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KDR 100, TK25 1900 ff.
Urkataster+
Neukirchen
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 64. Neukirchen

Neukirchen

Stadtteil · 259 m über NN
Gemeinde Neukirchen, Schwalm-Eder-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

9 km südöstlich von Ziegenhain

Lage und Verkehrslage:

Stadt mit komplexem Grundriss an der Einmündung des Urbachs in die Grenff. Altstadt mit annähernd kreisrundem Umriss (Reste der ehemaligen Stadtmauer erhalten) in Tallage auf dem rechten Ufer der Grenff. Kirche in zentraler Lage; davor annähernd dreiecksförmiger Marktplatz. Die ausgeprägt regelhafte Bebauung der Altstadt folgt im Westen und Süden dem als Halbrund ausgebildeten Verlauf der Untergasse, im Osten dem annähernd gradlinigen Verlauf der Burgtorgasse, während im Norden bzw. Nordwesten die am ehemaligen Treysaer Tor spitz zusammenlaufenden Obergasse und Hospitalgasse die Siedlungsachsen bilden. Die moderne, aufgelockerte Bebauung im weiteren Umfeld der Altstadt orientiert sich vor allem an dem Verlauf der überörtlichen Straßen.

Durch Neukirchen führt die Bundesstraße 454 im Zuge der alten Messestraße Köln - Leipzig. Daneben ist die Stadt über die Landesstraßen L3156 und L3158 an das Straßenverkehrsnetz angebunden.

Unter den weiteren überörtlichen Straßen verdienen die alten Amtsverbindungen nach Alsfeld (über Nausis, Immichenhain, Hattendorf) und Schwarzenborn (über Hauptschwenda) Erwähnung.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bad Hersfeld – Schwalmstadt/Treysa (Inbetriebnahme der Strecke 1.8.1907) bis zur Stilllegung der Strecke am 10.9.1984.

Ersterwähnung:

1142

Siedlungsentwicklung:

Wohl im Zuge der Neuorganisation der Gerichts- bzw. Amtsverwaltung der Grafschaft errichtet Graf Johann I. von Ziegenhain kurz vor 1331 in Neukirchen eine Burg. 1331 wird der Ritter Helwig von Rückershausen als Erbburgmann auf dieser als neuerbaut bezeichneten Burg eingesetzt. Auf die vermutete Lage dieser Burg außerhalb der späteren Stadtummauerung in der Grenffniederung deutet die Bezeichnung Burgtor sowie der Flurname Burgwiese. Zeitpunkt der späteren Aufgabe oder Zerstörung der Burg nicht bekannt.

Im Zuge des Ausbaus dieses neuen Amtsmittelpunkts erwerben die Grafen von Ziegenhain seit etwa 1340 größeren Besitz in und um Neukirchen.

Die 1340 noch als Dorf bezeichnete Siedlung entwickelt sich im Laufe der beiden nächsten Jahrzehnte zur Stadt.

1369 bestimmen die Grafen von Ziegenhain, die Einnahmen aus dem Zapfrecht der Stadt für Bauten und Befestigungen in Neukirchen zu verwenden.

Die kreisförmig umwehrte Stadt verfügte ehemals über 3 Tore: das Treysaer Tor im Norden (abgebrochen 1822), das Burgtor oder Hersfelder Tor im Süden (bei der heutigen Ecke Burgtorgasse/Obergasse; abgebrochen 1822) und die Mühlpforte im Westen (Abbruch 1. Hälfte 19. Jahrhundert). Ein Rundturm neben dem Treysaer Tor im 18. Jahrhundert als Gefängnis benutzt, 1854 durch Brand beschädigt und später mit dem nordwestlichen Teil der Stadtmauer abgebrochen.

Eine Ausdehnung der Stadt über den alten Mauerring hinaus erfolgte bereits im 16. Jahrhundert entlang der Messestraße: vor dem ehemaligen Burgtor entstand die sogenannte Vorstadt, vor dem ehemaligen Treysaer Tor die Siedlung Im Franken.

