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Staatssicherheit leitet Aktion gegen den Propagandaballons aus Philippsthal ein, 14. August 1958

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR leitet „Maßnahmen zur Liquidierung“ einer Basis zum Abschuss von Propaganda-Material tragenden Ballons in der osthessischen Grenzgemeinde Philippsthal ein. Mit einer unter der Bezeichnung „Aktion Flaschentod“ durchgeführten Nacht-und-Nebel-Aktion gelingt es kurze Zeit später einem Rollkommando der Staatssicherheit, die auf dem Startplatz lagernden Wasserstoffflaschen zur Befüllung der Ballons zu sabotieren. Lagepläne der Basis in Philippsthal, die die Voraussetzung für eine erfolgversprechende Aktion gegen die Ballonstarts bilden, hat das Ministerium für Staatssicherheit durch den Leiter der Abschussstation, den Philippsthaler SPD-Ortsvorsitzenden Alfred Meyer erhalten. Meyer wurde vom Ost-Büro der SPD aufgefordert, die Organisation der Ballonstarts in dem kleinen Grenzort zu übernehmen. Zugleich arbeitet er aber unter dem Decknamen „GM (= Geheimer Mitarbeiter) Knüll“ für die Staatssicherheit. Hintergrund der Geheimoperation der DDR-Staatssicherheit sind Flugblattaktionen, die das Ost-Büro der SPD seit 1951 regelmäßig mithilfe wasserstoffgefüllter Luft- und Wetterballons sowohl von einigen kleinen Ortschaften im Zonenrandgebiet als auch von Berlin aus durchführt, um Informationen in die DDR einzuschleusen. Später, von 1959 bis Anfang der 70er Jahre, betreibt eine eigens zu diesem Zweck geschaffene Abteilung „Psychologische Kriegsführung“ (PSK) der Bundeswehr solche Ballonpropaganda in Andernach und Clausthal-Zellerfeld.1

In einem geheimen Bericht über die „Aktion Flaschentod“ vermerkt die Staatssicherheit: „In Zusammenarbeit mit der Abteilung K wurde vom VEB Leunawerk ‚Walter Ulbricht‘ kalthärtender und lösungsfreier Kunstharz (Epoxydharz) mit dem dazu notwendigen Härter beschafft.“ Weiterhin führt der Bericht aus, das die Staatssicherheit die Aktion gleich in dreifacher Hinsicht als einen großen Erfolg zu bewerte: zum einen seien die Wasserstoffflaschen unbrauchbar gemacht worden. Zum anderen habe man mit der Operation das Verhältnis des Büros der SPD-Ost zur amerikanischen Besatzungsmacht in Westdeutschland gestört, welche die Ballonaktionen finanzierte. Schließlich habe man es außerdem geschafft, auch die Zusammenarbeit der SPD-Ost mit den Elektrochemischen Werken Ottensoos bei Nürnberg zu beeinflussen, die als Gaslieferanten fungierten.
(KU)


  1. Informationen zu diesen Geheimoperationen gelangen erstmals am 13. März 1965 durch einen Bericht der Hessenschau an die Öffentlichkeit.
Belege
  • Dirk Schindelbeck: Flugblattschlachten an der Zonengrenze. Propaganda als politisches Mittel im innerdeutschen Konflikt, in: Forum Schulstiftung 49, Zeitschrift für die katholischen Freien Schulen der Erzdiözese Freiburg, Dezember 2008, S. 94-116.
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Staatssicherheit leitet Aktion gegen den Propagandaballons aus Philippsthal ein, 14. August 1958“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5017> (Stand: 14.8.2022)
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