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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bericht des Kasseler Regierungspräsidenten zum Arbeitermangel auf dem Land, 9. Oktober 1900

Der Regierungspräsident in Kassel August von Trott zu Solz (1855–1938) berichtet dem Kaiser für die Monate Juni bis August 1900 vom Arbeitskräftemangel vor allem in ländlichen Gebieten. Der immer mehr hervortretende Arbeitermangel auf dem Lande und die Unzulänglichkeit der Qantität und Qualität des ländlichen Gesindes hätten sich in der Erntezeit besonders bemerkbar gemacht, weshalb die Ernte nur langsam habe eingebracht werden können. Die zur Beschäftigung in der Landwirtschaft vorübergehend zugelassen ausländisch-polnischen Arbeiter hätten sich zu einem nicht unerheblichen Teil als nicht zuverlässig erwiesen. So seinen etwa alle, die auf einer Domäne im Kreis Ziegenhain beschäftigt wurden, in den Ausstand getreten. Der Arbeitgeber sei so gezwungen gewesen, die von ihnen geforderte Lohnerhöhung zu bewilligen, worauf sie am nächsten Tag die Arbeit wieder aufgenommen hätten.

In verschiedenen Landkreisen des Regierungsbezirks hätte eine größere Zahl dieser Arbeitskräfte ihren Arbeitgeber verlassen und damit ihre Verträge gebrochen, um sich anderswo eine Arbeit zu suchen, was ihnen wegen des Arbeitskräftemangels und der Notlage vieler Landwirte auch leicht gelinge. Der Regierungspräsident hält die Ausweisung dieser Leute als lästige Ausländer für das einzige Mittel, den fortwährenden Vertragsbruch zu bekämpfen. Wie sich der genehmigte Versuch bewähre, Strafgefangene in den landwirtschaftlichen Betrieben von Gutsbesitzern und Bauern einzusetzen, bewähre, stehe zur Zeit aber noch nicht fest.
(OV)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Bericht des Kasseler Regierungspräsidenten zum Arbeitermangel auf dem Land, 9. Oktober 1900“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/3220> (Stand: 10.12.2021)
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