Eine wesentliche Siedlungsausweitung erfuhr Neukirchen dann erst nach dem 2. Weltkrieg u.a. durch seine Funktion als Kneipp- und Luftkurort.

Auf wüste Siedlungen weisen die Flurnamen Angersbach und Witgerode (3 km nördlich von Neukirchen).

1928 erfolgt die Eingemeindung von Teilen der aufgelösten Gutsbezirke Forst Neukirchen und Forst Immichenhain.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Vgl. Siedlungsentwicklung

Umlegung der Flur:

1939

Älteste Gemarkungskarte:

1746

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3524300, 5637213
UTM: 32 U 524216 5635398
WGS84: 50.869756° N, 9.344146° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

634017050

Flächennutzungsstatistik:

  • 1838 (Kasseler Acker): 2419 stellbares Land, 1775 Wiesen, 165 Gärten, 85 Triesche, 933 Wald.
  • 1885 (Hektar): 1447, davon 558 Acker (= 38.56 %), 455 Wiesen (= 31.44 %), 325 Holzungen (= 22.46 %)
  • 1961 (Hektar): 2475, davon 1329 Wald (= 53.70 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1533: ca. 200 Häuser.
  • 1585: 240 Hausgesesse.
  • 1639: 83 Ehepaare, 6 Witwer, 29 Witwen, 87 verlassene Hausstätten.
  • 1681: 119 Hausgesesse, 17 Ausschuss, 5 Junggeselle.
  • 1705: 168, 1747: 205 Hausgesesse.
  • 1777: 11 Metzger, 27 Schuhmacher und Lohgerber, 8 Schneider, 19 Leineweber, 20 Bäcker, 16 Schreiner, Glaser, Zimmerleute, Wagner, 10 Schlosser, Schmiede, Zinngießer, 6 Scheuermacher, 1 Zeugmacher, 20 Krämer, 1 Hutmacher, 5 Sattler, 2 Weißgerber, 4 Bänderer, 3 Drechsler, 5 Seifensieder, 5 Schutzjuden, 6 Maurer, 2 Töpfer und Ziegler, 1 Seiler, 4 Färber, 4 Braumeister und Knechte, 3 Chirurgen, 1 Bader, 1 Apotheker, 1 Gärtner, 1 Perruquier, 4 Musiker, 2 Gastwirte, 5 Wein- und Branntweinschenker, 4 Lohnschäfer, 30 Tagelöhner, 65 ledige Weibspersonen, 4 Müller.
  • 1777: 211 Häuser, 16 besondere Scheunen, 4 Mühlen mit 1313 Einwohnern.
  • 1834: 1960, 1885: 1540 Einwohner.
  • 1838 (Familien): 24 Ackerbau, 370 Gewerbe, 54 Tagelöhner.
  • 1861: 1720 evangelisch-reformierte, 17 evangelisch-lutherische, 8 römisch-katholische Einwohner.
  • 1885: 1540, davon 1411 evangelisch (= 91.62 %), 16 katholisch (= 1.04 %), 9 andere Christen (= 0.58 %), 104 Juden (= 6.75 %)
  • 1925: 1626, 1939: 1714, 1950: 2871, 1961: 2733 Einwohner.
  • 1961 (Erwerbspersonen): 103 Land- und Forstwirtschaft, 576 produzierendes Gewerbe, 194 Handel und Verkehr, 263 Dienstleistungen und Sonstiges.
  • 1961: 2733, davon 2211 evangelisch (= 80.90 %), 470 katholisch (= 17.20 %)

Diagramme:

