Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Kelsterbach

Stadt · 107 m über NN
Gemeinde Kelsterbach, Landkreis Groß-Gerau 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

16 km nördlich von Groß-Gerau

Lage und Verkehrslage:

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bischofsheim – Frankfurt am Main/Niederrad ("Rhein-Main-Bahn II";"Main-Rhein-Bahn II") (Inbetriebnahme der Strecke 3.1.1863).

Ersterwähnung:

850

Siedlungsentwicklung:

1700 erbauen Waldenser nahe des Dorfes die Kolonie Neu-Kelsterbach. 1787 unterschied man noch zwischen Neu- und Altkelsterbach.

Historische Namensformen:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • 1569 erbaut Graf Wolfgang von Isenburg-Ronneburg ein Schloss (Wolfenburg).
  • 1600 verkauft Graf Wolfgang Heinrinch von Isenburg-Büdingen das neue Schloss, umgeben von Wassergräben, nebst Zubehör und veranschlagt auf 70000 fl. an Landgraf Ludwig V. von Hessen.
  • Um 1350 hat Kelsterbach das Burgrecht in Frankfurt.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3466348, 5547246
UTM: 32 U 466287 5545467
WGS84: 50.06053° N, 8.528989° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

433007000

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 4827, davon 2190 Acker, 44 Wiesen, 2594 Wald
  • 1961 (Hektar): 2266, davon 942 Wald (= 41.57 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1606: 34 Personen und Hausgesessene
  • 1629: 20 Hausgesessene
  • 1694: 113 Einwohner
  • 1829: 930 Einwohner
  • 1961: 11228, davon 6685 evangelisch (= 59.54 %), 3613 katholisch (= 32.18 %)
  • 1970: 14954 Einwohner

Diagramme:

Kelsterbach: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1556: Grafschaft Isenburg-Ronneburg, Amt Langen
  • 1642: Amt Kelsterbach
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obere Grafschaft Katzenelnbogen, Amt Kelsterbach
  • 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Provinz Starkenburg, Amt Kelsterbach
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Kelsterbach
  • 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Kelsterbach
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Langen
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau

Altkreis:

Groß-Gerau

Gericht:

  • 1821: Landgericht Langen
  • 1879: Amtsgericht Langen
  • 1957: Amtsgericht Frankfurt am Main

Gemeindeentwicklung:

1952 Erhebung zur Stadt (Hessisches Städtebuch)

1.1.1938: Umgemeindung eines Teils von Kelsterbach nach Zeppelinheim

1.4.1953: Umgemeindung der Wohnplätze Mönchhof und Mönchwald (114 Einw.) nach der Gemeinde Raunheim

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 880 beurkundet König Ludwig der Jüngere, dass sein Vater Ludwig der Deutsche der königlichen Calvatorkapelle zu Frankfurt u.a. Güter tres mansus ad Gelstrebach geschenkt hat.
  • 822 desgleichen Karl der Dicke.
  • 1275 erhält Werner von Münzenberg bei der Teilung von Land und Leuten, die zur Burg Hain in der Dreieich gehören, mit seinem Bruder Philipp die Eigenleute in Kelsterbach.
  • 1289 vermachen Heinrich von Sprendlingen und seine Fraudem Kloster Patershausen quartuor pullos in Kelsterbach.
  • 1307 gibt das Kloster Altenmünster seine Güter in Kelsterbach dem Philipp von Falkenstein und seiner Ehefrau Mechthild im Tausch gegen 18 Malter Korn in Ginsheim.
  • 1325 vermacht Marquard, Pleban in Schwanheim, dem Leonshardstift in Frankfurt 2 Achtel Korngült von gewissen Gütern in Kelsterbach.
  • 1409 gibt das Kloster Altenmünster dem Konrad von Schwalbach seine Lehnsbriefe zurück, die irrtümlich über seine Lehen zu Kelsterbach ausgestellt worden waren, in der Meinung, dass die Lehen von Falkenstein herrührten.
  • 1433 fallen Offenthal, Gätenhain, Königstädten und Kelsterbach aus der Münzenbergischen Erbschaft an Isenburg.
  • 1600 tragen die isenburgerischen Baugüter 149 Malter Korn. Graf Heinrich von Isenburg-Büdingen verkauft Kelsterbach mit dem gleichnahmigen Amt an Landgraf Ludwig V. von Hessen.
  • 1604 fällt Kelsterbach, bisher Wittum der Witwe des Grafen Heinrich von Isenburg, an Hessen.
  • 1629 tritt Hans Otto von Isenburg alle seine Ansprüche an das Haus Kelsterbach und die dazugehörigen 6 Dörfer an Landgraf Georg von Hessen ab.
  • 1781 beschlagnahmen die Hessen die infolge der Aufhebung des Klosters Altenmünster herrenlos gewordenen Güter.

