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Grabdenkmäler

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Johann von Linden und Guda geb. von Bellersheim genannt Groppe 1394, Arnsburg

Arnsburg · Gem. Lich · Landkreis Gießen | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Arnsburg

Gebäude / Areal:

Arnsburg, Zisterzienserkloster

Heutiger Aufbewahrungsort:

Seit 1985 im nördlichen Seitenschiff, davor und auch ursprünglich an der Westseite der ehemaligen Allerheiligenkapelle.

Merkmale

Datierung:

21. September 1394

Typ:

unbestimmt

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

155 x 270 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

15-20 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Der Stein des mit der Allerheiligenkapelle verbundenen Stifterehepaares Johann von Linden und Guda von Bellersheim, zeigt gut Verwendung und Wirkung von Architekturschmuck am Beispiel des Doppelgrabmals. Aus den seitlichen Umrahmungen werden zur Umgrenzung der jeweils schmalen und hohen Figurenfelder zwei gestelzte Eselsbögen ausgearbeitet, die mit dem einbezogenen Maßwerk die Kopfpartien der frontal wiedergegebenen Figuren hervorheben. Sie enden auf einer Konsole in Schulterhöhe der Figuren, genau in der Mitte des Steines. Hohe Fialen und Kreuzblumen bilden den Übergang zu dem oberen Plattenteil, dessen Abschluss fehlt. Eine zu ergänzende Maßwerkbekrönung würde diesem Teil des Steines - ähnlich dem des Johann von Falkenstein, ebenfalls in Arnsburg - noch mehr Gewicht verleihen. Vier schräg zueinander angeordnete Wappenschilde in relativ flachem Relief haben ihren Platz in dieser Umrahmung.

Johann von Linden trägt einen Harnisch und knielangen Rock. Seine Rechte hielt das heute zerstörte Schwert, der Turnierhelm in der Linken wird seitlich des Körpers gehalten und von dem Arm in räumlicher Schichtung hinterfangen. Er überspielt nur leicht die von der Konsole angegebene Unterteilung des Steines in zwei leichte Hälften. Guda von Bellersheim wird betend wiedergegeben, so dass ihre Gestalt zusammen mit Gewandverlauf und Konturbildung nahezu symmetrisch erscheint und sich einfügt in den zugewiesenen Platz. Sie trägt eine Rüschenhaube und hält ihr weites Obergewand mit den Unterarmen am Körper hochgerafft fest, wodurch ein reiches, geschwungenes Saumspiel entwickelt wird. Beide Personen stehen auf sich beißenden Tieren, ein im Bereich der Grabmalkunst seltenes Motiv. Zusammen mit den schräg gestellten seitlichen Wappenschilden, die sich hier in räumlicher Schicht über der Architekturauflage befinden, bewirkt die stärker plastische Ausarbeitung dieser Partie eine Art von Sockelbildung, welche dem wohl für eine Wandaufstellung konzipierten Stein Rechnung trägt.

Minuskelinschrift auf den abgeschrägten seitlichen Rändern.

Der untere Steinblock mit der Wiedergabe von zwei Tieren ist aus anderem Material und wohl nicht zugehörig.

Zustand (2006): Verwitterungsschäden, oberer Rand abgestoßen, das Gesicht der Frau und die linke Hand des Mannes zerstört.

Hefner-Alteneck gibt in einer Zeichnung den Zustand um 1841 wieder und notiert dazu:

"Vorliegender Grabstein stand, als wir ihn zeichneten, unter freiem Himmel, da diese Seitenkapelle fast ganz niedergerissen, und diente der Jugend als Zielscheibe für ihre Werfkunst. Da er schon sehr verstümmelt war, mußten die Nasen und andere vorspringende Theile in unserer Abbildung ergänzt werden. Die Farben und die Vergoldung waren auf merkwürdige Weise noch erhalten. Der Ritter trägt ein rothes Unterkleid, welches oben am Halse und unten am Saume sichtbar ist, darüber ein blaues Kleid mit langen Hängärmeln, dessen Nähte damenbretartig geziert sind, darauf die damals schon aufgekommene Brustplatte von Eisen mit Kettenschurz, dazu einen stehenden Kettenkragen und Eisenhandschuhe, jedoch noch ohne Gelenke an der Handwurzel. Die Füße sind, wie damals häufig, mit Eisenschuppen belegt. Eigenthümlich ist die in Mitte der Brust, mittelst einer Schleife befestigte goldene Kette und die Beinbekleidung von braunem Leder, welche auf beiden Seiten in einem Ausschnitte eine Unterlage von Eisen sehen läßt. Das Kleid der Frau hat bis auf die Finger gehende Aermel; auf der weißen, damals gewöhnlichen Umhüllung des Kopfes trägt sie dachartig ein rothes Tuch (...)".