Neukirchen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Bis zur Bildung des Gerichts Neukirchen (vor 1360/67) Zubehör des Gerichts auf den Wasen (Amt Ziegenhain)
  • Im 18. Jahrhundert umfasste das Amt die Ortschaften Asterode, Görzhain, Hattendorf, Holzburg, Nausis, Riebelsdorf, Rückershausen, Schrecksbach und die Höfe Krausenberg und Wicherode sowie die adligen Besitzungen Brünchenhain, Eigenhof, Immichenhain und Völkershof
  • 1360/67 und später: Gericht (Amt) Neukirchen
  • 1807-1813: Königreich Westfalen, Departement der Werra, Distrikt Hersfeld, Kanton Neukirchen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Grafschaft Ziegenhain, Amt Neukirchen
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Ziegenhain
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Fritzlar
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Ziegenhain
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Ziegenhain
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Schwalm-Eder-Kreis

Altkreis:

Ziegenhain

Gericht:

  • a) Gericht (Amt) Neukirchen:
  • Bildung im Anschluss an die bis 1331 erbaute Burg. Neben Neukirchen wurden dem Gericht zwölf weitere Orte zugeschlagen, die bis dahin zum Gericht auf den Wasen gehörten (vgl. Mittelpunktfunktionen).
  • Mit der Erhebung Neukirchens zur Stadt wurde die 1368 wohl schon vollzogene Trennung von Land- und Stadtgericht vorgenommen.
  • 1368 ist das Amt Neukirchen zu einem Teil an die von Gleimenhain und von Urff, unter dem Neukirchener Amtmann Guntram von Urff offenbar ganz verpfändet, denn 1406 wird diese Pfandschaft durch Landgraf Hermann mit Hilfe der Städte Alsfeld, Homberg und Kassel gelöst.
  • 1407 bewittumt Graf Johann II. von Ziegenhain seine Gemahlin Elisabeth von Waldeck mit Schloss Neukirchen, Burg und Stadt.
  • 1421 ist Neukirchen wieder an die von Urff versetzt.
  • Unter landgräflicher Gerichtherrschaft war das Amt wiederholt an die jeweiligen Amtmänner verpfändet.
  • Das Gericht Neukirchen umfasste nach Rechnungen aus den Jahren 1475 und 1482 die Orte Asterode, Berf, Ellingrode, Hattendorf, Holzburg, Nausis, Riebelsdorf, Rückershausen und Schrecksbach.
  • Das mit dem Amt identische (Land-)Gericht Neukirchen verfügte über die hohe und niedere Gerichtsbarkeit und war hinsichtlich der hohen Gerichtsbarkeit auch zuständig für die Stadt (1556). Bei Zwiespältigkeit des Spruchs des (Land-)Gericht in bußwürdigen Sachen fungierte das Stadtgericht Neukirchen als Oberhof. Oberhof für peinliche Fälle in Amt und Stadt war das Stadtgericht Treysa. Seit 1570 wurden die peinliche Fälle in Amt und Stadt in Ziegenhain verhandelt.
  • Frühe Gerichtstatten nicht bekannt.
  • Amtshaus 1636 genannt (damals verbrannt, Neubau an gleicher Stelle unter Hinzunahme des Grundstücks des ehemaligen städtischen Tuchhauses.
  • Als Gefängnis diente im 18. Jahrhundert der Turm beim Treysaer Tor (siehe Siedlungsentwicklung).
  • Auf eine ehemalige Richtstätte weist der Flurname Galgenstrauch 0,5 km nördlich der Stadt.
  • Amtmann 1388.
  • Rentmeister 1462.
  • Die Rentmeister scheinen bis zur Einführung des Schultheißenamtes (1543 erstmals erwähnt) auch diese Funktion ausgeübt zu haben.
  • Rentmeister bzw. Schultheißen führten den Vorsitz im Land- und Stadtgericht und wahrten seit Anfang 17. Jahrhundert auch die landgräflichen Rechte in den Gerichten Ottrau und Röllshausen.
  • Die Funktion des Rentmeisters übernahm 1548 der Rentschreiber, der seinen Sitz in Ziegenhain hatte.
  • An die Stelle des Schultheißen trat 1771 der Amtmann.
  • b) Stadtgericht Neukirchen:
  • Gebildet im Zuge der Stadtgründung mit der Zuständigeit für die niedere Gerichtbarkeit. Diese stand dem Landes- bzw. Stadtherrn und dem Rat der Stadt zu gleichen Teilen zu. Die hohe Gerichtsbarkeit wurde vom (Land-)Gericht (Amt) Neukirchen wahrgenommen (vgl. oben unter Amt).
  • c) Spätere Gerichtszuordnung von Neukirchen:
  • 1822: Justizamt Neukirchen.
  • Seit 1867: Amtsgericht Neukirchen.

