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KDR 100, TK25 1900 ff.
Urkataster+
Zierenberg
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 14. Zierenberg

Weitere Informationen

Zierenberg

Stadtteil · 281 m über NN
Gemeinde Zierenberg, Landkreis Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

10 km nordöstlich von Wolfhagen

Lage und Verkehrslage:

Stadt mit ursprünglich regelmäßig rechteckigem Grundriss in einem Talkessel Warme-Baches am Nordwestrand des Habichtwaldes. Vier parallel von Südwest nach Nordost verlaufenden Längsstraßen und entsprechenden Quergassen. Evangelische Pfarrkirche und rechteckiger Marktplatz in zentraler Lage (vgl. Siedlungsentwicklung). Das heutige Stadtgebiet von Zierenberg erstreckt sich weit nach Nordwesten, Südwesten und -osten. Katholische Pfarrkirchen südwestlich der Altstadt.

Im Westen verläuft die A 44, Verbindungsstraßen führen nach Wolfhagen, Kassel, Dörnberg und Ehlen.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Volkmarsen – Vellmar/Obervellmar (Inbetriebnahme der Strecke 1.9.1897).

Ersterwähnung:

1293

Siedlungsentwicklung:

Auf dem Dörnberg mit Helfenstein und Hohlestein südöstlich von Zierenberg fanden sich Stätten mit sichtbaren Überresten aus vorgeschichtlicher Zeit, die auf Wallanlagen schließen lassen.

Zierenberg selbst ist eine geplante Stadtgründung aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert, abseits von bedeutenden Fernstraßen. Bei der Stadtgründung griff Landgraf Heinrich auf die zum Kloster Hasungen gehörigen Dörfer Hedewichsen, Hilboldessen und Rohrbach zurück. Die Einigung deswegen mit dem Kloster erfolgte 1298. Der Gründungskern wurde im Leiterschema um einen rechteckigen Marktplatz mit Kirche gebildet und zunächst durch eine vorläufige Umwehrung geschützt. Die Stadtmauer war vermutlich schon 1308 in weiten Teilen funktionsfähig. Drei Stadttore: 1333 Ober- oder Hilboldesser Tor (im Westen), Schartenberger Ranger oder Hofgeismarer Tor (im Nordosten) und 1307 das Kasseler, Lutwarter oder Hospitaler Tor (im Südosten). Erweiterung in der Frühen Neuzeit nicht nötig. Rathaus um 1392 errichtet, 1450 vergrößert.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • oppidum (1298)
  • sloz (1307)
  • manicionum (1335)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

Älteste Gemarkungskarte:

1770

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3521090, 5692672
UTM: 32 U 521008 5690835
WGS84: 51.368382° N, 9.301782° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

633029070

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 2479, davon 1076 Acker (= 43.40 %), 204 Wiesen (= 8.23 %), 528 Holzungen (= 21.30 %)
  • 1961 (Hektar): 2624, davon 906 Wald (= 34.53 %)

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Zierenberg: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1585: Landgrafschaft Hessen-Marburg, Niederhessen, Amt Zierenberg (Schartenberg genannt)
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Zierenberg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Zierenberg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Zierenberg
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Zierenberg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Wolfhagen
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Wolfhagen
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Wolfhagen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Wolfhagen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Wolfhagen
  • 1972: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel

Altkreis:

Wolfhagen

Gericht:

  • bis 1822: Amt Zierenberg und Vogtei Hasungen (Assistenzamt Zierenberg)
  • 1822: Justizamt Wolfhagen
  • 1831: Justizamt Zierenberg
  • 1832: Justizamt Zierenberg
  • 1867: Amtsgericht Zierenberg
  • 1879: Amtsgericht Zierenberg
  • 1932: Amtsgericht Wolfhagen

Herrschaft:

1298 regelt Landgraf Heinrich von Hessen das Verhältnis der neu gegründeten Stadt Zierenberg gegenüber dem Kloster Hasungen. Er verzichtet auf Vogtsabgaben, behält sich aber das Patronatsrecht vor, da Kirchensachen mit der Gemeinde übergehen. Das Kloster soll in der Stadt Zierenberg einen freien Hof haben.

1325 beansprucht der Mainzer Erzbischof die Lehnshoheit über die Stadt Zierenberg.

1348 und 1356 erhält der Landgraf vom Kaiser das Recht, u.a. einen Freistuhl in Zierenberg und Schartenberg zu errichten. 1377 wird u.a. das Amt Zierenberg dem Curd Spiegel gegen jährliche Besoldung amtsweise befohlen.

1383 wird Zierenberg bei der gegenseitigen Verschreibung zwischen Herzog Otto von Braunschweig und Landgraf Hermann II. aufgefüht. 1395 versetzt Landgraf Hermann die Hälfte des Schlosses Schartenberg und der Stadt Zierenberg an den Ritter Friedrich von Hertingshausen. In der anderen Hälfte setzt er ihn als Amtmann ein.

Nach vorübergehender Besetzung durch Truppen des Bistums Paderborn ist der Ort um 1470 wieder hessisch.

Bis ungefähr war die Schartenburg 1470 Amtssitz, woraufhin man diesen vor 1555 nach Zierenberg in den Herrschaftlichen Renthof im Norden der Stadt am Schartenberger Tor verlegte.

Die Stadt:

Stadtsiegel 1304 (SIGILLVM CIVITATIS IN TYRBERG)

1307 urkunden und siegeln Bürgermeister (magister civium), Rat und Gemeinde zu Zierenberg.

