Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Gründung der privaten Reformschule in Hochwaldhausen, 4. März 1912

Der deutsche Reformpädagoge Georg Hellmuth Neuendorff (1882–1949) erhält die ministerielle Genehmigung zur Errichtung einer privaten Reformschule in Hochwaldhausen (Oberhessen), die als „Dürerschule“ bis 1920 besteht.

Zuvor hatte Neuendorff gemeinsam mit 30 namhaften Persönlichkeiten, darunter auch der deutsche Schriftsteller Thomas Mann (1875–1955), für die Gründung einer Freien Schulgemeinde in dem erst seit 1903 bestehenden, im Aufbau befindlichen Luftkurort geworben. Unterstützt wurde er dabei vom Gründer der Ortschaft, dem deutschen Bäderunternehmer Jean Berlit (1848–1937), der sich beim Großherzoglichen Kreisamt in Lauterbach persönlich für die Genehmigung der geplanten Schulgründung einsetzte.¹

Die Reformschule, die am 2. September 1912 als private Oberschule mit Internat offiziell eröffnet wird, erwirbt sich zunächst einen guten Ruf und wird zum Anziehungspunkt für das gehobene Bürgertum im ganzen Deutschen Reich. Der weltanschaulich der Freideutschen Jugend und dem Wandervogel nahestehende Pädagoge, der sich auch als Schriftsteller betätigt, stößt jedoch aufgrund seines autoritären Führungsstils und seiner antisemitischen Einstellung nach einigen Jahren auf Widerstand, der sich nach der Novemberrevolution 1918 vor allem in der Schülerschaft verhärtet. Der durch den Selbstmord einer Internatsschülerin im Herbst 1920 aufgedeckte systematische Missbrauch von Schülerinnen durch Neuendorff führt Ende 1920 schließlich zur Schließung der Dürerschule. An ihrer Stelle wird 1921 die Bergschule Hochwaldhausen gegründet.
(KU)

1. Peter Dudek, „Wir wollen Krieger sein im Heere des Lichts“, S. 38. ↑