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Tod des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich in Bad Homburg, 20. August 1915

Während eines Sanatoriumaufenthaltes in Bad Homburg vor der Höhe stirbt der Arzt und Chemiker Paul Ehrlich (1854–1915), der mit seinen Forschungen zur Serologie und Immunologie als Begründer der Chemotherapie gilt. Er entwickelte als erster ein Medikament gegen Syphilis und war an der Entwicklung eines Serums gegen Diphtherie beteiligt. Für seine Forschungsleistungen erhielt er 1908 zusammen mit dem russischen Zoologen und Immunologen Ilja Iljitsch Metschnikow (1845–1916) „in recognition of their work on immunity“ („als Anerkennung ihrer Arbeiten über die Immunität“) den Nobelpreis für Physiologie und Medizin („Medizinnobelpreis“). Der in Strehlen bei Breslau geborene Ehrlich forschte ab 1899 als Leiter des Königlichen Instituts für experimentelle Therapie in Frankfurt am Main zur chemotherapeutischen Behandlung von Krebs und Infektionskrankheiten. Später übernahm er die zusätzlich die Leitung des 1906 direkt neben dem Königlichen Institut neu errichteten Georg-Speyer-Hauses, welches sich als Forschungsinstitut bis heute mit Methoden zur Bekämpfung von Krebstumoren und Infektionskrankheiten befasst. Nachdem der Wissenschaftler und passionierte Zigarrenraucher, der zu den Mitunterzeichnern des umstrittenen, national-propagandistischen Aufrufs „An die Kulturwelt!“ gehört1, bereits 1914 einen leichten Schlaganfall erlitten hat, ereilt ihn am 17. August erneut ein Apoplex, von dem er sich nicht mehr erholt. Paul Ehrlich wird auf dem Jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-Straße in Frankfurt beigesetzt.
(OV/KU)


  1. Die auch als „Manifest der 93“ bekannte Schrift „Aufruf an die Kulturwelt“ wird im Oktober 1914 veröffentlicht und von 93 deutschen Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern unterzeichnet. Darin bestreiten die sich an dem Aufruf beteiligenden Persönlichkeiten den Vorwurf der deutschen Kriegsschuld, die Beteiligung deutscher Soldaten an Kriegsverbrechen in Belgien („Massaker von Tamines“ am 21., 22. und 23. August 1914 und wenige Tage später im flandrischen Löwen) und den Vorwurf der Missachtung des Völkerrechts durch deutsche Truppen. Den im deutschen Kaiserreich weit verbreiteten Militarismus bezeichnen sie als „Schutz“, ohne den „die deutsche Kultur längst vom Erdboden getilgt“ worden wäre. Paul Ehrlich erklärte allerdings bereits wenige Zeit später, er habe seine Unterschrift auf telegrafische Aufforderung hin und ohne Kenntnis des Textwortlauts gegeben, vgl. Jürgen von Ungern-Sternberg/Wolfgang von Ungern-Sternberg, Der Aufruf „An die Kulturwelt!“ Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Mit einer Dokumentation (Historische Mitteilungen: Beiheft 18), Stuttgart 1996, S. 13.
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Hebis-Schlagwort
Ehrlich, Paul ;
Empfohlene Zitierweise
„Tod des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich in Bad Homburg, 20. August 1915“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2595> (Stand: 7.9.2021)
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