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Erste Sitzung des Interministeriellen Ausschusses (IMA) für Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften in Frankfurt-Höchst, 9. November 1949

In Frankfurt-Höchst trifft sich der Interministerielle Ausschuss (IMA) für Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften, das Entscheidungsgremium für die Vergabe von Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland zu seiner konstituierenden Sitzung. Der Ausschuss, der sich aus Vertretern der Bundesregierung (der Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen), Sachverständigen und dem Management der mit der Abwicklung bevollmächtigen Stellen zusammensetzt, wird ab nun in turnusmäßigen Abständen tagen, um Entscheidungen über die Gewährung von Ausfuhrbürgschaften zu fällen. Die mit dem heutigen Treffen erfolgte formelle Gründung des IMA, dessen Wurzeln bis in das Jahr 1946 zurückreichen, setzt mit der gezielten Ausfuhrförderung ein Gegengewicht zu den restriktiven Ausfuhrbestimmungen der alliierten Besatzungsmächte. Der Ausschuss bearbeitet und bewilligt unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und unter Beteiligung des Bundesministeriums der Finanzen Anträge für staatlich garantierte, private Lieferantenkredite für deutsche Ausfuhrwaren in solche Länder, in denen besondere Risiken für Exporteure bestehen. Eine weitere Aufgabe des Ausschusses ist die Vermittlung von Garantien für Lieferantenkredite an private Unternehmen im Ausland sowie die Vermittlung von Bürgschaften für Kredite an ausländische Regierungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts.1

Als wichtiger Mandatar der deutschen Bundesregierung, der durch das am 26. August 1949 verabschiedete Garantieermächtigungsgesetz mit der Bearbeitung der Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften betraut ist, fungiert die in Berlin ansässige Hermes Kreditversicherungs-AG2. Das Unternehmen, dessen Name Pate für die umgangssprachliche Bezeichnung „Hermesdeckungen“ oder „Hermesbürgschaften“ für die zugunsten deutscher Exporteure und Kreditinstitute vergebenen Bürgschaften steht, betreut darüber hinaus auch die Bundesgarantien zur Förderung der West-Berliner Wirtschaft. Die von der Bundesregierung als Instrument der Exportförderung gewährten Hermesbürgschaften schützen die am Außenhandel beteiligten deutschen Unternehmen vor einem aus wirtschaftlichen und politischen Gründen eintretenden Zahlungsausfall, insbesondere bei der Lieferung in schwierige und risikoreiche Auslandsmärkte. Damit erfüllen die „Hermesdeckungen“ eine Funktion zur wirtschaftlichen Absicherung von Außenhandelstransaktionen, die von privaten Versicherungsunternehmen insbesondere im Sinne einer Absicherung gegen „politische“ Risiken (zum Beispiel durch Forderungsausfälle oder den Verlust von Waren und Gütern verursachte Schäden, die aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen im Land der Handelspartner, kriegerischer Ereignisse oder Einschränkungen des internationalen Zahlungsverkehrs eintreten) in der Regel nicht übernommen werden.

Die Hermes Kreditversicherungs-Gesellschaft wurde im Oktober 1917 von der Münchener Rückversicherungsgesellschaft mit der Absicht gegründet, die bislang von deutschen Versicherungsunternehmen nur in unzureichendem Umfang und als getrennt voneinander existierenden Versicherungssparten angebotenen Dienstleistungsprodukte Warenkreditversicherung (Versicherung gegen das Ausfallrisiko von Forderungen aus Warenlieferungen sowie Werk- und Dienstleistungen), Kautionsversicherung (bei der sich das versichernde Unternehmen in Form von Bürgschaften oder Garantien gegenüber Dritten verpflichtet, deren Ansprüche aufgrund Zahlungs- und Leistungsausfällen des Versicherungsnehmers abzusichern) und Vertrauensschadenversicherung (Schutz vor Vermögensschäden, die den versicherten Unternehmen aus unerlaubten Handlungen von Betriebsangehörigen entstehen) zu bündeln und gewerblichen Kunden umfassenden Schutz im Falle von Zahlungsschwierigkeiten oder Zahlungsausfall anzubieten.

An den bis dahin ausschließlich von privaten Versicherungsunternehmen angebotenen Exportkreditversicherungen beteiligte sich der Staat erstmals 1926: im Rahmen eines Generalvertrages verständigte man sich mit der Hermes Kreditversicherungs-AG und der Frankfurter Allgemeinen Versicherungs-AG sowie deren privaten Rückversicherern darauf, dass die beiden beteiligten Unternehmen (ab 1929 nur noch der „Hermes“) für die Ausfuhrgeschäfte deutscher Exporteure mit privaten ausländischen Firmen als Erstversicherer Kreditversicherungspolicen zeichneten, während der Staat als Rückversicherer der übernommenen Risiken fungierte, und insbesondere die durch politische Umstände verursachten Risiken und das Katastrophenrisiko vollständig absicherte (100%ige Deckung) sowie sich darüber hinaus auch am wirtschaftlichen Risiko der angebotenen Außenhandels-Dienstleistung beteiligte. Zur Überwachung der Durchführung der Exportkreditversicherung wurde bereits zum damaligen Zeitpunkt eine „Große Kommission“ eingesetzt, die ehrenamtlich arbeitete und sich aus Vertretern des Reichswirtschafts- und Reichsfinanzministeriums, der beteiligten Versicherungsunternehmen und Sachverständigen aus Handel, Banken und Industrie zusammensetzte. Sie stellte den direkten Vorläufer des IMA dar.3
(KU)


  1. Bernhard Löffler: Soziale Marktwirtschaft und administrative Praxis: das Bundeswirtschaftsministerium unter Ludwig Erhard (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte; 162), Stuttgart 2002 (teilw. zugl.: Passau, Univ., Habil.-Schr., 2000), S. 339.
  2. Andere Institute, die als Geldgeber für die staatliche Exportkreditversicherung zur Verfügung stehen, sind die 1948 aus Mitteln des Europäischen Wiederaufbauprogrammes ins Leben gerufene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die seit 1925 bestehende Deutsche Revisions- und Treuhand AG, vgl. ebd., S. 339 f.
  3. Carsten Peter Claussen/Hans Schäffer/Hermann Josef Abs (Hrsg.), Neue Perspektiven aus Wirtschaft und Recht. Festschrift für Hans Schäffer zum 80. Geburtstag am 11.4.1966, Berlin 1966, S. 197-208, hier: S. 199 f.
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Schlagwort
Deutschland / Wirtschaftsministerium ; Deutschland, Bundesrepublik ; Soziale Marktwirtschaft ; Geschichte 1949-1963
Empfohlene Zitierweise
„Erste Sitzung des Interministeriellen Ausschusses (IMA) für Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften in Frankfurt-Höchst, 9. November 1949“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4980> (Stand: 9.11.2022)
Ereignisse im Oktober 1949 | November 1949 | Dezember 1949
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