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en) · Ehepaar · männliche Person(en)

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

In dem relativ hohen oberen Abschlussteil je zwei schräg zueinander angeordnete Wappenschilde. Zum Mann gehören die beiden linken, nämlich von Linden (drei mit den Stielen verbundene, in Dreipaß gestellte Lindenblätter mit Beizeichen Krone darüber) und von Göns (zwei gekreuzte Schwerter). Zur Frau gehören von Bellersheim genannt Groppe (Steigbügel mit Beizeichen Henkelgefäß = "Groppe") und von Schwalbach (drei schräg aneinander gereihte Ringe).

Die Wappen von Linden und von Bellersheim sind nochmals über den unteren Ecken des Denkmals wiedergegeben.

In der Zeichnung bei Hefner-Alteneck (um 1841) sind die Wappen folgendermaßen dargestellt: von Linden = silberne Lindenblätter und goldene Krone auf rotem Grund, von Göns = silberne Schwertklingen mit schwarz-goldenen Griffen auf rotem Grund, von Bellersheim genannt Groppe = silberner Steigbügel mit goldenen Schnallen und goldenem "Groppen" auf rotem Grund, von Schwalbach = silberne Ringe auf rotem Grund. Der Helm in der Linken des Johann von Linden zeigte als Zier zwei rote Hörner, belegt mit je vier silbernen Lindenblättern.

Dargestellte Personen:

Johann von Linden und seine Frau Guda geborene von Bellersheim genannt Groppe. Das Denkmal wurde durch die Eheleute zu Lebzeiten am 21. September 1394 (XI. Kal. Octobr.) in der von ihnen gestifteten Kapelle errichtet.

Inschrift

Umschrift:

Illud · sarkofagu(m) · est · Joh(ann)is · de · linden · militis · et · Gude · uxoris · eius · legitime · d(e) · beld(ir)shey(m) /

fu(n)datoru(m) · hui(us) · altaris · et · capelle · co(n)secratoru(m) · a(n)no · d(omi)ni · m° · ccc° · xciiii° · xi° · k(a)l(e)ndas · octobris ·

Übersetzung:

Dieser Sarkophag ist der des Ritters Johann von Linden und der Guda von Bellersheim, seiner rechtmäßigen Ehefrau, der Gründer dieses Altares und Stifter der Kapelle. Im Jahr des Herrn 1394, an den 11. Kalenden des Oktober (= 21. September 1394).

Schrift:

Gotische Minuskel

Nachweise

Literatur:

  • Solms-Laubach, E. O. Graf zu: Kloster Arnsburg in der Wetterau, hrsg. vom Freundeskreis des Klosters, o.J., S. 112
  • Schaum-Benedum, Christa: Die figürlichen Grabsteine des 14. und 15. Jahrhunderts in Hessen, 1969, S. 51 ff. und S. 145 f
  • Gärtner, Otto: Kloster Arnsburg in der Wetterau, S. 42 ff.
  • Morkramer, Martin: Das Grabmal Linden-Bellersheim, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen NF 67 (1982), S. 143-149
  • Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von: Trachten des christlichen Mittelalters, 2. Abteilung, Mannheim 1841, S. 198-200 und Tafel 156
  • Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von: Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des Achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen, 2. vermehrte und verbesserte Auflage, Band 4, Frankfurt am Main 1883, S. 5-6 und Tafel 222
  • Walbe, Heinrich (Bearb.): Die Kunstdenkmäler im Freistaat Hessen – Provinz Oberhessen – Kreis Giessen, Band 2: Kloster Arnsburg mit Altenburg, Darmstadt 1919

Sachbegriffe:

Eselsbögen · Gebetshaltung · Rüstung · Tiere · Schilde · Wappen · Fialen · Kreuzblumen · Harnische · Röcke · Schwerter · Turnierhelme · Rüschenhauben · Ehepaare · Männer · Frauen · Adlige

Wappen:

Linden · Bellersheim genannt Groppe · Groppe von Bellersheim · Schwalbach · Göns

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Johann von Linden und Guda geb. von Bellersheim genannt Groppe 1394, Arnsburg“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/838> (Stand: 5.1.2017)