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Georg-Büchner-Preis an Thomas Bernhard, 17. Oktober 1970

Der Schriftsteller Thomas Bernhard (1931–1989) erhält im Rahmen der Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt den Georg-Büchner-Preis, der jährlich an Schriftsteller*innen verliehen wird, die „in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervor­treten und die an der Gestaltung des gegen­wärtigen deutschen Kultur­lebens wesentlichen Anteil haben.“1

Bernhard lebt in Österreich und arbeitet dort als freier Schriftsteller, zu seinem Hauptwerk zählen die autobiografischen Werke „Die Ursache“, „Der Keller“, „Der Atem“, „Die Kälte“ und „Ein Kind“. Neben seiner Tätigkeit als freier Autor schrieb er in den fünfziger Jahren für die sozialistische Zeitung „Demokratisches Volksblatt“.

Anders als bei der Preisverleihung im vorigen Jahr, die Helmut Heißenbüttel auszeichnete, und eine heftige Kontoverse auslöste, nachdem Student*innen und Schüler*innen die Veranstaltung gestört hatten, läuft der Festakt in diesem Jahr konfliktfrei und friedlich ab. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet: „An dem diesjährigen Preisträger Thomas Bernhard entzündete sich kein Streit. Nicht, weil dergleichen öffentliche Veranstaltungen nach den Erregungen der vergangenen Jahre nun generell wieder in altgewohnte Bahnen zurückgekehrt wären und reibungslos und unangefochten vonstatten gingen. Mit der Zuerkennung des Büchnerpreises an Thomas Bernhard wurde ein Schriftsteller und sein Werk deutlicher in das Licht der Öffentlichkeit gerückt, dessen abweisende Strenge leichtfertige Kritik gar nicht erst aufkommen läßt und das so viel tiefe Unruhe birgt, daß jede Aufregung im Zusammenhang mit seiner Person oder der Preisverleihung als oberflächliches Wellengekräusel erscheinen müßte.2 Auch werden von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Bemühen angestellt, der Veranstaltung ihre übertriebene Feierlichkeit und Zeremonialität zu nehmen, nachdem dem Büchner-Preis in den vergangenen Jahren durch Kontroversen um Günter Grass, den Preisträger aus dem Jahr 1965, und genannten Tumulten im vergangenen Jahr als „umstrittener Literaturpreis“ in Verruf geraten ist.3

Der Georg-Büchner-Preis wurde 1923 von der Hessischen Regierung ins Leben gerufen, und zeichnete hessische Dichter*innen, Künstler*innen, Schauspieler*innen und Sänger*innen aus.4 1951 wurde er durch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zum Literaturpreis umfunktioniert, wird jährlich verliehen und zählt zu den bedeutendsten Literaturpreisen in Deutschland.5
(NT)


  1. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis.
  2. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.10.1970, S. 22: Der Umfang der Literatur.
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.10.1970, S. 22: Der Umfang der Literatur.
  4. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis.
  5. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.10.1970, S. 22: Der Umfang der Literatur.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Georg-Büchner-Preis an Thomas Bernhard, 17. Oktober 1970“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5539> (Stand: 17.10.2022)
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