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Erster deutscher Reisebürotag in Frankfurt, 25.-27. September 1936

In Frankfurt am Main findet der erste deutsche Reisebürotag statt. An der Veranstaltung nehmen mehr als 1.000 Besucher aus dem In- und Ausland teil. Nach den Worten des zuständigen Reichsverkehrsgruppenleiters Emil Kipfmüller soll die Veranstaltung „in erster Linie Symbol sein für eine neue Entwicklungsperiode im deutschen Reisebürowesen“. Dabei sei der erste deutsche Reisbürotag „von dem Willen getragen, gemeinsam mit den anderen Organisationen des deutschen Fremdenverkehrs alle deutschen Volksgenossen für das Reisen zu gewinnen und somit der Aufgabe zu dienen, durch eine umfassende Werbung für das Reisen die Volksgemeinschaft zu fördern. Darüber hinaus soll sie den Willen des neuen Deutschlands bekunden, allen Volksgenossen die Schönheiten unseres Vaterlandes und der Welt zu erschließen.1
Der amtierende Vorsitzende der Reichsgruppe Fremdenverkehr und spätere Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Hermann Esser (1900–1981), hält anlässlich der Eröffnung des ersten Reisebürotags eine Rede, in der er mustergültig die wichtige Bedeutung des Reisens für den NS-Staat hervorhebt.

Organisatorisch bildet der erste „Reisebürotag“ das Forum für die im Vorjahr durch den Reichsverkehrsminister als eigenständigen Bereich innerhalb der Gliederung des NS-Verkehrssystems anerkannte Spitzenvertretung „Hilfsgewerbe des Verkehrs“ (Verfügungen vom 17. April 1935 und 21. Juni 1935). Zugleich ersetzt die Spitzenvertretung (später: „Reichsverkehrsgruppe Hilfsgewerbe des Verkehrs“) die bisherige, 1921 ins Leben gerufene Nationale Vereinigung Deutscher Reisebüros e. V. (Verfügung vom 17. April 1935), die sich endgültig am 7. Juni 1935 auflöste. Die Spitzenvertretung fungiert damit als eine von insgesamt acht Untergliederungen der im September 1935 durch die Verordnung über den organischen Aufbau des Verkehrs (RGBl. I 1935 Nr. 103 S. 1169) festgelegten Struktur der Organisation des Verkehrssystems.2 Zugleich ist der Spitzenverband in seiner Funktion als Reichsverkehrsgruppe die einzige vom NS-Staat anerkannte berufsständische Organisation für alle Reisebüros und die ihnen angegliederten Gewerbe. Die Zahl seiner Mitglieder umfasst derzeit etwa 1.000 Reisebüros und 4.000 nebenberuflich tätige Reisevermittler
(KU)


  1. Emil Kipfmüller, Aufgaben und Arbeitskreis des deutschen Reisebürogewerbes, abgedruckt in: HANSA. Deutsche Schiffahrtszeitschrift 73 (1936), Nr. 39 vom 26. September, S. 1880 f., hier: S. 1880.
  2. Erst im Dezember 1936 erfolgt die Bildung einer eigenen Reichsverkehrsgruppe „Reisen“, die sich aus den beiden Fachgruppen „Reisevermittlung“ und „Schlaf- und Speisewagenbetriebe“ zusammensetzt. Wenig später erfolgt mit dem Erlass des Gesetzes über die Ausübung der Reisevermittlung eine umfassende Regulierung und faktische Durchsetzung der „Gleichschaltung“ des gesamten Arbeitsbereichs der Reisevermittler, denen mit dem Gesetz zwar erstmals seit Jahren wieder die Gründung neuer Reisbüros gestattet wird (die Neuerrichtung von Reisbüros war im Juni 1933 von den nationalsozialistischen Machthabern verboten worden), die aber aufgrund der darin enthaltenen Bestimmungen auch stark politisch gefärbter Kontrolle unterliegen: so kann die „Vermittlung von vorübergehender Unterkunft oder Verpflegung ganz oder teilweise untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun“. Gesetz über die Ausübung der Reisevermittlung. Vom 26. Januar 1937. Paragraph 1, Abs. 3).
Belege
Weiterführende Informationen
  • DNB Satzung der Reichsverkehrsgruppe Hilfsgewerbe des Verkehrs [Stand vom 21. Dez. 1936], Hamburg 1936.
  • DNB Reichsverkehrsgruppe Hilfsgewerbe des Verkehrs [anfangs: Spitzenvertretung Hilfsgewerbe des Verkehrs] (Hrsg.): Mitteilungen der Reichsverkehrsgruppe Hilfsgewerbe des Verkehrs [Berlin, 1.1935,1 - 11.1945,1[?], 1935 – 1945]
  • DNB Vereinigung Deutscher Reisebüros e. V. (hrsg. Körperschaft): Das Reisebüro: Nachrichtendienst d. Vereinigung Deutscher Reisebüros e. V. [Berlin, 3.1930 - 9.1936].
  • HeBIS Appel, Susanne: Reisen im Nationalsozialismus : eine rechtshistorische Untersuchung (Schriften zum Reise- und Verkehrsrecht; Bd. 3), Baden-Baden 2001 (zugl.: Rostock, Univ., Diss., 1999).
  • Karl Fuss, Geschichte der Reisebüros: zum 10. Jahrestag des Bestehens des Deutschen Reisebüro-Verbandes (DRV) herausgegeben, Darmstadt 1960
Hebis-Schlagwort
Fremdenverkehrspolitik ; Reiserecht
Empfohlene Zitierweise
„Erster deutscher Reisebürotag in Frankfurt, 25.-27. September 1936“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2497> (Stand: 5.3.2021)
Ereignisse im August 1936 | September 1936 | Oktober 1936
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