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Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Gerlind, 11.4.846, Hersfeld

Bad Hersfeld · Gem. Bad Hersfeld · Landkreis Hersfeld-Rotenburg | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Bad Hersfeld

Merkmale

Datierung:

11.4.846

Typ:

Grabinschrift

Erhaltung:

verloren

Beschreibung

Beschreibung:

Grabinschrift der Gerlind. Der Standort sowie der Verbleib des Steins sind unbekannt. Ein elegisches Distichon. Die Angabe der Jahreszahl und der Indiktion ist in Inschriften des 9. Jahrhunderts ungewöhnlich.1) In einzelnen Fällen kommt sie jedoch vor, etwa im Epitaph Karls des Großen († 814), das Einhard überliefert,2) oder im Epitaph für den 876 verstorbenen Gishwalus, dessen Epitaph sich in der Kirche von Bazouges befindet.3) Jahresangaben nach der Inkarnation ohne Indiktion sind im 9. Jahrhundert ebenfalls vereinzelt vorhanden.4) Auch die Wendung dic miserere Deus läßt sich seit dem Ende des 8. Jahrhunderts nachweisen. So heißt es in dem von Alcuin im Auftrag Karls des Großen für Papst Hadrian I. († 795) verfaßten Epitaph: Quisque legas versus devoto pectore supplex / Amborum mitis dic miserere Deus.5) Im Epitaph für den schon genannten Gishwalus lautet die Formel Dicito quaeso Gishvvali famuli rex miserere Deus, und im Epitaph für den 885 verstorbenen Bischof Theothran von Moûtiers lautet die Bitte schließlich qui legis dic miserere Deus.6) Angesichts der, wenn auch spärlichen, Parallelen in anderen Inschriften kann weder am Wortlaut noch an der Datierung der Inschrift gezweifelt werden.


  1. Vgl. Glaser/Bornschlegel, Datierungen 527 mit Anm. 11.
  2. Einhard, Vita Karoli 31 (Holder-Egger 35f.): „Anno domini DCCCXIIII indictione VII.“
  3. Favreau, Épigraphie médiévale 97; Treffort, Mémoires carolingiennes 201, Abb. III. 66: Anno incarnacionis domini DCCC LXX VI indiccioni VIIII.
  4. ) Vgl. das Epitaph der 830 verstorbenen Adelberga aus Tours, vgl. Neumüllers-Klauser, Westwerktafel 130f. mit Abb. 100 und Koch, Inschriftenpaläographie 109, Abb. 88; die Grabplatte des 835 verstorbenen Abtes Ato, vgl. CIFM 24, Nr. 95; die Grabplatte des 862 verstorbenen Kölner Chorbischofs Hildebert, vgl. Kunstdenkmäler der Stadt Köln 78 Abb. 59 und 78 mit der irrtümlichen Angabe 762, vgl. auch Nisters-Weisbecker, Grabsteine Nr. 113; das Epitaph des 892 verstorbenen Subdiakons Arnulf aus Die, vgl. CIFM 16, 127, Nr. 24 mit Abb. 86. Im westfränkischen Zentralraum gibt es sechs Belege für die Verwendung der Inkarnationszählung in Inschriften vor dem Jahr 1000, vgl. CIFM 24, Nrr. 74, 80, 83, 86, 90, 95.
  5. Scholz, Epitaphium Hadriani 380f. mit Anm. 23.
  6. CIFM 17, 140–145, Nr. 4 mit Abb. 114; vgl. auch die Zusammenstellung der Formeln bei Treffort, Mémoires carolingiennes 288.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

Stand:

Bürger

Inschrift

Umschrift:

O(BIIT)a) anno dominicae incarnationis d ccc xlvi indictione ix iii idus aprilis.


  1. Versales O mit waagrechtem Kürzungsstrich, bei Schmincke der Strich zur Verdeutlichung überlängt. Ist schon der Ausdruck OBIIT vor der Grabplattenzeit weniger häufig, so befremdet vor allem die Kürzung, die sich wohl erst im 11. Jh. durchzusetzen beginnt – so das Ergebnis einer kursorischen Durchsicht einschlägig früher Bestände, darunter die jüngsten Bände von CIFM mit karolingischem Material. Die bei Brouwer übermittelte Kürzung ist also nur nachempfunden, die Inschrift somit kein Beleg für ihre frühe Verwendung.

Übersetzung:

Hier ist die Tochter des Wiggo, die Jungfrau Gerlind, begraben. Ich bitte dich, Leser, sprich: Gott, erbarme dich ihrer. Sie starb im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 846, in der neunten Indiktion, am dritten Tag vor den Iden des April (11. April).

Nachweise

Literatur:

  • Brouwer, Chr., Fuldensium antiquitatum libri IV, Antwerpen 1612, S. 153.
  • Schmincke, J. H., Antiquitates Hersfeldenses (HStA Marburg, H 166), 7

Bearbeitung:

Die Inschriften des Landkreises Hersfeld-Rotenburg. Gesammelt und bearb. von Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 91). 2015, Nr. 2.

Zitierweise
„Gerlind, 11.4.846, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2235> (Stand: 20.3.2023)