Gemeindeentwicklung:

Am 1.12.1970 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der Gemeinde Laar in die Stadt Zierenberg. Zu deren weiterer Entwicklung s. Zierenberg, Stadtgemeinde. Verwaltungssitz ist weiterhin Zierenberg.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1298 erhält das Kloster Hasungen einen freien Hof und sechs Hufen. Es ist in der Folge neben den Landgrafen von Hessen wichtigster Grundherr in Zierenberg.
  • Mitte des 15. Jahrhunderts besitzt das Stift Kaufungen eine wüste Hofstätte mit Ländereien in Zierenberg, die von der Stadt wieder errichtet und dieser gegen Pacht ausgetan werden soll (Roques, Urkundenbuch Kloster Kaufungen 2, S. 57-59, Nr. 467-469)
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • capella (1298)
  • Pfarrer pleban (1310) [HStAM Bestand Urk. 27 Nr. 131]
  • 1352: Pfarrei (GR Zierenberg)
  • Spätgotische Hallenkirche mit ehemaligem Wehrturm und Chor aus dem 15. Jahrhundert. Schiff nach Brand im 15. Jahrhundert neu errichtet.
  • Heilig-Kreuz-Kirche (katholisch): Bau in der Ehlener Straße 1957, Neubau am Püttlinger Weg 1983 geweiht

Pfarrzugehörigkeit:

1585 gehören die Horkenhäuser Mühle und der Hof Rangen zur Pfarrei. In die protestantische Pfarrei Zierenberg sind 1872 die Kolonien Friedrichsau und Friedrichsstein sowie die Domänen Rangen und der Hof Laar eingepfarrt.

1983 kommt Burghasungen als Filialgemeinde hinzu, das zuvor zum Kirchspiel Ehlen gehörte.

Patronat:

1305 überließ Kloster Hasungen das Patronat über die Kapelle zu Zierenberg den Landgrafen (Grotefend LR 458). Dieser hat es 1585 und auch später inne.

Klöster:

Diakonische Einrichtung:

1890 - 1952 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Ludwig Pfennigfinder vor 1530 bis vor 1535

Reformierter Bekenntniswechsel: 1605

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Erzbistum Mainz, Archidiakonat St. Peter zu Fritzlar, Erzpriestersprengel Schützeberg

Die Klasse Zierenberg umfasst die Pfarreien Breuna, Dörnberg, Ehlen, Ehrsten, Ersen, Haueda, Martinhagen, Niederelsungen, Oberlistingen, Obermeiser, Westuffeln, Wettesingen und Zierenberg (Hochhuth 242-266).

Juden:

Provinzial-Rabbinat Kassel

1779 und 1791: 44; 1801: 61; 1835: 85: 1858: 136 (23 Familien); 1861: 132; 1905: 73; 1932/33: 57 Juden

Bereits im 14. Jahrhundert lebten vereinzelt jüdische Familien (Schutzjuden) in Zierenberg.

Auch im 30jährigen Krieg, sowie später während der Befreiungskriege waren Juden im Ort ansässig.

Bereits um 1600 bestand eine jüdische Schule im Ort. Das alte Synagogengebäude war in der Langen Straße 14. 1899 wird die neue Synagoge geweiht, in der Mittelstraße 41 gelegen. Sie verfügt über Schulraum und Mikwe. Im November 1938 wurde die Synagoge vollkommen zerstört, auch Wohnungen von Juden wurden demoliert. Nach 1945 ist keine Spur der Synagoge mehr vorhanden.

Im Ort gab es von 1837 bis 1922 eine jüdische Elementarschule. Danach nur noch Religionsunterricht.

Die meisten Juden waren in Handel und im Handwerk tätig.

Der Friedhof im Ort, an der Ehlener Straße im Jahr 1846 angelegt, wird 1938 verwüstet und 1939 wird ein Teil des Geländes von der Stadt gekauft.

Die jüdische Gemeinde nutzte vor 1846 den Friedhof in Meimbressen.

Kultur

Schulen:

1500 Schulmeister; 1543 Lateinische Stadtschule; 1680 Mädchenschule; 1835 drei Schulen; 1910 Volksschule mit vier Klassen

Hospitäler:

1780 Bau eines Hospitals, Renovierung im 19. Jahrhundert, ab 1890 Betreuung durch Diakonissen aus Kassel; Verwaltung durch Pfarrer und einen Beigeordneten (Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 103)

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Stadtbrände 1538, 1639, 1646, 1651, 1653, 1671 und 1707

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Verlegung des Amtssitzes Schartenberg nach Zierenberg vor 1555. 1585 umfasste das Amt Zierenberg (Schartenberg) die Dörfer Ehrsten, Ober- und Unterelsungen, Haueda, Ober- und Niedermeiser, Niederlistingen, Westuffeln und Zwergen. Die Dörfer Meimbressen, Ersen, Griemelsheim, Oberlistingen, Herlinghausen, Wettesingen und Breuna waren als adlig hiervon getrennt, gehörten jedoch zum Amt. Hinzu zählten noch die Höfe Rangen, Odinghausen und Roden.

1808-1813 Vorort des Kantons Zierenberg im Distrikt Kassel.

Wirtschaft:

Ackerbau und Viehzucht, Getreidehandel. Braurecht seit 1490 für eine Meile. Im 18. Jahrhundert zahlreiche Schumacher.

Um 1925: Basaltbrüche, Klinker- und Sägewerke, Imkereien

Mühlen:

1305 wird eine Mühle erwähnt

1577 werden folgende Mühlen genannt: Obermühle, Niedermühle, Pulvermühle und Schleifmühle

Markt:

Im 18. Jahrhundert vier Märkte ohne große Bedeutung: Mittwoch nach Lichtmeß (2.2.), 10 Tage vor Ostern, Mittwoch vor Johannis und Mittwoch vor Martini. Letzter Markt 1887 abgehalten

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Zierenberg, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2290> (Stand: 1.4.2022)