Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Landtagswahlen in Hessen, 7. Februar 1999

Bei den Wahlen zum 15. Hessischen Landtag erzielt die CDU mit einem Ergebnis von 43,4 % der abgegebenen Wählerstimmen einen deutlichen Zugewinn gegenüber ihrem Resultat bei der vorangegangenen Landtagswahl (am 19. Februar 1995) und kann den damals erzielten knappen Vorsprung gegenüber der SPD ausbauen. Die SPD selbst verzeichnet mit einem Gesamtergebnis von 39,4 % zwar ebenfalls einen (geringen) Zugewinn gegenüber der Wahl von 1995, jedoch verlieren DIE GRÜNEN in erheblichem Umfang an Zuspruch der Wähler und erhalten ein gegenüber der Wahl von 1995 um vier Prozentpunkte verringertes Ergebnis von 7,2 %. Die FDP muss ebenfalls Verluste hinnehmen – ihr gelingt mit einem Stimmenanteil von 5,1 % nur knapp der Sprung ins Landesparlament. Die amtierende rot-grüne Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Hans Eichel (geb. 1941) wird durch ein Bündnis aus CDU und FDP abgelöst, neuer Ministerpräsident des Landes Hessen wird der CDU-Spitzenkandidat Roland Koch (geb. 1958).
Der diesjährigen Landtagswahl ging eine hitzige Debatte um die von der CDU im Wahlkampf durchgeführte Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts „Ja zur Integration, Nein zur doppelten Staatsangehörigkeit“ voraus, mit der die Bürger aufgefordert wurden, einerseits für verstärkte Bemühungen zur Integration von ausländischen Mitbürgern, aber andererseits auch gegen die von der regierenden rot-grünen Bundesregierung angestrebte Änderung des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts (Erleichterung der Einbürgerung unter Akzeptanz von Mehrstaatigkeit, speziell die Ergänzung des Abstammungsrechts unter Hinnahme der Doppelten Staatsangehörigkeit) zu stimmen. Die Kampagne, vom CDU-Bundesvorsitzenden Wolfgang Schäuble (1942–2023) und dem bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber (geb. 1941) initiiert, sorgte in zahlreichen Städten für teils gewalttätige Proteste.
Kein bundes- sondern ein originär landespolitisches Thema des Wahlkampfs war daneben der Unterrichtsausfall an hessischen Schulen. Koch versprach für den Fall eines Regierungswechsels die Einstellung von 3.000 neuen Lehrern und eine durch das Land gewährleistete Unterrichtsgarantie.
Einsprüche gegen die Wahl werden vom Wahlprüfungsgericht beim Hessischen Landtag mit Urteil vom 1. Juli 1999 abgewiesen, doch nimmt das Wahlprüfungsgericht im Frühjahr 2000 das damit eigentlich abgeschlossene Wahlprüfungsverfahren wieder auf, da die CDU aus nicht deklarierten Parteispendengeldern Teile des Wahlkampfes finanziert hatte (hessische „CDU-Spendenaffäre“, in die besonders der ehemalige hessische CDU-Vorsitzende und frühere Bundesinnenminister Manfred Kanther (geb. 1939) verwickelt war).

Wahlanalyse1

Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung bleibt mit 66,4 % im Vergleich zur letzten Wahl nahezu konstant. Den Höchstwert erzielt wie gewohnt der Wahlkreis 7/Schwalm-Eder I mit 73,3 %; den geringsten Wähleranteil hat dagegen der Wahlkreis 41/Main-Kinzig II mit 58,9 % aufzuweisen.

In den Großstädten kommt es ausnahmslos zu unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligungen: In Wiesbaden sind es immerhin 64,5 %, in Offenbach gehen hingegen nur 60,5 % der Wahlberechtigten zur Urne. Auf Gemeindeebene erzielt Weißenborn (Werra-Meißner-Kreis) mit 86,2 % den Spitzenwert, während Selters (Taunus) (Landkreis Limburg-Weilburg) mit 55,2 % das Schlusslicht bildet.

Wahlergebnis der CDU

Die Christdemokraten verlieren im Vergleich zur letzten drei Wahlkreise an die Sozialdemokraten,2 können diesen aber im Gegenzug sieben Wahlkreise abnehmen,3 sodass sie nun in 34 der 55 Wahlkreise ein Direktmandat gewinnen. Das beste Ergebnis eines CDU-Bewerbers erzielt Walter Arnold im Wahlkreis 14/Fulda II mit 62,1 %. Den niedrigsten Wert fährt Mark Weinmeister, ihr Kandidat im Wahlkreis 7/Schwalm-Eder-Kreis, mit 32,2 % ein. In diesen beiden Wahlkreisen erreichen sie auch ihr höchstes und ihr niedrigstes Zweitstimmenergebnis mit 60,4 bzw. 31,6 %.

