Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Projekt zur Umsiedlung von Bibern (Castor fiber) aus der DDR abgeschlossen, 13. Oktober 1987

Mit der Auswilderung von drei Biberpaaren im Naturschutzgebiet (NSG) Westerngrund von Neuengronau und Breunings (NSG-Nr. 5723-303) findet ein deutsch-deutsches Kooperationsprojekt zur Wiederansiedlung von Bibern im Main-Kinzig-Kreis (Gemeinden Gutsbezirk Spessart, Steinau an der Straße, Sinntal) seinen vorläufigen Abschluss.

Die Initiative zur Wiederansiedlung des Bibers in Hessen geht auf das Engagement der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON) und besonders ihres ehemaligen ersten Vorsitzenden Willy Bauer (1930–1991) zurück. Der aus Frankfurt am Main stammende Naturschützer ist seit Beginn der 1970er Jahre die treibende Kraft hinter dem Projekt gewesen und hat die zur Verwirklichung des Vorhabens notwendigen Kontakte in die DDR, nach Polen und in andere europäische Länder geknüpft. Nach intensiver Vorarbeit ist es gelungen, die Landesbehörden für das Projekt zu gewinnen.

Kritik erntet allerdings das Hessische Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, das den Ort der Ansiedlung der wasserbewohnenden innerdeutschen „Grenzgänger“ gegenüber einer größeren Öffentlichkeit offenbar nicht publik werden lassen möchte. Die Presse, aber auch die Mitglieder der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz und deren Vorsitzender Willy Bauer, die sich große Verdienste um die Wiederansiedlung des größten einheimischen Nagetiers erworben haben, wurden anfangs nicht zum Aussetzungstermin eingeladen (die HGON hat aufgrund eines an das Ministerium gesandten Beschwerdebriefs schließlich noch eine telefonische Einladung erhalten). (vgl. FAZ-Kommentar vom 13.10.1987, S. 36). Die seit Ende April 1987 amtierende hessische Staatsministerin für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz Irmgard Reichhardt (1935–1994) nimmt dagegen persönlich an der Aussetzung der sechs aus Dessau und Halle stammenden Biber teil. Das Fernsehen wurde als einzige Medieninstitution zur Berichterstattung einbestellt.

Ursprünglich war beabsichtigt worden, die Biber aus einer polnischen Zuchtstation aufzukaufen, und den Bestand zu einem späteren Zeitpunkt um weitere Tiere von Elbe und Rhone zu ergänzen, da unter Artenschutzgesichtspunkten ausschließlich Biber aus diesem Herkunftsgebieten in Frage kommen. Nach dem Besuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker (1912–1994) im September 1987 wurden die Tiere jedoch direkt von der DDR an das Land Hessen offeriert. Die Zahl der in der Deutschen Demokratischen Republik an der Elbe heimischen Biber ist aufgrund intensiver Schutzmaßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten von wenigen Tieren auf über zweitausend gestiegen.

Nicht zuletzt auf Grund der Wiederansiedlung des Bibers, aber auch mit Blick auf Populationen anderer bedrohter Tier- und Pflanzenarten wie zum Beispiel der Schachbrettblume (Fritillaria meleagris) und der Gelbbauchunke (Bombina variegata) werden Ende der 1980er Jahre an Sinn und Jossa bei Altengronau die Naturschutzgebiete (NSG) Sinnwiesen von Altengronau (NSG-Nr. 435-047) und Struth von Altengronau (NSG-Nr. 435-024) geschaffen.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Projekt zur Umsiedlung von Bibern (Castor fiber) aus der DDR abgeschlossen, 13. Oktober 1987“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4358> (Stand: 27.11.2022)
Ereignisse im September 1987 | Oktober 1987 | November 1987
Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31