Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bundesrat unterstützt hessischen Antrag zur Ablehnung des „Maulkorb“-Paragraphen zur Bundeswehr, 18. Mai 1956

Der Bundesrat stimmt mit Mehrheit einem Antrag des Landes Hessen zu, aus dem von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf des vierten Strafrechts-Änderungsgesetzes die Bestimmungen des Paragraphen 109 b zu streichen. Dieser Gesetzesteil sah Gefängnisstrafen vor für unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen, die zum Ziel hatten, andere vom Wehrdienst abzuhalten oder die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu behindern. Der als „Maulkorb-Paragraph“ verballhornte Kabinettsentwurf zum Paragraphen 109 b des Strafgesetzbuches lautet: „Wer unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, um andere vom Wehrdienst abzuhalten oder die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu behindern, wird mit Gefängnis bestraft.“ Zur Begründung der Ablehnung heißt es: „Die [...] vorgesehene Bestimmung ist nicht nur ohne jedes Vorbild im deutschen Militärstrafrecht, sondern wegen ihrer an das sogenannte Heimtückegesetz von 1934 erinnernden Wortfassung gefährlich und jedenfalls der Entwicklung unserer demokratischen Ordnung abträglich. Die in der Presse geübte Kritik ist auf die berechtigte Sorge um das Recht der freien Meinungsäußerung zurückzuführen“. Die gutachterliche Stellungnahme des Bundesgerichtshof lässt verlauten, dass „die Vorschrift des Paragraphen 109b […] nicht geeignet [sei], den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen1
(KU)


  1. DER SPIEGEL 6/1957, S. 24. Gleichzeitig stimmt eine Mehrheit des Bundesrates einem Antrag des Landes Bremen zu, eine ebenfalls in dem Regierungsentwurf enthaltene Bestimmung zu streichen, die eine Erweiterung des Tatbestandes der Untergrabung der Wehrdienstbereitschaft auf Angehörige der Bundeswehr vorsieht. Träte diese Bestimmung in Kraft, so die entsprechende Begründung, „könne auch bestraft werden, wer den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigere oder diese Überzeugung gegenüber einem Angehörigen der Bundeswehr in der Absicht vertrete, ihn für den Gedanken der Kriegsdienstverweigerung zu gewinnen“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.5.1956, S. 1). Dies aber erscheine im Hinblick auf die Bestimmungen des Grundgesetzes nicht tragbar.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Bundesrat unterstützt hessischen Antrag zur Ablehnung des „Maulkorb“-Paragraphen zur Bundeswehr, 18. Mai 1956“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4937> (Stand: 6.8.2021)
Ereignisse im April 1956 | Mai 1956 | Juni 1956
Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31