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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 23. Oberkaufungen
Gerichtsstätten
Gerichtsplatz in Vollmarshausen

Vollmarshausen

Ortsteil · 222 m über NN
Gemeinde Lohfelden, Landkreis Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

7,5 km südöstlich von Kassel

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf am Fahrenbach mit einfachem Grundriß und geringer Siedlungsdichte am Nordrand der Söhre südöstlich von Kassel. Kirche in zentraler Lage. Um 1900 Wandel der landwirtschaftlich geprägten Siedlungsstruktur durch Industrialisierung. Einschneidende Veränderungen erfolgen im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Siedlungs-, Rüstungs- und Kriegspolitik durch die Errichtung der Reichsautobahn I (heute A 7) sowie die Anlage von Industriebetrieben und Lagern (Vollmarshausen, Lager für das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Nr. 799, Gastwirtschaft Dippel, Vollmarshausen, Lager für polnische Zwangsarbeiter, Ziegelei). Nach dem Zweiten Weltkrieg durch Zuzug von Heimatvertriebenen und der Entstehung der Gemeinde Lohfelden Siedlungsentwicklung in alle Richtungen. Durch den Ort Vollmarshausen verläuft in Nord-Süd-Richtung die L 3236, von der Verbidnungsstraßen nach Nordwesten Richtung Kassel und A7 abzweigen.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Kassel/Bettenhausen – Söhrewald/Wellerode-Wald ("Söhrebahn") (Inbetriebnahme der Strecke 22.8.1912) bis zur Stilllegung der Strecke ca. 1975.

Ersterwähnung:

1019

Siedlungsentwicklung:

Gräberfeld aus der jüngeren Bronze- und älteren Eisenzeit am Sandhügel nordwestlich von Vollmarshausen

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (1019)
  • villa (1229)
  • Dorf (1368)
  • Dorfschaft (1744)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1870-1884

Älteste Gemarkungskarte:

1675-1695

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3539442, 5680958
UTM: 32 U 539352 5679125
WGS84: 51.262119° N, 9.564004° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

633017020

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 734, davon 490 Acker (= 66.76 %), 147 Wiesen (= 20.03 %), 1 Holzungen (= 0.14 %)
  • 1961 (Hektar): 739, davon 2 Wald (= 0.27 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1585: 48 Haush. (Der ökonomische Staat)
  • 1744: 78 Häuser mit 407 Bewohnern. 2 Wagner, 1 Maurer, 15 Leineweber, 2 Schneider, 1 Dachdecker, 2 Schmiede, 14 Tagelöhner, 2 Brandweinsbrenner, 1 Zimmermann, 1 Braumeister, 1 Bäcker, 2 Büchsenmeister, 1 Büchsenmacher, 2 Müller, 1 Schlosser, 2 Schreiner, 2 Schuhmacher, 1 Faßbinder
  • 1747: 55 Haush. (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
  • 1885: 1078, davon 1065 evangelisch (= 98.79 %), 2 katholisch (= 0.19 %), 11 andere Christen (= 1.02 %)
  • 1961: 2479, davon 2210 evangelisch (= 89.15 %), 216 katholisch (= 8.71 %)
  • 1970: 2880 Einwohner

Diagramme:

Vollmarshausen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1458: Landgrafschaft Hessen, Amt Neustadt Kassel
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Kassel, Gericht vor der Neuenstadt
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Waldau
  • 1814-1817: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Kaufungen
  • 1817-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Waldau
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1970: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel (s. Gemeindeentwicklung)

Altkreis:

Kassel

Gericht:

  • Seit dem 15. Jahrhundert: Dritter Schöppenstuhl
  • 1822: Landgericht Kassel
  • 1850: Justizamt Kassel I
  • 1867: Amtsgericht Kassel II
  • 1879: Amtsgericht Kassel

Herrschaft:

1019 schenkt Kaiser Heinrich II. das Dorf dem Kloster Kaufungen, das zum wichtigsten Grundherrn vorort wird und einen Fronhof mit vier Hufen Land besitzt. 1308 erlässt Landgraf Heinrich dem Stift das Vogtgeld von seinen Gütern in Vollmarshausen. Nach 1527 fällt der Besitz an die Landgrafen von Hessen.

