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Arbeitsminister Fischer schaltet sich in den Tarifstreit in der hessischen Metallindustrie ein, 20. August 1951

Der hessischer Staatsminister für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft Heinrich Fischer (1895–1973; SPD) schaltet sich in den eskalierenden Tarifkonflikt in der hessischen Metallindustrie ein und spricht gegenüber den Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern (Bezirksleitung der IG Metall und Arbeitgeberverband der hessischen Metallindustrie) eine Einladung zu einem Vermittlungsgespräch in der Landeshauptstadt Wiesbaden aus. Als Termin wird Donnerstag, der 23. August vorgeschlagen. Der Minister verfolgt das Ziel, einerseits den Arbeitgeberverband zu Lohnverhandlungen, andererseits aber auch die Gewerkschaft zu Kompromissbereitschaft zu bewegen. Fischer wendet sich am 20. August in einem Brief mit zur Zurückhaltung mahnenden Worten an die IG Metall und unterstreicht die Gemeinwohlverantwortung des Staates: „Jede Störung und Unterbrechung in der Wirtschaft ist vom Gesichtspunkt der Allgemeinheit her gesehen eine Gefahr. Dies gilt insbesondere für die hessische Metallindustrie, die ja den entscheidensten der hessischen Wirtschaft überhaupt ausmacht. Ich habe die Auseinandersetzungen zwischen den Sozialpartnern mit großer Sorge verfolgt und habe immer noch die Hoffnung, daß sich die letzten Kampfmaßnahmen in der Wirtschaft vermeiden lassen“.1

Die IG Metall hatte am 31. Mai 1951 sämtliche Lohn- und Gehaltstarife für die Beschäftigten der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in Hessen mit Wirkung zum 15. Juni gekündigt. Zwei Verhandlungsrunden am 4. Juli und am 16. Juli endeten ergebnislos, da die Arbeitgeberseite jede Verhandlung der gewerkschaftlichen Lohnforderung (Erhöhung des Arbeiter-Ecklohns um zwölf Pfennig je Stunde und entsprechende Anhebung der Angestelltengehälter) ablehnt und alle Fragen der Tarif-Neuverhandlung vom ausstehenden Ergebnis der Gespräche im paritätisch besetzten „Kanzlerausschuss“ abhängig machen möchte, an dem die Sozialpartner beteiligt sind. In einer Urabstimmung hatten sich fast 89 Prozent der abstimmenden (oder 72 Prozent der stimmberechtigten) Gewerkschaftsmitglieder für die Aufnahme von Arbeitskampfmaßnahmen ausgesprochen.

Der Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Metall Hans Eick bekräftigte in diesem Zusammenhang gegenüber einem Vertreter der Deutschen Presse-Agentur, „daß seine Gewerkschaft die hessischen Metallarbeiter wahrscheinlich für den kommenden Montag zum Streik aufrufen werde, falls diese Gespräche zu keinem positiven Ergebnis führen sollten. Alle Vorbereitungen seien für den Ausstand getroffen“.2
(KU)


  1. Brief des hessischen Staatsministers für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft an die IG Metall vom 20. August 1951, betr.: Streik in der hessischen Metallindustrie, hier zitiert nach: Arnold Bettien, Arbeitskampf im Kalten Krieg. Hessische Metallarbeiter gegen Lohndiktat und Restauration (Schriftenreihe für Sozialgeschichte und Arbeiterbewegung 31), Marburg 1983, S. 156 f.
  2. Zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.8.1951, S. 1: Metallarbeiterstreik am nächsten Montag? Die hessische Regierung schaltet sich ein.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Arbeitsminister Fischer schaltet sich in den Tarifstreit in der hessischen Metallindustrie ein, 20. August 1951“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4704> (Stand: 27.11.2022)
Ereignisse im Juli 1951 | August 1951 | September 1951
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