Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Parteitag der hessischen Gesamtdeutschen Partei in Kassel, 1. April 1962

In Kassel findet der Landesparteitag der Gesamtdeutschen Partei/BHE in Hessen statt. Die Partei bereitet sich damit auf ihren Wahlkampf für die Landtagswahl am 11. November vor. Zugleich zieht die GDP einen endgültigen Schlußstrich unter das Abenteuer der Fusion mit der Deutschen Partei (DP). Während die GDP/BHE bei der Landtagswahl 1958 noch 7,4 Prozent der Stimmen erreichen konnte, waren es bei der Bundestagswahl 1961 in Hessen nur noch 4,4 Prozent. Die Partei ist jedoch zuversichtlich, dass ihr ihre Mitarbeit in der von Ministerpräsident Georg August Zinn (1901–1976) geführten Koalitionsregierung mit der SPD ihr helfen wird, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.
Der Landesvorsitzende der GDP, der hessischen Wirtschaftsminister Gotthard Franke (1912–1975), nimmt zu der gescheiterten Vereinigung mit der DP Stellung. Seine Partei habe von Beginn an einen ausgesprochen profilierten sozialpolitischen Charakter gehabt, während die DP stark vom alldeutschen und deutschnationalen Gedankengut geprägt gewesen, das in Deutschland und dem deutschen Schicksal den Drehpunkt der Welt zu sehen gewohnt war. Demgegenüber habe der Gesamtdeutsche Block/BHE entsprechend der großen Tradition der österreichisch-ungarischen Monarchie sich stets an eine gesamteuropäische Verpflichtung gebunden gefühlt habe. Der Parteitag beschließt, dass die GDP selbstständig in den hessischen Landtagswahlkampf geht, die Kritik an der Bundesregierung deutet aber nach dem Eindruck von Beobachtern darauf hin, dass die Partei in Hessen daran interessiert sei, die Koalition mit der SPD fortzusetzen.
Die Partei sieht sich, so wird auf dem Parteitag deutlich, als ein „ausgleichendes Element“ zwischen dem Bürgertum und den Arbeitern. Es werden Forderungen nach Mittelstandskrediten mit verbilligtem Zins und (erstmals für Hessen) nach Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft erhoben.
(OV)