Gemeindeentwicklung:

Am 1.12.1970 schloss sich die Gemeinde Lohfelden im Zuge der hessischen Gebietsreform mit der Gemeinde Vollmarshausen zu einer größeren Gemeinde Lohfelden zusammen. Vollmarshausen wurde Ortsteil von Lohfelden.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Wichtigster Grundherr war das Kloster und spätere Stift Kaufungen (vgl. Herrschaft). 1338 verpachtet das Kloster Breitenau ein Hofgut in Vollmarshausen. 1368 hat das Kloster Ahnaberg (Kassel) Besitz in Vollmarshausen, das sogen. monchegut, und auch das Martinsstift besitzt Gefälle. 1484 sind die Brüder im Weißen Hof in Kassel im Besitz des sogenannten Gumprechtslehens (HStAM Bestand Urk. 33 Nr. 10).

Zehntverhältnisse:

1519 steht der Zehnte dem Stift Kaufungen zu

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Vicepleban (1306)
  • Pfarrer (1341) [HStAM Bestand Urk. 16 Nr. 146]
  • Klassizistischer Saalbau 1838/39 an der Stelle einer Vorgängerkirche, 1966/67 renoviert

Patrozinien:

  • Michael [1519]

Pfarrzugehörigkeit:

1536 noch selbständige Pfarrei, zu der Wellerode und vermutlich Ochshausen als Filial gehörten. 1585 nach Krumbach eingepfarrt, seit 1747 und auch 1872 Filial davon. Seit der Errichtung der Pfarrstelle Wellerode 1957 Unikatsgemeinde.

Patronat:

1527, aber vermutlich von Beginn an, hatte die Äbtissin von Kaufungen das Patronatsrecht inne. Nach der Reformation landgräflich

Diakonische Einrichtung:

1919 - 1931 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus); 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 78 Gemeindestation mit einer Schwester; 1919 - 1950 Schwesternstation (Landeskirchliches Archiv Kassel, E 1 Vollmarshausen v.O. Pfarrarchiv Vollmarshausen)

Bekenntniswechsel:

Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen ab 1526.

Erster nachweisbarer evangelischer Pfarrer: Johann [Nachname unbekannt] ca. 1536

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Erzbistum Mainz, Archidiakonat von St. Peter zu Fritzlar, Erzpriestersprengel Ditmold

Kultur

Schulen:

1910 Volksschule mit drei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Sitz des dritten Schöffenstuhls

Wirtschaft:

Landwirtschaft und zugehöriges Handwerk

Mühlen:

1308 überlässt Landgraf Heinrich von Hessen dem Stift Kaufungen u.a. Abgaben von einer molendino dicto vronmul (Roques, Urkundenbuch Kloster Kaufungen 1, S. 110-112, Nr. 111).

1685 hat die Obermühle (Welleröder Str. 42) zwei Mahlgänge und zwei Mühlräder, über die ein Walzenstuhl, ein Mahlgang, ein Schrotgang und eine Putzerei betrieben wurden. Der Betrieb wird 1942 eingestellt.

Die Untermühle (Kasseler Str. 35) wird 1742 vom damaligen Besitzer der Obemühle errichtet. Sie wird bis 1952 mit einem oberschlächtigen Wasserrad betrieben, dann erfolgt der Ausstausch gegen eine Turbine, bis der Betrieb 1972 eingestellt wird.

W. Reuter, Die früheren Mühlen in Vollmarshausen, in: 1000 Jahre Vollmarshausen, S. 87-107

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Vollmarshausen, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2281> (Stand: 22.9.2023)