Herrschaft:

Stadtgründung in Anlehnung an die bestehende Burg 1340/60.

Bürgermeister, Schöffen und burgere gemeynliche czu Nuwenkirchen 1368 genannt (Urkunden H Grafschaft Ziegenhain).

Stadtsiegel erstmals 1444 überliefert (Demandt-Renkhoff Nr. 92).

Stadtherren waren zunächst die Grafen von Ziegenhain, seit 1450 die Landgrafen.

1450 bestätigen diese der Stadt ihre hergebrachten Rechte und Freiheiten.

An der Spitze der Stadt standen 1368 und später Bürgermeister und Schöffen, die den Rat bildeten. Wahl des Bürgermeisters durch den Rat; Bestätigung durch den Stadtherrn.

Seit 1544: 2 beständige Bürgermeister (consul, proconsul), die jährlich in der Amtsführung wechselten. Beim Tode eines Bürgermeisters wurde von der Stadt ein neuer gewählt; Bestätigung durch den Landesherrn. Vertretung der Gemeinde (1585: der gemeine Vorstand): 12 Vorsteher, Verwaltung ausgeübt durch 6 Stadtvorsteher, je 3 aus dem Rat und den Gemeindevorstehern. Aufhebung dieser Regelung 1655, nach Wiedereinführung noch 1777 bezeugt.

Rathaus am Markt 1533 abgebrannt; an gleicher Stelle wurde 1536 ein Neubau errichtet.

Beauftragte der Herrschaft siehe unter Gericht.

Gemeindeentwicklung:

Am 31.12.1971 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der Gemeinden Asterode, Christerode, Hauptschwenda, Nausis (Neukirchen), Riebelsdorf und Rückershausen in die Stadt Neukirchen, die dadurch eine vergrößerte Stadtgemeinde bildete. Zu deren weiterer Entwicklung s. Neukirchen, Stadtgemeinde.

