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Einführung der Sommerzeit im Reich zur Einsparung von Kosten für die Beleuchtung, 1. Mai 1916

Zur kriegsbedingten Einsparung von Energiekosten und zur besseren Ausnutzung des Tageslichts führt die Reichsregierung mit dem Vorstellen der Uhren um eine Stunde erstmals die „Sommerzeit“ ein. Die Maßnahme geht zurück auf eine Entscheidung, mit der die deutsche Regierung, ebenso wie die österreichisch-ungarische Donaumonarchie, die Einführung der Sommerzeit für die Sommermonate beschlossen hat.

Die entsprechende Verordnung vom 6. April 1916, veröffentlicht im Reichsgesetzblatt (Bekanntmachung über die Vorverlegung der Stunden während der Zeit vom 1. Mai bis 30. September 1916)1, lautet:

Für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 1916 ist die gesetzliche Zeit in Deutschland die mittlere Sonnenzeit des dreißigsten Längengrads östlich von Greenwich. Der 1. Mai 1916 beginnt am 30. April 1916 nachmittags 11 Uhr nach der gegenwärtigen Zeitrechnung. Der 30. September 1916 endet eine Stunde nach Mitternacht im Sinne dieser Verordnung.

Über die Einführung der Sommerzeit berichtet die Oberhessische Zeitung am 1. Mai 1916:

Nun haben wir sie, die neue Sommerzeit. Ohne große Schwierigkeiten – in Deutschland gibts bekanntlich keine Schwierigkeit, die nicht überwunden wird – konnte sie eingeführt werden. Der Eisenbahnverkehr klappte, wie wir hören fast tadellos und auch sonst im gewerblichen Leben setzte der Betrieb nach der „Winterzeit“ gerechnet, heute eine Stunde früher ein. Diejenigen, die nicht zu den gewohnheitsmäßigen Frühaufstehern zählen, bildeten sich zwar heute früh, ein großes Opfer gebracht zu haben. Ihnen paßte zum Teil die Neuzeit nicht, umsomehr als sie gerade an einem Montag morgen zur Einführung gelangte. Sie befürchten auch, daß sie jetzt mit ihrer Brotkarte nicht auskämen. Ganz abzuleugnen ist die letztere Befürchtung nicht, denn wer bis 10 Uhr im Bette liegen kann, spart ein Frühstück. Es heißt ja auch: „Wer lange schläft, den Gott ernährt.“ Das ist gerade so, wie bei denjenigen, die abends lange Sitzungen machen, die bekommen oft auch einmal Hunger zu einer Zeit, in der man sonst zu schlafen pflegt. Die Marktplatzbesucher usw., die gestern abend kurz vor 11 Uhr einmal die Kraftleistung des Bläsers bzw. Hahns bei der Rathausuhr bewundern und zugleich auch hören wollten, wie die letztere und die anderen öffentlichen Uhren die Sommerzeit einführten, waren zunächst enttäuscht und dann gabs eine allgemeine Erheiterung. Der Hahn „krähte“ wie immer um 11 Uhr genau elfmal und ließ sich auch dann auf weiter nichts ein, als die Rathausuhr, diesmal hübsch einträchtig zusammen mit der Schloßuhr, noch eine „1“ hinzufügte, sodaß es zusammen 12 Uhr gab. So kam man hier über das Problem der Einführung der Sommerzeit hinweg. Der „ferne Klang“ einiger Feuerwerkskörper, die irgendwo losgelassen wurden, weckte die Erinnerung an frühere Mainächte und an Maifeiern in Marburg.2
(KU)


  1. Reichsgesetzblatt 1916, Nr. 67, ausgegeben zu Berlin den 7. April.
  2. Oberhessische Zeitung mit dem Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain, Nr. 101, 1.5.1916, S. [2]: Marburg und Umgegend/Die Sommerzeit, Online-Ausgabe: Der Erste Weltkrieg im Spiegel hessischer Regionalzeitungen.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Einführung der Sommerzeit im Reich zur Einsparung von Kosten für die Beleuchtung, 1. Mai 1916“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/479> (Stand: 26.11.2022)
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