Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Schwere Körperverletzung durch SA-Trupp in Dauborn bei Limburg, 1. August 1932

In der Nacht nach der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 werden in Dauborn (Kreis Limburg) der Landwirt Arnold Jäger und der Gärtnerlehrling Ewald Koch von SA-Leuten misshandelt und schwer verletzt. Die Täter gehören zu einem 35-köpfigen SA-Trupp, der nachts in Alarmbereitschaft in einer Scheune auf den Einsatzbefehl gewartet hat, nach einem (erwarteten) Wahlsieg der NSDAP bei den Reichstagswahlen in Aktion zu treten, das Landratsamt in Limburg oder die Kreisgendarmeriestation zu besetzen oder die Machtergreifung der Partei in Wiesbaden oder Höchst am Main zu vollziehen.

Auf Befehl des 25-jährigen SA-Truppführers werden die beiden zufällig vorbeikommenden Opfer als vermeintliche Kommunisten identifiziert und angegriffen. Arnold Jäger wird mit Schulterriemen verprügelt und durch Messerstiche in Kopf und Arm schwer verletzt, Ewald Koch vor seinem Elternhaus niedergestochen. Vor einem Limburger Schnellrichter werden vier 19 bis 26 Jahre alte Täter drei Tage später zu Gefängnisstrafen von fünf Monaten bis zwei Jahren verurteilt. Vor dem Richter verteidigen sich die Täter mit der Aussage, die beiden schwer verletzten Männer seien Kommunisten.

Das in Limburg erscheinende Organ der Zentrumspartei, der „Nassauer Bote“, kommentiert den Prozessverlauf und die Aussagen der Täter mit den Worten:

Womit entschuldigte' man sich? Mit dem Glauben, die Überfallenen seien Kommunisten gewesen! Mit anderen Worten: Gegenüber dem politischen Gegner ist alles erlaubt, er ist vogelfrei, und man tut schließlich noch ein nationales Werk', wenn man ihn ,vernichtet'! Das, scheint es, ist die geistige Verfassung der verhetzten, fanatisierten jungen Leute in den nationalsozialistischen Sturmabteilungen [...] Es gibt hier nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch Verantwortliche, und von der moralischen Verantwortung kann niemand diese Partei entlasten. Sie hat mit ihrer maßlosen Hetze die politische Atmosphäre vergiftet, hat die Moralbegriffe ihrer Anhänger, vor allem ihrer jugendlichen Anhänger verwirrt [...] Wie sollen junge Leute, denen von den Führern der Partei der politische Gegner immer nur als Landesverräter, als Verbrecher hingestellt wird, ihn noch als Menschen, als Mitbürger, als Volksgenossen respektieren? In Dauborn war es das Stichwort ,Kommunisten', das seine Wirkung tat. Morgen kann es ein anderes sein.
(OV)