Sitz ist weiterhin Neukirchen.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1295 vertauscht Kloster Immichenhain der Johanniterkommende Grebenau den dritten Teil eines Güterkomplexes in Neukirchen, den die Nonne Adelheid, Tochter Ruperts von Schrecksbach, in das Kloster eingebracht hatte.
  • Nach dem Bau der Burg Neukirchen bemühten sich die Grafen von Ziegenhain um die Vermehrung ihres Grundbesitzes in Neukirchen und Umgebung:
  • 1336 vertauschen sie Gerlach von Leimsfeld das gräfliche Gut zu Herzhausen gegen das halbe Gut Gerlachs in Neukirchen.
  • 1340 überlässt Kloster Immichenhain den Grafen tauschweise seine Güter zu Neukirchen, Nieder-Urbach und Rückershausen.
  • Am selben Tag vertauscht Kloster Spieskappel den Grafen alles, was es an Zinsen, Äckern, Wiesen und Holz im Dorf und der Dorfmark zu Neukirchen besessen hatte, dazu auch den Wilsberg und die Blankenstrut sowie die Hälfte des Zehnten daselbst.
  • 1349 vergleicht sich Graf Johann von Ziegenhain mit Kloster Haina nach vorhergehender Messung über den bisher gemeinsamen Besitz an Einkünften und Gütern zu Neukirchen: Haina erhält 4 Hufen, von denen eine Konrad von Asterode und Erben, 2 dessen Frau und Erben und eine Bertold Lyppere und Erben besitzen, mit allen Rechten und Nutzungen der übrigen gräflichen Hufen ebenda. Von jeder Hufe sind dem Kloster bestimmte Abgaben zu liefern, widrigenfalls es auf den Hufen pfänden kann. Weiterhin freit der Graf Haina einen Hof zu Neukirchen bei dem Pfarrhof. Die Beständer dürfen jedoch auf dem Hof weder Schank noch feilen Kauf halten. Schließlich soll der zwischen Graf und Kloster strittige Ermudeshein halb dem Grafen, halb dem Klosterhof Ransbach gehören.
  • 1350 vertauschen die Grafen von Ziegenhain Haina 15 Hofstätten zu Neukirchen samt zugehörigen Äckern und Gärten.
  • 1355 verkauft die Propstei Johannesberg/Hersfeld jährliche Einkünfte von einem Gut zu Neukirchen.
  • 1360/67 zinsen 24 Hufen und zwei Mühlen zu Neukirchen an die herrschftliche Schlossküche zu Ziegenhain.
  • 1369 bekennt Orte Jordan, dass ihm Graf Gottfried von Ziegenhain eine Hufe Landes, genannt die Urff-Hufe, vor der Stadt Neukirchen verkauft habe.
  • 1444 verpfänden die Grafen von Ziegenhain Kloster Immichenhain für 200 Gulden Einkünfte aus ihren Hufen zu Neukirchen.
  • 1406 verpfändet der Neukirchener Bürger Otto von Swigkirshusen 1 Pfund Pfennige erblicher Gülte aus seinem Hof in Neukirchen, in der Vordergasse gelegen, an Kloster Immichenhain.
  • 1459 belehnt Landgraf Ludwig von Hessen den Schreiber seines Erbmarschalls Hermann Riedesel, Conrad Hengkis, mit Haus, Hofstatt und Hufe zu Neukirchen, wie es schon sein Vater getan hatte.
  • 1504 gibt Curt Gesik zu Rückershausen eine Wiese in der Goldbach an die Bruderschaft St. Jakob und St. Sebastian in der Pfarrkirche zu Neukirchen.
  • 1506 verpfändet der Neukirchener Bürger Witzel Schorlingk seinem Bruder Wigand, Mönch bei den Alsfelder Augustinern, eine Gülte aus seinem Garten zu Neukirchen.

Zehntverhältnisse:

1340 vertauscht Kloster Spieskappel den Grafen von Ziegenhain alles, was es an Zinsen, Äckern, Wiesen und Holz im Dorf und der Dorfmark zu Neukirchen besessen hatte, dazu auch den Wilsberg und die Blankenstrut sowie die Hälfte des Zehnten daselbst (vgl. Besitz).

1360/67 war der Zehnte zu Neukirchen größtenteils in ziegenhainischem Besitz.

1450 einigen sich die Grafen mit den Schenken zu Schweinsberg und den Finken, deren Ganerben, hinsichtlich der Respektierung der jeweiligen Rechte am Zehnten zu Neukirchen.

Um 1585 ist der Zehnte zu Neukirchen landgräflich.

Ortsadel:

Adlige 1142-1285.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Kirche zu 1142 zu erschließen (vgl. Namensform der Ersterwähnung).
  • 1444 wurde die Marienkapelle auf dem Frauenberg am heutigen West-Ost-Rand von Neukirchen (jenseits der Eisenbahnlinie) erbaut.
  • Die vom letzten Ziegenhainer Grafen Johann II. (gestorben 1450) gegründete und durch private Schenkungen gut dotierte Kapelle wurde von einem Altaristen versehen (Hochhuth S. 672); aus dieser Altaristen-Stelle entstand nach der Reformation der Diakonat der Pfarrkirche. Schon Anfang 18. Jahrhundert wurde die Marienkirche mit der 1502 angebauten Kapelle (Stiftung) als Friedhofskapelle genutzt (vgl. Schleenstein, Landesaufnahme: Todenkirch 1708/10).
  • Katholische Seelsorgestelle nach 1945;
  • 1964 zur Pfarrkuratie Neukirchen erhoben;
  • Kirche 1958.

