Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1534

Testament Landgraf Philipps

Regest-Nr. 16455

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4973 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 80, Nr. 10⟩, Konzept.
Stückbeschreibung: Papier.
Rückvermerke: Dem Camersecretarien zu handen.
Regest
Testament Landgraf Philipps von Hessen.
Er legt fest, daß die Reformation auch nach seinem Tod gefördert werden soll, dabei sollen aber alle Sekten wie die Wiedertäufer bekämpft werden. Allerdings soll kein Mensch in Hessen wegen seines Glaubens bestraft werden.
Die Universität Marburg, die Spitäler in Haina, Merxhausen, Kaufungen und Wetter sollen weiter in gutem Wesen gehalten und unterstützt werden. Als oberen Spitalmeister sezt er Heinz von Lutter, ihm beigeordnet wird Johann Walter aus Treysa. Verstirbt Heinz von Lutter soll Cyriax, Schultheiß in Hersfeld, sein Nachfolger werden. Doktor Johann Eysterman soll an Stelle des Johann Feige der Universität vorstehen. Da er selbst auf Grund anderer dringenderer Verpflichtungen noch nicht dazu gekommen war, bittet er die Testamentsvollstrecker auf eine ausreichende Versorgung der Universität zu achten.
Sein Erbe soll sein Sohn Wilhelm sein. Seine Töchter Anna und Agnes sollen je 24000 fl. Heiratsgut erhalten. Da seine Frau Christine zur Zeit schwanger sei, legt er fest, daß ein eventuell geborener Sohn auch Erbe ist. Ist das Kind ein Mädchen, soll es genau wie seine Schwestern eine Heiratsgut in Höhe von 24000 fl. erhalten. Stirbt Wilhelm oder der eventuell geborene Sohn ohne Hinterlassung von weiteren männlichen Erben sollen die Erben des Fürstentums seine Töchter mit 74000 fl. ausstatten.
Er legt weiter fest, daß die Verlobung zwischen seiner Tochter Agnes und dem Sohn Herzog Erichs von Braunschweig, ebenfalls Erich mit Namen, sobald beide im heiratsfähigen Alter seien, umgesetzt werden solle. Sollten die beiden Verlobten keinen Gefallen aneinander finden, soll seine Tochter Anna Herzog Erich d.J. heiraten.
Nachfolger als Fürst von Hessen soll sein ältester Sohn werden. Sollte dieser nicht in der Lage sein, die Nachfolge anzutreten, sein zweitältester Sohn. Der andere Sohn soll als Ausstattung Schloß, Stadt und Amt Homberg in Hessen, Schloß, Stadt und Amt Romrod und Alsfeld, sowie Ulrichstein, Schotten, Lichtenberg mit Reinheim und Battenberg, den Friedwald und den Seulingswald mit allem Zubehör erhalten. Der regierende Sohn soll seinen Bruder in diesem Besitz schützen und dieser soll keine weiteren Ansprüche stellen. Sollte er noch weitere Söhne haben, sollen diese in gleichem Umfang ausgestattet werden. Alle Söhne sollen heiraten dürfen, doch dürfen sie von ihren Erbgütern nichts versetzen oder verkaufen.
Solange männliche Erben am Leben seien, dürfen Frauen nicht erben. Seine Töchter sollen lediglich fürstliche Heiratsausstattungen erhalten.
Da er den Streit seines Vaters mit den Grafen Heinrich und Wilhelm von Nassau geerbt habe, legt er fest, daß eine Einigung mit den genannten Brüdern nicht mehr als 100000 fl kosten darf. Weitergehende Forderungen sind abzulehnen.
Seine Ehefrau Christine soll ihr Wittum gemäß ihrer Heiratsverschreibung lastenfrei erhalten. Eventuell darauf liegende Verschreibungen sollen abgelöst werden.
Seine Frau soll seine Töchter in ihrer Obhut behalten und auch die Söhne bis zum Alter von 6 Jahren. Allerdings dürfen die Kinder Hessen nicht verlassen, sollte Christine erneut heiraten, darf sie die Kinder nicht mitnehmen, hat allerdings das uneingeschränkte Besuchsrecht. Seine Söhne sollen im Alter von 6 oder 7 Jahren einen Schulmeister erhalten, der ihnen Unterricht in Glaube, Beten, Latein, Schreiben und Lesen erteilen soll. Allerdings soll er ihnen das Wissen nicht mit dem Stock einbläuen, sondern sanftere Methoden wählen. Außerdem sollen die Jungen zu Personen gebracht werden, die sie zu Ritter erziehen sollen, wie es fürstlichen Personen gebührt.
