste. Demnach ist der Buchbesitz der Fächer Theologie und Medizin mit jeweils 5.000 verlorenen Bänden zahlenmäßig am stärksten betroffen. Weiterhin wurden zahlreiche Bände aus den Bereichen Literatur bzw. Literatur- und Sprachwissenschaft (3.700 bzw. 3.500), Hassiaca (2.700), Pädagogik (2.700; etwa 60 Prozent des gesamten in Marburger Besitz befindlichen Bestandes), Naturwissenschaften (1.500), Kunst (1.500), Allgemeines (1.200), Rechtswissenschaften (1.000), Geschichte (700), Mathematik und Philosophie (jeweils 500) sowie Staatswissenschaften (100) zerstört. Insgesamt werden durch das Brandunglück etwa 32.000 Bände der Universitätsbibliothek vernichtet, dazu der vorher in der Leihstelle für die Benutzer aufgestellte alphabetische Zettelkatalog (Verzeichnis ab Erscheinungsjahr 1930).

Die Universitätsbibliothek Marburg selbst bleibt während des Krieges weitestgehend von Beschädigungen verschont. Erst in den letzten Kriegswochen zerstören einige nahe des Bibliotheksgebäudes einschlagende Bomben die Fensterscheiben auf der Straßenseite im Magazinbau (vollständig) und im Verwaltungstrakt (zu etwa 80 Prozent). Die von der Zentralbibliothek der Philipps-Universität und ihren Institutsbibliotheken verzeichnete Gesamtbilanz der Kriegsverluste beläuft sich – einschließlich von schätzungsweise 1.500 ausgeliehenen Titeln, die aufgrund der Kriegswirren nicht von den Entleihern zurückgebracht wurden oder außerhalb der Bibliothek und ihren Lagerstätten – auf annähernd 35.000 Bände.

Nachdem der Universitätsbibliothek ab dem 24. April 1945 (nach vierwöchiger Komplettschließung) ihren Betrieb zunächst nur im Inneren fortführen darf und Bandausleihen ab Sommer zunächst nur in Ausnahmefällen möglich sind, öffnet sie am 3. Dezember 1945 erneut ihre Türen für den Publikumsverkehr.
(KU)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Feuer im Kalibergwerk vernichtet einen Teil der ausgelagerten Bestände der Universitätsbibliothek Marburg, April 1945“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4819> (Stand: 15.3.2021)
Ereignisse im März 1945 | April 1945 | Mai 1945
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