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Bankhaus Rothschild & Söhne an die Berliner Disconto-Gesellschaft, 1. August 1901

Die 1851 gegründete Disconto-Gesellschaft in Berlin übernimmt die Geschäfte des in Frankfurt am Main ansässigen Bankhauses M.A. Rothschild & Söhne. Von Seiten des Frankfurter Traditionshauses war der Verkauf notwendig geworden, da nach dem Tod von Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild (1828–1901), zuletzt alleiniger Inhaber des Frankfurter Stammhauses, keine männlichen Nachfahren besitzt. Entsprechend der Familientradition des Unternehmens1 darf Wilhelm Carls Schwiegersohn Maximilian Benedikt von Goldschmidt-Rothschild (1843–1940) den Betrieb nicht fortführen, sondern muss das Bankhaus liquidieren.Im Geschäftsbericht der Disconto-Gesellschaft für 1901 heißt es dazu:

Als in Folge des Todes des Baron Willy von Rothschild die Liquidation des Bankhauses M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M. entschieden wurde, beschloss die Disconto-Gesellschaft, in Frankfurt a, M. eine Zweigniederlassung zu errichten, um einen anderen Stützpunkt daselbst an Stelle der langjährigen intimen Verbindung mit jenem Bankhause zu gewinnen. Den freundschaftlichen Beziehungen zu den Chefs der anderen Häuser Rothschild hatte die Disconto-Gesellschaft es zu verdanken, dass ihre Zweigniederlassung fast ausnahmslos die Zahlstelle von Zins und Kapital, sowie von Dividenden der zahlreichen für diesen Dienst bei dem Bankhause in Frankfurt a. M.v domizilirten Wertpapiere übernehmen, auch den Geschäftsbetrieb mit Hülfe eines Theils des Personals des Bankhauses, welcher zur Disconto-Gesellschaft überging, sogleich eröffnen konnte. Um so günstiger hat sich dieser Geschäftsbetrieb entwickelt, als auch fast ausnahmslos die Kundschaft des liquidirenden Bankhauses zur Disconto-Gesellschaft übertrat und die Zweigniederlassung einen umsichtigen Leiter in der Person des Direktors Ulrich erhielt, welcher der Gesellschaft seit einer langen Reihe von Jahren angehört und auf die Ausdehnung des soliden Geschäftsverkehrs der Disconto-Gesellschaft in Süddeutschland wohl bedacht ist. Im abgelaufenen Jahre war die Thätigkeit der erst im Herbst eröffneten Zweigniederlassung auf wenige Monate beschränkt.

Die Akquisition des Bankhauses Rothschild ist die erste größere Unternehmensübernahme der Berliner Disconto-Gesellschaft, die um die Jahrhundertwende eine der größten deutschen Banken ist. Sie schließt sich 1929 mit der Rheinischen Creditbank und dem A. Schaaffhausen'schen Bankverein zur Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft (DeDi-Bank), die sich ab 1937 nur noch Deutsche Bank nennt, zusammen.
(KU)


  1. Der Gründervater des Bankhauses, Mayer Amschel Rothschild (1744–1812) hatte in seinem Testament ein strenges Reglement für die Führung des Unternehmens festgelegt und dort unter anderem verfügt, „dass meine Töchter und Töchtermänner und deren Erben an der Firma Meyer Amschel Rothschild und Söhne […] keinen Anteil haben“.
Belege
Weiterführende Informationen
  • HeBIS Johannes Wachten (Red.)/Helga Krohn (Texte), Mayer Amschel Rothschild & Söhne: Texte und Abbildungen zur gleichnamigen Abteilung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, [2001]
Hebis-Schlagwort
Bankhaus Mayer Amschel von Rothschild & Söhne ; Geschichte 1744-2001 ; Frankfurt ; Rothschild ; Familie / Rothschild
Empfohlene Zitierweise
„Bankhaus Rothschild & Söhne an die Berliner Disconto-Gesellschaft, 1. August 1901“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/268> (Stand: 26.11.2022)
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