Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Proteste gegen „Interessengemeinschaft zigeunergeschädigter Bürger“, 26. Juli 1982

Der Frankfurter CDU-Stadtverordnete Hans Schönberger ruft eine „Interessengemeinschaft zigeunergeschädigter Bürger“ ins Leben, was auf empörte Reaktionen in der Bevölkerung und auf Verlegenheit in seiner Partei stößt.

SPD-Fraktion, Grüne und die Evangelische Diakonie stellen sich geschlossen gegen die Aussagen Schönbergers und fordern diesen auf, sein Stadtverordnetenmandat niederzulegen. Die SPD verkündet, Schönberger offenbare „ein solches Maß an Intoleranz und Haß und einen so erschreckenden Mangel an Verständnis für die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie, daß eine weitere parlamentarische Zusammenarbeit mit Schönberger den Sozialdemokraten nicht mehr zugemutet werden könne. Die Vertreter der SPD würden daher an den Sitzungen des Grundstücksausschusses, so lange nicht mehr teilnehmen, wie Schönberger ihn als Repräsentant der CDU-Fraktion leite.“1 Die Evangelische Diakonie ist über den „Zungenschlag“ Schönbergers schockiert: „Wir können die unchristliche Diffamierung benachteiligter Gruppen nicht widerspruchslos hinnehmen und erwarten eine solche Einstellung auch von den politisch Verantwortlichen in unserer Stadt“, schreibt das Diakonische Werk.2

Die CDU-Fraktion hingegen stellt sich geschlossen hinter Schönberger und lässt verlauten, sie „schließe sich der Auffassung ihres Stadtverordneten Hans Schönberger an, daß die Probleme, die es im Zusammenhang mit der Einbruchskriminalität von Zigeunerkindern gebe, gelöst werden müßten. Von der Feststellung ausgehend, daß im letzten Jahr rund 1800 Einbrüche auf das Konto von Landfahrerkindern gingen, teilt die Fraktion Schönbergers Ansicht, daß diese Entwicklung und die möglichen Konsequenzen der öffentlichen Auseinandersetzung bedürften. Über eine Änderung des Ausländerrechts müsse eine Abschiebung der Verantwortlichen gestattet werden.3

Die Fraktion der Grünen stellt schließlich einen Antrag vor dem Stadtparlament, der „Rassistische Aktivitäten des CDU-Stadtverordneten Schönberger“ überprüfen soll. Unter der Leitung des Abgeordneten Milan Horáček wollen sie damit einen Beschluß herbeiführen, wonach die Stadtverordnetenversammlung ihr Mitglied Schönberger auffordere, „seine menschendiskriminierenden Aktivitäten einzustellen“. Gefordert wird eine Distanzierung des Stadtparlaments von den „rassistischen Aktivitäten“, die, „gerade auch gegen Zigeuner, Nährboden antidemokratischer Staats- und Gesellschaftsformen seien, von denen der Faschismus die extremste Form darstelle. Rassismus ist gegen die international anerkannten Menschenrechte gerichtet. Demokratie und Rassismus sind unvereinbare Gegensätze“.4
(NT)


  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.8.1982, S. 23: Die SPD schneidet Schönberger.
  2. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.8.1982, S. 19: Evangelische Diakonie: „Unchristliche Diffamierung“.
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.8.1982, S. 37: Die CDU stellt sich hinter Schönberger: „Vorwurf des Rassismus und der Volksverhetzung unberechtigt“.
  4. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.8.1982, S. 30: „Zigeunerspuk“ kommt vors Stadtparlament.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Proteste gegen „Interessengemeinschaft zigeunergeschädigter Bürger“, 26. Juli 1982“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1461> (Stand: 24.10.2022)
Ereignisse im Juni 1982 | Juli 1982 | August 1982
Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31