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Der Schriftsteller Wilhelm Schäfer erhält den Goethepreis der Stadt Frankfurt, 28. August 1941

Der deutsche Erzähler, Dramatiker und Redakteur Wilhelm Schäfer (1868–1952) erhält den Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main. Schäfer, der besonders aufgrund des Erfolgs seines 1922 erschienenen Werks „Dreizehn Bücher der deutschen Seele“ (DNB) als einer der populärsten völkisch-nationalen Autoren der Weimarer Republik und der NS-Zeit gilt1, und seit 1928 bereits mehrfach für den Preis vorgeschlagen wurde, empfängt die Auszeichnung im Goethehaus am Großen Hirschgraben.
Wilhelm Schäfer arbeitete von 1890 bis 1897 als Lehrer in Vohwinkel und in Elberfeld (Nordrhein-Westfalen). 1900 wechselte er nach Düsseldorf und betätigte sich (auf Vermittlung des Industriellen und Kunstmäzens Fritz Koegel) bis 1922 als Herausgeber der Kulturzeitschrift „Die Rheinlande, Monatsschrift für deutsche Art und Kunst“. Dort verband ihn zeitweise eine Freundschaft mit Hermann Hesse, der zwischen 1904 und 1916 zum Kreis der Mitarbeiter der „Rheinlande“ zählte.
Noch vor Carl Zuckmayer beschäftigt sich Schäfer mit dem Leben Friedrich Wilhelm Voigts (1849–1922), der mit einem spektakulären Überfall auf das Rathaus der Stadt Cöpenick (ab Oktober 1920 ein Stadtteil Groß-Berlins) am 16. Oktober 1906 als „Hauptmann von Köpenick“ in ganz Deutschland große Berühmtheit erlangte. Der 1930 unter dem Titel „Der Hauptmann von Köpenick“ (DNB) veröffentlichte Roman widmet sich allerdings nur in vergleichsweise geringem Umfang dem eigentlichen Gaunerstück des Hochstaplers Voigt. Vielmehr räumt Schäfer dem Werdegang und „Landstreicherdasein“ des bereits vor 1906 mehrfach inhaftierten Schuhmachergesellen breiten Raum ein. Das Buch erzielt keinen schlagartig überragenden Erfolg, erlebt aber dennoch zahlreiche Auflagen.

1926 trat Schäfer der „Sektion Dichtkunst“ der Preußischen Akademie der Künste bei, verließ diese 1931 gemeinsam mit Erwin Guido Kolbenheyer (1878–1962, Goethepreisträger des Jahres 1937) und Emil Strauß (1866–1960) vorübergehend (die Akademie zeigte sich den völkisch-nationalen Umgestaltungsabsichten der drei späteren NS-Renommierautoren gegenüber wenig aufgeschlossen), und kehrte nach erfolgter „Säuberung“ der Kulturinstitution im Mai 1933 als „Ehrensenator“ in die „Deutsche Akademie der Dichtung“ zurück.
Der in Ottrau (Schwalm-Eder-Kreis) geborene und während seiner ersten Ehe von 1890 bis 1896 den Namen Wilhelm Schäfer-Dittmar führende Autor ist kein Mitglied der NSDAP, steht aber der NS-Ideologie ausgesprochen nahe und unterstützt bereitwillig die Ziele der nationalsozialistischen Kulturpolitik. 1944 wird Schäfer als für das Regime besonders wichtiger und „unabkömmlicher“ Künstler in die von Hitler, Goebbels und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zusammengestellte „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen.
(KU)


  1. Vgl. dazu Sabine Brenner, „Das Rheinland aus dem Dornröschenschlaf wecken!“, S. 72 f.: „Mit dieser Propagandaschrift will Schäfer 1922 ‚dem deutschen Volk nach der Niederlage im ersten Weltkrieg und der Demütigung in Versailles eine Stütze in die Hand geben‘. Von starkem Pathos durchtränkt, präsentiert er in 345 Einzelkapiteln einen geschönten und eklektischen Querschnitt durch die ‚germanische‘ Geschichte. Diese Aufwertung der eigenen Identität führt dazu, daß Schäfers Schrift zu einem populären Trostbuch für das beschädigte deutsche Selbstbewußtsein wird. Die Dreizehn Bücher der deutschen Seele sind aufgrund ihrer breiten Außenwirkung für die ‚germanische Sache‘ auch ein willkommenes Vehikel für die Nationalsozialisten und sichern Schäfer ‚die Eintrittskarte‘ in ihre Kulturgemeinde.“
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Der Schriftsteller Wilhelm Schäfer erhält den Goethepreis der Stadt Frankfurt, 28. August 1941“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4845> (Stand: 15.8.2021)
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