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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Veranstaltungen der SPD zum Tag der Arbeit in Frankfurt, 1. Mai 1959

Der Unterbezirk Frankfurt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in Frankfurt am Main veranstaltet am diesjährigen Maifeiertag, dem „Tag der Arbeit“, statt einer zentralen Veranstaltung vier voneinander getrennt stattfindende Maifeiern. Sie finden in den Gesellschaftshäusern des Palmengartens und des Zoos, sowie in der Sporthalle der SG Westend in der Sondershausenstraße (Gallusviertel), und in der Sport- und Kulturhalle Frankfurt-Unterliederbach statt. Als Redner treten auf diesen Veranstaltungen der hessische Ministerpräsident Dr. h.c. Georg August Zinn (1901–1976; SPD), der hessische Kultusminister Prof. Dr. Ernst Schütte (1904–1972; SPD), der hessische Staatsminister für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen Heinrich Hemsath (1902–1978; SPD) und der frühere Minister für Erziehung und Volksbildung Dr. h.c. Arno Hennig (1897–1963; SPD) auf. Veranstaltungsbeginn ist allen Orten jeweils um 16 Uhr.

Der 1. Mai ist in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag und in der Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 in Teil III des 1. Hauptteils unter Art. 32 gesetzlich geregelt: „Der 1. Mai ist gesetzlicher Arbeitstag aller arbeitenden Menschen. Er versinnbildlicht das Bekenntnis zur sozialen Gerechtigkeit, zu Fortschritt, Frieden, Freiheit und Völkerverständigung.“

Ursprung im Chicagoer „Haymarket Riot“ am 4. Mai 1886

Der 1. Mai hat seine besondere Bedeutung ursprünglich durch Geschehnisse in den USA erlangt. Dort galt er traditionell als sogenannter Moving day, der weit verbreitet als Stichtag für den Abschluss oder die Aufhebung von Verträgen genutzt wurde. Dies war oftmals mit einem Arbeitsplatz- und Wohnungswechsel verbunden. Die US-amerikanischen Gewerkschaften hatten beschlossen, am 1. Mai 1886 dafür zu demonstrieren, dass der Acht-Stunden-Tag in die neuen Verträge aufgenommen werden sollte. Damals beteiligten sich rund 400.000 Beschäftigte aus 11.000 Betrieben an dem Arbeitsausstand. Die Arbeitsniederlegungen wurden jedoch von gewaltsamen Auseinandersetzungen überschattet, die sich im Rahmen des mehrere Tage andauernden Streiks am Haymarket Square in Chicago (US-Bundesstaat Illinois) abspielten. Durch einen Bombenanschlag starben dort 18 Menschen, darunter sieben Polizisten. Eine unbekannte Zahl weitere Opfer waren zu beklagen, nachdem die Ordnungskräfte anschließend´das Feuer auf die protestierenden Arbeiter eröffneten. Acht Arbeiterführer und Mitorganisatoren des Streiks wurden angeklagt, obwohl ihnen keine direkte Beteiligung an dem Anschlag nachgewiesen werden konnte. Vier von ihnen wurden gehenkt. Letztlich konnte der Acht-Stunden-Tag zum damaligen Zeitpunkt nur für einen Teil der amerikanischen Arbeiter durchgesetzt werden.

Ein internationaler Tag der Arbeiter

Auf dem Internationalen Arbeiterkongress in Paris, der vom 14. bis zum 21. Juli 1889 stattfand, stand die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung auf den Acht-Stunden-Tag im Mittelpunkt. Der Kongress fasste den Beschluss, in allen Ländern am gleichen Tag stattfindende Kundgebungen zur Durchsetzung des Achtstundentages abzuhalten. Zum Gedenken an die Opfer des Haymarket Riot von 1886 wurde entschieden, den Tag auf den 1. Mai des folgenden Jahres zu legen, für den die amerikanischen Gewerkschaften bereits entsprechende Kundgebungen angekündigt hatten.

In Deutschland erklärten bis Ende 1889 insgesamt 18 Gewerkschaften die Absicht, am 1. Mai des Jahres 1890 zu streiken. Trotz der Drohung mit schwerwiegenden Sanktionen1 beteiligten sich an diesem Tag in Deutschland etwa 100.000 Arbeiterinnen und Arbeiter an Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen, die zum Teil als sogenannte Maispaziergänge durchgeführt wurden.

Die Sozialdemokratische Partei beschloss auf ihrem Parteitag im Oktober 1890, den 1. Mai auf Dauer als „Feiertag der Arbeiter“ zu begehen. Dabei sprachen sich die Delegierten jedoch auch dafür aus, auf eventuell bestehende Hindernisse Rücksicht zu nehmen. Zusammen mit den Gewerkschaften machte man den Aufruf zum Streik von der wirtschaftlichen Lage des jeweiligen Betriebes abhängig. Wo eine Arbeitsniederlegung unter Umständen nachhaltigen Schaden für Betriebe bedeutet, der nicht zuletzt die Beschäftigung der Arbeiter bedrohte, sollten am ersten Maisonntag jeden Jahres Umzüge und Feste im Freien stattfinden.

1919 erstmals gesetzlicher Feiertag

Zu einem gesetzlichen Feiertag in Deutschland wurde der 1. Mai erstmals im Jahr 1919. Die deutsche Nationalversammlung erklärte im April 1919, dass der 1. Mai des Jahres arbeitsfrei bleiben sollte. Diese Regelung wurde aber zunächst nur auf den 1. Mai 1919 beschränkt. Für spätere Jahre sollte der Feiertag der Arbeiter in eine internationale Regelung eingebunden werden, die man nach dem Friedensschluss mit den Kriegsgegnern und der Verabschiedung einer republikanischen Verfassung anstreben wollte. In den folgenden Jahren scheiterten jedoch die Versuche des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) und der Sozialdemokratischen Partei, den Tag der Arbeit über 1919 hinaus als gesetzlich verankerten Feiertag am leben zu erhalten. Lediglich in wenigen Bundesstaaten des Deutschen Reichs, in Braunschweig, Lübeck, Sachsen und Schaumburg-Lippe hatte der Arbeiter-Feiertag weiterhin Bestand.

„Wiederbelebung“ im Nationalsozialismus

„Wiederbelebt“ wurde der Tag der Arbeit in Form eines gesetzlichen Feiertages durch die 1933 an die deutsche Regierung gelangten Nationalsozialisten. Adolf Hitler erklärte den 1. Mai zum „Feiertag der Nationalen Arbeit“, der durch das NS-Regime für die Propagierung seiner Weltanschauung missbraucht wurde. Besonders stand dabei die Unterordnung der Arbeiter unter die Interessen der „Volksgemeinschaft“ im Vordergrund. Der Tag, der eigentlich der Anerkennung der Arbeiterbewegung gewidmet war, diente fortan als Vehikel zur Abhaltung von Paraden und Aufmärschen oder Leistungsschauen der deutschen Industriebetriebe.
(KU)


  1. Die Unternehmerverbände kündigten an, die Streiks mit Aussperrungen, Entlassungen und der Ausfertigung sogenannter Schwarzer Listen zu beantworten, die verhinderten, dass Streikbeteiligte in einer bestimmten Stadt oder Region neue Arbeit fanden.
Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
541527 ,Gewerkschaft
Hebis-Schlagwort
Frankfurt ; Erster Mai ; Arbeiterbewegung
Empfohlene Zitierweise
„Veranstaltungen der SPD zum Tag der Arbeit in Frankfurt, 1. Mai 1959“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1106> (Stand: 1.5.2022)
Ereignisse im April 1959 | Mai 1959 | Juni 1959
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