Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915

Abschnitt 6: 15.2.1915: Brief der Mutter an Joseph Preis

Roßdorf, den 15ten Februar 1915
Mein lieber Josef!

Dienstag, den 9ten Februar bekam ich deine Karte mit der Adresse. Ich war den Tag in Kirchhain u. bezahlte allerorts u. fragte auch bei Seiberts, ob der Karl noch nicht geschrieben hätte, da hatten die denselben morgen eine kriegt u. seine Mutter packte auch da schon ein Paketchen ein, das Nachmittags um 3 Uhr [zur Post ging?] Wie ich nun mit der Post nach Haus kam, war auch eine Karte von dir da, mit der Adresse, wir packten gleich zwei Kästchen ein, eins mit Butter u. eins mit Wurst, Schokolat und 10 Mark, banden die zwei Kästchen [S. 2] zusammen u. ich schrieb noch einen Brief; das trug die Regina am anderen morgen um ½ 7 Uhr auf die Post. Mittag den 10ten Februar des Abends packten wir wieder [eins] ein, das ging Donnerstag morgen, den 12ten Februar mit; da war Wurst, Cikarren, Schokolat u. Zucker drinn; Freitag morgen, den 13.2. ging eins mit, da war Wurst, Briefpapier, ein Brief, 6 Karten mit Deinem Bild u. eins, wo wir zusammen drauf waren. Sonntag den 15. 2. ging eins mit Butter, Montag 15. 2. eins mit Wurst u. Lebkuchen u. Mittwoch morgen schicke ich Dir die letzte alte Wurst. Mitwoch u. Donnerstag schlachten wir, dann schicke ich Dir nachher jeden Tag.

Mein lieber Josef, wenn Du erst das erste bekommen hast, nachher gibt's keine Unterbrechung, denn ich schicke ja doch jeden Tag. Ich bin mit dem Datum irr geworden. Also Montag morgen, den 15. 2. habe ich das sechste Päckchen fortgeschickt. Das ich den 17ten fortschicke werde ich 2 M. einlegen. Wenn erst mal ein Anfang da ist, dann wirst Du schon bekommen, Briefe u. auch sonst.

Mein lieber Josef! Wo sind denn Deine Kameraden, weil Du schreibst, wärst fast allein. Wie Du fortmusstest, verließen [S. 4] dich deine Kameraden schon, die waren aber recht treulos. Der Bast1 ist jetzt zu Haus. Mein lieber Josef. Einer ist treu, der verlässt dich nicht, wenn wir Ihm nur recht vertrauen, er wird schon Wege finden u. dich, mein geliebtes Kind, wieder in meine Arme führen. Vergiß nur das Gebet nicht u. den Empfang der hl. Sakramente, wenn es dir möglich ist; werde nur nicht lau.

Ich rufe Tag u. Nacht zum lieben Gott u. zu der Mutter Gottes, damit sie dich beschützen sollen. Bete viel für die armen Seelen, denn die lassen nichts unbelohnt. Sei herzlich gegrüßt von deiner dich innigliebenden Mutter.

[Randbemerkungen oben]: Hat denn der Karl schon was bekommen; vielleicht dauerts auch so lang, weil Eure Adresse anders ist. Ich habe Dir schon 2 mal den Boten2 geschickt.


  1. Sebastian.
  2. Gemeint ist der Bonifatiusbote, Katholische Sonntagsblatt, herausgegeben von einem Priester der Diözese Fulda.

Personen: Preis, Joseph · Preis, Anna · Seibert, Karl
Orte: Kirchhain · Roßdorf
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe · Feldpostkarten · Post · Butter · Wurst · Schokolade · Zigarren · Zucker · Briefpapier · Fotografien · Lebkuchen · Bonifatiusbote
Empfohlene Zitierweise: „Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915, Abschnitt 2: 15.2.1915: Brief der Mutter an Joseph Preis“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/74-6> (aufgerufen am 24.04.2024)