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Parteitag der hessischen FDP in Darmstadt, 11. Februar 1962

Auf dem Parteitag der hessischen FDP wird der Frankenberger Landrat Heinrich Kohl (1912–1984) zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er wird vor allem von FDP-Mitgliedern und Kommunalpolitikern aus Nordhessen unterstützt, während sein Gegenkandidat, Bundesvertriebenenminister Wolfgang Mischnick (1921–2002), den stärker die südhessischen Delegierten favorisieren, mit 161 zu 176 Stimmen unterliegt. Bis zuletzt bleibt der Ausgang der Kampfabstimmung unsicher. Stellvertretende Landesvorsitzende werden der Bundestagsabgeordnete Knut Freiherr von Kühlmann-Stumm (1916–1977) und der Wiesbadener Stadtrat Walter Hammersen (1911–1990). Die Wahl des Landesvorsitzenden ist nach längerer Vakanz notwendig geworden, nachdem der bisherige Landesvorsitzende Oswald Kohut (1901–1977) schon vor Jahresfrist angekündigt hatte, nicht mehr anzutreten und vorzeitig seinen Platz aus Protest gegen die Bonner CDU/FDP-Koalition frei gemacht hatte.

Der neue FDP-Landesvorsitzende kündigt an, die Partei werden im Wahlkampf der für den 11. November angesetzten Landtagswahl nach beiden Seiten führen.1 Man suche, so lässt er erkennen, eine Koalition mit der CDU, würde aber auch ein Bündnis mit der SPD nicht ausschließen. Der unterlegene Kandidat Mischnick rechtfertigt vor dem Parteitag die Koalition der FDP mit der CDU auf Bundesebene, da die FDP-Wähler sehr viel mehr Erststimmen der CDU als der SPD gegeben hätten. Er fordert, in Hessen die Möglichkeit der Briefwahl einzuführen, wogegen sich vor allem SPD und GDP wehrten. Ergebnis seiner Analyse des letzten Bundestagswahlergebnisses ist, „daß sich der Kampf der FDP gegen die ehemalige Flüchtlingspartei lohne; er ließ erkennen, daß die FDP jetzt der GDP den Garaus machen könne. Die FDP hofft, der GDP den Anteil der Deutschen Partei abjagen zu können.“

Der FDP-Bundesvorsitzende Erich Mende (1916–1998) stellt klar, dass seine Partei in Hessen gegen die SPD den Grundsatz der Partnerschaft in der Regierung durchsetzen wolle. Man werde sich jedoch in der Koalitionsaussage nicht festlegen, sondern dies zu rechter Zeit tun. Er greift vor allem den Deutschen Gewerkschaftsbund scharf an. Die Streikdrohung der IG Metall mache deutlich, „daß anscheinend der Ehrgeiz der Funktionäre größer sei als die soziale Notwendigkeit ihrer Forderungen.“ Er bezeichnet den Deutschen Gewerkschaftsbund mit seiner Einkünften und der Kontrolle über die Konsumgenossenschaften, die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften und die Bank für Gemeinwirtschaft als einen großen Kapitalisten des Staatssozialismus. Man müsse sich dagegen wenden, daß ein Verband sich anmaße, Staat im Staat zu sein.
(OV)


  1. Bei der Landtagswahl am 11. November 1962 erreicht die FDP 11,4 % der Stimmen.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Parteitag der hessischen FDP in Darmstadt, 11. Februar 1962“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/3717> (Stand: 27.11.2022)
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