Patrozinien:

  • Maria [1444]
  • Nikolaus

Pfarrzugehörigkeit:

Pfarrkirche, die seit Mitte 13. Jahrhundert Sitz des Pfarrei der alten Archipresbyterats- und Mutterkirche in Ottrau war und deren Funktion übernahm, auch wenn im amtlichen Sprachgebrauch weiterhin die Bezeichnung der Pfarrei nach Ottrau überwog.

1461: Steina eingepfarrt.

1569 gehörten zur Pfarrei (Ottrau-)Neukirchen außer der Stadt selbst Rückershausen, Riebelsdorf, Asterode, Nausis und Schorbach;

1585 ferner Florshain, Klaushof, Kleinropperhausen, Wincherode.

1742: Riebelsdorf Vikariat, Rückershausen, Asterode, Nausis mit Wincherode und Klaushof, Schorbach Filiale von Neukirchen.

1780 und später versieht der Erste Stadtprediger (Metropolitan) neben Neukirchen zugleich Filiale Schorbach; Asterode und Nausis (mit Wincherode und Klaushof) eingepfarrt.

Der zweite Stadtprediger (Diakon) versieht seit 1761 zugleich Vikariat Riebelsdorf mit Filiale Rückershausen.

Zur Klasse Neukirchen gehörten die Pfarreien Breitenbach, Immichenhain, Lingelbach, Neukirchen, Oberaula, Ottrau, Röllshausen, Schrecksbach und Schwarzenborn.

Patronat:

Patron der Pfarrkirche war Kloster Hersfeld; so noch 1569 und 1585;

später landesherrliches Patronat.

Den Kapellan präsentierten (endgültig seit 1761) alternierend der Landesherr bzw. der Metropolitan und die zwei ältesten Schöffen der Stadt (Hochhuth S. 676).

Diakonische Einrichtung:

1907-1978 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus); 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 218 eine Gemeindestation mit einer Schwester, Kleinkinderschule

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Albert Dörbecker 1527 bis ca. 1536

Reformierter Bekenntniswechsel: 1605

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Archipresbyterat Ottrau-Neukirchen im Archidiakonat St. Peter Fritzlar.

Juden:

Provinzial-Rabbinat Marburg

1744: 4 jüdische Familien.

1777: 5 Schutzjuden bzw. 28 Juden.

1835: 78, 1855: 94; 1861: 94 Juden; 1895: 113; 1905: 91; 1925: 107 Juden; 1932/33: 108 Juden

Synagoge mit Schule (diese wohl ab 1835 im 19. Jahrhundert vorhanden, wohl in einem einfachen Haus untergebracht. 1933 wurde die Schule geschlossen.

Berufe: Viehhändler und Geschäftsleute

Friedhof nordöstlich der Altstadt rechts an der Schwarzenborner Straße. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

Schulmeister: Johannes Dörbecker 1579(?)-ca. 1587; 1768 erste Volksschule; 1852 zweite Volksschule; 1878 dritte Volksschule; 1910 Volksschule mit vier Klassen

1836 Handwerkerschule

1947-1950: Privates Realgymnasium Melanchtonschule (s. u. Steinatal)

Hospitäler:

Dem vor Mitte des 17. Jahrhunderts vorhandenen städtischen Hospital stiftete die Witwe Kunigunde Franke 1647 ihr Haus in der Obergasse.

Anstelle des alten Hospitals entsteht 1757 am West-Ende von Neukirchen ein neues Hospital (10 Pfründen) im Ortsteil Im Franken (s. d.).

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Stadtbrände:

1533 (Stadtkirche, Rathaus und über 150 von ca. 200 Häusern).

Im 30jährigen Krieg wurden viele Häuser der sogenannten Oberstadt zerstört.

1854 fast ein Viertel der Stadt abgebrannt.

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

a) Amt (Gericht) Neukirchen:

Das Amt (Gericht) Neukirchen umfasste bei seiner Bildung Neukirchen, Asterode, Nausis, (Wüstung) Oberschrecksbach, (Wüstung) Kesingen, (Wüstung) Winderode, Immichenhain, Berf(-hof), Hattendorf.