Zehntverhältnisse:

1557 verhindert der Graf von Isenburg den Bezug des Zehnten durch das Bartholomäusstift in Frankfurt.

1564 Vertrag zwischen den Graf von Isenburg und dem Bartholomäusstift wegen des großen und kleinen Zehnten.

1571 hat das Bartholomäusstift vom isenburgischen Zehnten 38 Achtel Korn.

1600 hat Isenburg vom großen Zehnten 77 Malter Korn, der Pfarrer den kleinen Zehnten und das Bartholomäusstift 39 Malter Korn von Isenburg.

1728 Fruchtzehnten in Neu-Kelsterbach

1866 wird der Zehnten an das Bartholomäusstift abgelöst.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1558 Bau einer eigenen Kirche durch Graf Wolfgang von Isenburg, dieser übernimmt die Kollatur.

Patrozinien:

  • Martinus

Pfarrzugehörigkeit:

Eigene Pfarrei seit 1558 (zuvor gemeinsame Kirche mit Schwanheim)

Patronat:

Grafen von Isenburg, 1604 an die Landgrafen von Hessen-Darmstadt

Diakonische Einrichtung:

Nach Röschen, Beschreibung der evangelischen Pfarreien des Großherzogtum Hessen 1900 eine Kleinkinderschule in der umgebauten Scheune des Pfarrhauses; Röschen nennt für 1928 Diakonissenstation mit 2 Schwestern, Kindergarten mit einer Schulschwester; Vielzahl an Vereinen: Frauen-, Mädchenverein, Bibelkreis, Missionsverein, Verein zur Förderung der Jugendarbeit, Kirchengesangsverein;

1899 gründet die Evangelische Kirchengemeinde einen Kindergarten. 1921 eröffnet die evangelische Gemeinde eine Diakonissenstation im gleichen Haus Kelsterbach, Perle am Untermain, S. 16 und S. 172

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Joachim Holzhausen 1558-1559

Reformierter Bekenntniswechsel: 1586 durch Graf Wolfgang von Isenburg-Ronneburg, 1604 lutherisches Bekenntnis durch den Landgrafen wieder eingeführt.

1901: Einrichtung einer katholischen Gemeinde

Juden:

1861: 82, 1890: 83, 1932/33: 49 Juden

Die Synagoge lag in der Neukelsbacher Strasse 17. Zudem gab es einen jüdischen Friedhof im Ort.

Kultur

Schulen:

1590 Schule; 1724-1776 unterrichten Diakone der Pfarrei an der Schule neben studierten Lehrern; 1815/16 Schulgründung; 1880 Gründung der sog. "Alten Schule"; 1900 "Neue Schule"; 1910 Volksschule mit acht Klassen, zwei Schulhäuser von 1878 und 1903

Wirtschaft

Wirtschaft:

Landwirtschaft mit Obst- und Weinbau als zentrale Wirtschaftsbereiche;

1699 Versuch der Waldenser des Aufbaus von Industrie und Gewerbe

1761 Gründung einer Porzellanmanufaktur durch den Landdgrafen, Schließung 1768 wegen Absatzproblemen; Weiterführung 1765-1838 als Fayence- und Steingutfabrik; Lederverarbeitung, Tabakfabrik, Ziegelei

wirtschaftlicher Aufschwug durch Eisenbahnanschluss 1862: 1899 Waggonfabrik, 1904 Kunstseide-, Kunstleder-, Zelluloidproduktion, seit 1910 mit Beteiligung der Elberfelder "Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG"; Stilllegung 1945, Wiederaufnahme der Produktion 1946 und Ausbau zum Großbetrieb; in den 1950er Jahren Glria-Strumpf-Fabrik (Perlon), Fahrzeugindustrie, Holzverarbeitung, Kieswerke, Baustoffe

Zoll:

1376 hebt Kaiser Karl IV. den Zoll zu Höchst und Kelsterbach auf.

1378 gebietet Pfalzgraf Ruprecht den Mitgliedern des Wetterauer Landfriedens, dem Bischof Adolf von Speyer die Zölle zu Höchst und Kelsterbach abzulegen.

1379 befielt König Wenzel die von Bischof Adolf von Speyer in Höchst und Kelsterbach eigenmächtig angelegten Zollstätten zu zerstören.

1380 erlaubt König Wenzel erneut die Erhebung des Zolls zu Kelsterbach.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Kelsterbach, Landkreis Groß-Gerau“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/13736> (Stand: 8.8.2023)