Er verbietet hiermit allen seinen Erben den Verkauf von Erbgütern sei es Schloß, Markt, Dorf oder Gericht.
Als Vormund für seine Kinder setzt er Herzog Heinrich von Mecklenburg, Herzog Ulrich von Württemberg und Ruprecht Herzog zu Bayern und Graf zu Veldenz. Ihnen beigeordnet werden Markgraf Joachim von Brandenburg und Herzog Georg von Sachsen. Bevor sie ihr Amt antreten sollen sie schwören, daß sie die Reformation in der Form weiterführen, wie sie Philipp begonnen hat.
Weitere Mitvormünder sind Adolf Rau von Holzhausen, Statthalter in Kassel, Hermann von der Malsburg, Marschall, Johann Feige von Lichtenau, Kanzler, Georg von Kolmatsch, Statthalter in Marburg, Sigmund von Boyneburg, Landvogt, Eberhard von Bischofferode, Oberamtmann, Heiderich von Calenberg, Oberamtmann, Ludwig Kochen, Schöffe in Kassel, und Johann Eystermann, Schöffe in Marburg. Sie sollen die alltäglichen Regierungsgeschäfte führen, sind aber zu jährlichen Rechnungslegungen verpflichtet und sollen gegenüber den Hauptvormündern einen Eid leisten, die Geschäfte zum Wohl seiner Kinder und des Landes zu führen. Adolf Rau, Hermann von der Malsburg und Johann Feige sollen ihre bisherigen Ämter niederlegen, die anderen im Amt bleiben. Ludwig Kochen und Johann Eystermann sollen für ihre Dienste einen Lohn erhalten. Entscheidungen sollen nach dem Mehrheitsprinzip gefällt werden, wobei alle gleichwertige Stimmen haben. Kammermeister soll Jost von Weiter bleiben, der von den Hauptvormündern überwacht werden soll.
Als Ersatz für die Hauptvormünder bestellt er Herzog Magnus von Mecklenburg, Graf Georg von Württemberg und Herzog Johann von Sachsen.
Ersatz für die Räte sind: Werner von Waldenstein, Rudolf Schenk, Hartmann Schleigern, Doktor Walter, Georg Nußpicker, Volpert Riedesel, Alexander von der Thann, Michel Nußpicker, als Bürger von Kassel der bald Schöffe sein wird, und Vergil Schwan, Schöffe in Marburg.
In Diensten verbleiben soll Hermann von Scholley, Hermann Nordeck, Heinrich Jost und Johann Pflug.
Als Legat vermacht er seiner Frau Christine sein kleines Halsband mit Rubinen und Diamanten [gestrichener Zusatz: auf Lebenszeit, danach soll es an seine Töchter weitergegeben werden] und dazu 2000 fl. in Gold.
Als Legat vermacht er seiner Schwester Herzogin Elisabeth von Sachsen eine goldene Kette mit Ringen und einer anhängenden Pfeife im Wert von 400 fl. und dazu 2000 fl. in Gold.
Der Hofmeisterin und allen Jungfrauen des Frauenzimmers vermacht er 200 fl. in Gold.
Seine alte Amme soll bei seinen Kindern Dienst tun, ist sie dazu nicht mehr in der Lage soll sie mit einer Rente versorgt werden.
Die Kammermägde seiner Frau sollen 100 fl. erhalten.
Weitere Legate hat er seinem Kammermeister diktiert und eigenhändig unterschrieben. Er behält sich die jederzeitige Änderung dieses Testamentes vor.
Er bittet König Christian von Dänemark um Unterstützung der Vormünder mit Rat und Tat ebenso wie Herzog Erich von Braunschweig.
Nach seinem Tod soll sein Leichnam in Kassel auf der Freiheit in der Stiftskirche beigesetzt werden. Sein Grabmal soll ein lebensgroßes Bildnis schmücken, am Kopf sein Wappen, um die Grabplatte herum die Wappen seiner Vorfahren. Als Inschrift wünscht er seinen Namen, seine Titel, das Jahr, sein Alter sowie Tag und Uhrzeit seines Todes.
Ein geschickter Historienschreiber soll damit beauftragt werden, seinen Sieg gegen den von Sickingen, sein Einsatz für die Reformation sowie seinen selbstlosen Kampf für Herzog Ulrich von Württemberg niederzuschreiben, so daß die Wahrheit nicht verloren gehe.
Bittet Kaiser Karl und König Ferdinand, die Umsetzung dieses Testaments zu unterstützen.
Auf einem beigelegten Zettel vermerkt er, daß auf Grund der vielfältigen Bitten Hartmann von Kronberg seine Güter zurückerhalten soll, allerdings solle er ihm und seinen Erben Öffnungsrechte gewähren.