Ihr bestes Großstadtergebnis können sie in Wiesbaden verbuchen, wo ihnen 44,3 % der Wähler ihre Stimme geben; in der früheren SPD-Hochburg Kassel erhalten sie immerhin 36,5 %. In den Kommunen bekommen sie ihre höchsten Stimmanteile wie gewohnt in Poppenhausen (Wasserkuppe) (Landkreis Fulda) und dem Antrifttal (Vogelsbergkreis) mit 71,6 % bzw. 71,1 %, während sie in Söhrewald und Nieste mit 20,9 % bzw. 21,5 % ihre schlechtesten Werte verbuchen müssen

Wahlergebnis der SPD

Die Sozialdemokraten gewinnen drei Wahlkreise hinzu, verlieren aber gleichzeitig sieben andere, weshalb der Partei unterm Strich nur noch 21 gewonnene Direktmandate bleiben. Das beste Ergebnis eines Wahlkreisbewerbers erzielt Manfred Schaub im Wahlkreis 2/Kassel-Land II mit 56,9 %, während Ilse Stiewitt im Wahlkreis 15/Fulda II mit 28,6 % den geringsten Stimmanteil erhält. Bei den Zweitstimmen schneidet die Partei im Wahlkreis 7/Schwalm-Eder I mit 54,7 % am besten ab, während sie im Wahlkreis 14/Fulda I nur auf 27,0 % kommt und damit ihr schlechtestes Wahlkreisergebnis bei dieser Wahl erzielt.

In den hessischen Großstädten erreicht sie in Kassel mit 44,1 % ihre Bestmarke bei dieser Wahl, in Frankfurt erhält sie hingegen nur 33,4 % der abgegebenen Stimmen. In den Gemeinden sind ihre Hochburgen erneut die im Landkreis Kassel gelegenen Kommunen Söhrewald (67,3 %) und Nieste (65,8 %); die niedrigsten Stimmanteile erzielen sie dagegen in den fuldischen Gemeinden Poppenhausen (Wasserkuppe) (16,6 %) und Hofbieber (19,7 %).

Wahlergebnis der GRÜNEN

Die Grünen können erwartungsgemäß auch bei dieser Wahl keinen Wahlkreis gewinnen; am besten schneidet noch ihr Kandidat im Wahlkreis 38/Frankfurt am Main V mit 18,3 % ab. Dort holen sie mit 22,9 % auch ihren Höchstwert bei den Zweitstimmen. Die wenigste Zustimmung erfährt die Partei im als CDU-Hochburg bekannten Wahlkreis 15, wo auf sie lediglich 3,3 % der Stimmen entfallen.

Wie schon bei vorausgegangen Wahlen sind die Grünen eine Partei der Städte, so erringt sie in allen fünf hessischen Großstädten Werte weit über ihrem Landesergebnis. In Darmstadt ist es mit 14,4 % sogar doppelt so viel. Auf kommunaler Ebene erzielen sie mit 22,1 % und 17,5 % ihre Bestwerte in den Stadtgemeinden Kelsterbach und Marburg.

Wahlergebnis der FDP

Die Freien Demokraten konnten auch bei dieser Wahl kein Direktmandat erringen. Ihr bester Bewerber erzielte im Wahlkreis 24/Hochtaunuskreis II nur magere 6,5 %. Bei den Zweitstimmen erzielen sie in diesem Wahlkreis immerhin 9,7 %. Den geringsten Zweitstimmenanteil müssen sie hingegen mit 3,3 % im Wahlkreis 11/Hersfeld hinnehmen.

In den Großstädten erreichen sie ihre Bestmarke mit 6,0 % im Darmstadt. Ihr bestes kommunales Ergebnis fahren sie in Königstein im Taunus (Hochtaunuskreis) ein, wo ihnen 13,9 % der Wähler ihre Stimme gaben; in der Gemeinde Hesseneck (Odenwaldkreis) wares es dagegen nur sechs von 460 Wählern, was einem Anteil von mageren 1,3 % entspricht.

Gewählte Abgeordnete

CDU

SPD

GRÜNE

FDP

Denzin, Michael (1944–2017; Dipl.-Volkswirt; Geisenheim; Landesliste, Platz 5)
Hahn, Jörg-Uwe (geb. 1956; Rechtsanwalt; Bad Vilbel; Landesliste, Platz 3)
Heidel, Heinrich (geb. 1952; Landwirt; Vöhl; Landesliste, Platz 6)
Henzler, Dorothea (geb. 1948; Hausfrau; Oberursel (Taunus); Landesliste, Platz 4)
Posch, Dieter (geb. 1944; Rechtsanwalt; Melsungen; Landesliste, Platz 2)4
Wagner, Ruth (geb. 1940; Studiendirektorin a.D.; Darmstadt; Landesliste, Platz 1)5
(TK)


  1. Erarbeitet auf Grundlage von Informationen des Hessischen Statistischen Landesamtes.
  2. Die Wahlkreise 3/Kassel-Stadt I, 38/Frankfurt am Main V und 40/Main-Kinzig I.
  3. Die Wahlkreise 16/Lahn-Dill I, 17/Lahn-Dill II, 18 Gießen I, 19/Gießen II, 26/Wetterau II, 28/Rheingau-Taunus II und 52/Darmstadt-Dieburg II.
  4. Posch legte sein Mandat am 7. April 1999 nach der Ernennung zum Hessischen Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung nieder. Für ihn rückte am folgenden Tag Nicola Beer (geb. 1970; Rechtsreferendarin; Frankfurt am Main; Landesliste, Platz 8) nach.
  5. Wagner legte ihr Mandat am 8. April 1999 nach der Ernennung zur Hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst nieder. Für sie rückte am selben Tag Roland von Hunnius (geb. 1945; Dipl.-Volkswirt; Rimbach; Landesliste, Platz 7) nach.
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
406330 ,Landtagswahl
Hebis-Schlagwort
Hessen
Empfohlene Zitierweise
„Landtagswahlen in Hessen, 7. Februar 1999“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2247> (Stand: 27.12.2023)
Ereignisse im Januar 1999 | Februar 1999 | März 1999
Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28