Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Premiere eines Brecht-Stückes zum fünfzigjährigen Jubiläum der Frankfurter Oper, 16. Oktober 1930

Zum Abschluss der am 10. Oktober 1930 eröffneten Festwoche anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Oper in Frankfurt am Main wird dort auf Initiative des Intendanten der Städtischen Bühnen Josef Turnau (1888–1954) die Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ von Bertolt Brecht (1898–1956) mit Musik von Kurt Weill (1900–1950) aufgeführt. Die Frankfurter Premiere des Stückes wird von Teilen der Bürgerschaft und der Presse mit Ablehnung und beißendem Spott aufgenommen: die rechtskonservative Tageszeitung „Frankfurter Nachrichten“ erblickt in der Brecht-Oper einen symbolischen Ausdruck für den „zu Grabe getragenen guten Geschmack“ und diskreditiert mit Blick auf die Aufführung den Abschluss des Opernhausjubiläums polemisch als „glücklich in der Kloake“ geendet. Eine zweite Aufführung am 19. Oktober 1930, der unter anderem auch das japanische Prinzenpaar Takamatsu in Begleitung von Oberbürgermeister Ludwig Landmann (1868–1945) beiwohnt, wird durch Randalierer unterbrochen, die mit Gebrüll und Pfiffen das Opernfoyer und die Vorstellung stürmen und das Publikum mit Stinkbomben und Feuerwerkskörper bewerfen, woraufhin mehrere Zuschauer die Flucht ergreifen. Erst das Eintreffen der Polizei setzt den Ausschreitungen ein Ende.

Bereits bei der Uraufführung der Oper im Neuen Theater Leipzig am 9. März 1930 war es während der Vorstellung zu tumultartigen Ausschreitungen im Zuschauerraum gekommen. NSDAP-Anhänger hatten dort eine geplante Störaktion durchgeführt und Teile des Publikums zu lautstarken Protesten aufgewiegelt.
(KU)