1355 zählen ferner dazu: Görzhain, (Wüstung) Ellingerode, (Wüstung) Stanrode.

1464 wird Steina dem Amt Ziegenhain zugeschlagen.

Seit 1606 wird das Gericht Röllshausen mit den Orten Röllshausen, Salmshausen, Schönberg, seit 1609 das Gericht Ottrau mit Ottrau, Berfa und Kleinropperhausen in Personalunion vom Gerichtbeamten des Amtes Neukirchen versehen.

b) Archipresbyterat Ottrau-Neukirchen:

Im 15. Jahrhundert umfasste der Archipresbyterat Ottrau-Neukirchen die Pfarrkirchen: Asbach, Eudorf, Frielingen, Hersfeld, Kirchheim, Niederaula, Obergeis (alle Altkreis Hersfeld), Ottrau, Schönberg und Schrecksbach;

1425 und 1432 ferner Mecklar (Altkreis Hersfeld).

Wirtschaft:

Haupterwerbsquelle für die städtischen Einwohner waren stets Landwirtschaft und Handwerk.

Um 1585 Zünfte für Leineweber und Schleiermacher, Bäcker, Schuhmacher, Schneider und Metzger (S 640); später auch für Tuchmacher, Strumpfstricker, Hutmacher, Spitzenklöppler, Blaufärber und Schreiner.

Spitzenklöppelei bis Mitte 19. Jahrhundert von einiger Bedeutung, ferner Blaufärberei (Blaufärbergasse!).

Kurzzeitiger Braunkohleabbau im Steinatal an der nördlichen Gemarkungsgrenze der Stadt (1842- 1852).

Ziegelhütte in Florshain (s. d.).

Gerberei seit 1840.

Anfang 20. Jahrhundert Ziegelei mit Sägewerk; ein weiteres Sägewerk nach 1914 errichtet.

Mühlen:

1360/67 zinsen 24 Hufen und zwei Mühlen zu Neukirchen an die herrschaftliche Schlossküche zu Ziegenhain.

1386 gestatten die Grafen von Ziegenhain ihrem Neukirchener Bürger Johann von Melsungen, auf gräflichem Grund und Boden vor dem Schloss Neukirchen binnen eines Jahres eine Mühle zu bauen.

1495 belehnt Landgraf Wilhelm den Neukirchener Bürger R. Sauer mit der Stätte für eine Mahlmühle, wo zuvor eine Waldschmiede gestanden hat, gelegen zwischen Neukirchen und Rückershausen (vielleicht die spätere Wiesenmühle).

1613 (Dilich Tafel XIII) befinden sich außer der Wiesenmühle außerhalb der Stadtummauerung 4 weitere, an der Grenff gelegene Mühlen:

die spätere Ludwigsmühle vor dem Burgtor (1556: Mühle des Ludwig Kümmel mit 2 Gängen; 1777: Korn-, Schneide- und Walkmühle);

die herrschaftliche Mühle am Westrand von Neukirchen (1708/10 [Schleenstein, Landesaufnahme] und später: Kernmühle; 1556: 2 Gänge, 1777: Mahl-, Schlag- und Blaugang);

die spätere Lübecksmühle (so 1708/10 Schleenstein, Landesaufnahme) am Südrand von Neukirchen und

die spätere Ratsmühle (1556: 2 Gänge; 1777: Mahl-, Schlag- und Schneidemühle).

1777: 4 Mühlen mit ihren Müllern.

Markt:

Im 16. Jahrhundert: 2, später 3 Märkte;

unter Landgraf Moritz ein vierter Markt verliehen.

1770: 6 Jahrmärkte.

1855 und 1866: 6 Kram- und Viehmärkte, davon erhalten geblieben bis 1951: Neujahrs- und Ostermarkt.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Neukirchen, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4683> (Stand: 25.11.2022)