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Goethe-Preis der Stadt Frankfurt an Benno Reifenberg, 28. August 1964

Der Journalist, Schriftsteller und Publizist Benno Reifenberg (1892–1970) wird in der Frankfurter Paulskirche mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main geehrt. Damit erhält zum zweiten Mal (nach Ernst Beutler 1960) ein Einwohner Frankfurts die renommierte Auszeichnung, die seit 1927 (anfangs jährlich, seit 1949 – mit einer Ausnahme – im Drei-Jahres-Rhythmus) an Persönlichkeiten verliehen wird, die mit ihrem literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Wirken einer dem Andenken Goethes gewidmeten Ehrung würdig sind. Benno Reifenberg, der den Goethepreis aufgrund seiner journalistischen und schriftstellerischen Verdienste erhält (Oberbürgermeister Willi Brundert: „Der Preis gilt der Leistung eines ganzen Lebens.“1) empfing bereits 1952 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aus der Hand des Bundespräsidenten. Die Stadt Frankfurt am Main verlieh ihm 1957 die Goetheplakette. Im Juni 1964 ehrte ihn die Philosophische Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität mit der Verleihung der Würde eines Ehrendoktors.

Feierliche Verleihung mit zahlreichen Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft

An der feierlichen Verleihung nehmen außer den Frankfurter Stadtverordneten und den Magistratsmitgliedern zahlreiche Persönlichkeiten des Frankfurter Wirtschaftslebens teil (so unter anderem Repräsentanten der Bundesbank, der Bundesbahn-Hauptverwaltung, der Flughafen-Gesellschaft und der Oberpostdirektion), darunter auch der Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer, Peter Bartmann (1883–1964), und ihr Präsident, Fritz Dietz (1909–1984). Der frühere Oberbürgermeister Werner Bockelmann (1907–1968) ließ es sich nicht nehmen, aus Köln eigens zu der Feierstunde anzureisen. Den Beginn der Verleihung schildert die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Bericht vom 29. August folgendermaßen:
Um zwölf Uhr geleitete Oberbürgermeister Professor Brundert den Preisträger in den Saal. Benno Reifenberg ließ sich neben Brundert zur Linken und Stadtverordnetenvorsteher Kraft zur Rechten in der ersten Reihe nieder. Hinter ihnen nahmen, inmitten der vielen weiteren Ehrengäste, die Damen Reifenberg, Brundert und Bockelmann Platz. Unter gespannter Aufmerksamkeit der Versammlung ging der neue Oberbürgermeister zum Rednerpult, um zum ersten Male als Stadtoberhaupt zu Frankfurter Bürgern und ihren Gästen zu sprechen. Die feierliche Verleihung des Goethepreises 1964 begann.“

Ehrung für eine journalistische und schriftstellerische Lebensleistung

Der gebürtig aus Oberkassel (Teil des Bonner Stadtbezirks Beuel) stammende Reifenberg, der ist bereits seit seiner Kindheit in der Mainmetropole zu Hause.
1896 aus dem Rheinland nach Frankfurt am Main gelangt, legte er das Abitur am damaligen Kaiser-Friedrichs-Gymnasium (heute: Heinrich-von-Gagern-Gymnasium) ab. Anschließend verbrachte er mehrere Jahre in Genf, München und Berlin, wo er sich dem Studium der Kunstgeschichte widmete. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ergriff Reifenberg eine journalistische Tätigkeit und arbeitete seit 1920 als Kunstkritiker für die „Frankfurter Zeitung“. 1924 übernahm er die Feuilletonredaktion und war zu Beginn der 1930er Jahre für einen Zeitraum von zwei Jahren als Korrespondent des Blattes in Paris tätig.

1932 kehrte er als Politik-Redakteur und Mitglied der Zentralredaktion zurück. Kurz vor Einstellung der bereits 1856 als „Frankfurter Geschäftsbericht“ gegründeten Frankfurter Zeitung Ende August 1943 war Reifenberg aus politischen Gründen gezwungen, seine journalistische Tätigkeit für die Redaktion zu beenden.2 Sein Name wurde im April 1943 aus der Schriftleiterliste der Frankfurter Zeitung gestrichen. Nach dem Krieg bemühte er sich zunächst zusammen mit Gleichgesinnten und ehemaligen Kollegen um eine Wiedergründung der Frankfurter Zeitung. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch vorläufig an dem Verbot, während der NS-Zeit publizierte Zeitungen zu relancieren, woraufhin die ehemaligen Redakteure des Frankfurter Blattes an Heiligabend 1945 die Halbmonatsschrift „Die Gegenwart“ ins Leben riefen, als deren Herausgeber Benno Reifenberg bis 1958 fungierte. Ab Januar 1959 schloss sich Reifenberg den Herausgebern der seit November 1949 erscheinenden „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ an und übte diese Tätigkeit bis 1966 aus.
(KU)


  1. DIE ZEIT 36/1964, 4.9.1964, S. 10: Zeitmosaik.
  2. Reifenberg, der nach den Bestimmungen der nach den 1935 von den Nationalsozialisten erlassenen Nürnberger Rassengesetze als „Halbjude“ galt, hatte 1933 in der Frankfurter Zeitung einen (den letzten) kritischen Leitartikel zur Berufung Hitlers veröffentlicht, in welchem er dem „Führer“ „alle moralischen und menschlichen Qualitäten für das Amt des Reichskanzlers“ absprach. 1937 wurde er aus Anlass eines kritischen Kommentars zur Entfernung von van Goghs „Bildnis des Dr. Gachet“ aus dem Städelschen Museum (das Bild wurde auf Geheiß Görings als „entartete Kunst“ beschlagnahmt) kurzzeitig von der Gestapo inhaftiert. 1938 erteilten die Nationalsozialisten Reifenberg „politisches Schreibverbot“.
Belege
Weiterführende Informationen
  • Reifenberg, Jan G.: „Reifenberg, Benno Carl“, in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 327-328 [Onlinefassung]#http://www.deutsche-biographie.de/pnd11874402X.html (Stand: 7.9.2012).
Empfohlene Zitierweise
„Goethe-Preis der Stadt Frankfurt an Benno Reifenberg, 28. August 1964“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1192> (Stand: 5.4.2023)
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