Weitere Informationen

Das Konzept ist nicht datiert. Da aber nur drei Kinder mit Namen genannt werden und der Hinweis auf ein kommendes Kind gegeben ist, ist das Jahr 1534 anzunehmen, in dem Landgraf Philipp Ludwig geboren wurde (+ 1535). Dies würde auch mit der Erwähnung der Rückeroberung Württembergs [22. Mai 2013] übereinstimmen.

Nachweise

Aussteller

Hessen, Landgrafen, Philipp der Großmütige

Weitere Personen

Hessen, Landgrafen, Wilhelm IV. · Sachsen, Herzöge, Agnes, Frau Johann Friedrichs II., verw. Kurfürstin von Sachsen, geb. Landgräfin von Hessen · Pfalz-Zweibrücken, Pfalzgrafen, Anna, Frau Wolfgangs, geb. Landgräfin von Hessen · Lutter, Heinrich von · Cyriax, Schultheiß in Hersfeld · Walter, Johann · Eystermann, Johann · Feige, Johann · Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Herzöge, Erich I. · Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Herzöge, Erich II. · Nassau-Breda, Grafen, Heinrich III. · Nassau-Dillenburg, Grafen, Wilhelm der Reiche · Hessen, Landgrafen, Christine, Frau Philipps des Großmütigen, geb. Herzogin von Sachsen · Mecklenburg, Herzöge, Heinrich V. · Mecklenburg-Schwerin, Herzöge, Magnus III. · Württemberg, Herzöge, Ulrich · Württemberg-Mömpelgard, Grafen, Georg I. · Pfalz-Veldenz, Grafen, Ruprecht · Brandenburg, Markgrafen, Joachim I. Nestor · Sachsen, Herzöge, Georg · Rau von Holzhausen, Adolf · Malsburg, Hermann von der · Kolmatsch, Georg von · Boyneburg, Sigmund von · Bischofferode, Eberhard von · Calenberg, Heiderich von · Kochen, Ludwig · Sachsen, Herzöge, Johann · Waldenstein, Werner von · Schenk, Rudolf · Schleigern, Hartmann · Nußpicker, Georg · Riedesel, Volpert · Thann, Alexander von der · Nußpicker, Michael · Schwan, Vergil · Sachsen, Herzöge, Elisabeth, Frau Johanns, geb. Landgräfin von Hessen · Dänemark, Könige, Christian III. · Sickingen, Franz von · Karl V., Kaiser · Ferdinand I., Kaiser · Kronberg, Hartmann von · Weiter, Jost von · Scholley, Hermann von · Nordeck, Hermann · Jost, Hermann · Pflug, Johann

Weitere Orte

Marburg (Lkr. Marburg-Biedenkopf) · Haina (Lkr. Gießen) · Merxhausen (Lkr. Kassel) · Oberkaufungen (Lkr. Kassel) · Wetter (Lkr. Marburg-Biedenkopf) · Treysa (Schwalm-Eder-Kreis) · Bad Hersfeld (Lkr. Hersfeld-Rotenburg) · Homberg/Ohm (Vogelsbergkreis) · Romrod (Vogelsbergkreis) · Alsfeld (Vogelsbergkreis) · Ulrichstein (Vogelsbergkreis) · Schotten (Vogelsbergkreis) · Lichtenberg (Lkr. Darmstadt-Dieburg) · Reinheim (Lkr. Darmstadt-Dieburg) · Battenberg (Lkr. Waldeck-Frankenberg) · Fridwald · Seulingswald · Kassel (Stadt Kassel) · Kassel (Stadt Kassel), Stiftskirche auf der Freiheit

Sachbegriffe

Testamente · Söhne · Töchter · Primogenitur · Erbe · Testamentsvollstrecker · Vormünder · Universitäten · Spitäler · Oberamtmänner · Kanzler · Spitalmeister · Schmuck · Legate · Schulmeister · Herzöge · Grafen · Schöffen · Lohn · Wittume · Verschreibungen · Pfandschaften, Ablösen von · Könige · Grabmäler

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

am Original

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16455 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16455> (Stand: 28.03.2024)