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4422 Trendelburg
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KDR 100, TK25 1900 ff.
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 4. Trendelburg

Weitere Informationen

Deisel

Stadtteil · 121 m über NN
Gemeinde Trendelburg, Landkreis Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

11 km nordnordöstlich von Hofgeismar

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit einfacher Struktur und geringer Siedlungsdichte am linken Diemelufer, dicht an der heutigen Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen. Kirche in zentraler Lage. Moderne Bebauung im Westen. Durch den Ort führt im Zuge der alten Nord-Süd-Verbindung die B 83 von Bückeburg (Niedersachsen) nach Bebra.

Ersterwähnung:

9. Jahrhundert

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (9. Jahrhundert, 1100)
  • villa (um 1030)
  • locus (1107)
  • villicatio (1150/60)
  • marcha ville (1207)
  • Dorf (1305)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1904

Älteste Gemarkungskarte:

1728

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3528368, 5717662
UTM: 32 U 528283 5715815
WGS84: 51.592673° N, 9.408292° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

633025010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 1252, davon 730 Acker (= 58.31 %), 168 Wiesen (= 13.42 %), 10 Holzungen (= 0.80 %)
  • 1961 (Hektar): 1248, davon 80 Wald (= 6.41 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1455: 42 bewohnte Häuser (Trendelburger Salbuch)
  • 1585: 111 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1747: 152 Haushaltungen (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
  • 1749: 5 Schmiede, 8 Schneider, 2 Fenstermacher, 3 Schreiner, 12 Leineweber, 3 Bäcker und Heimbäcker, 5 Tagelöhner, 1 Schuhflicker, 5 Handelsjuden, 15 einzelne Weibspersonen, so sich lediglich mit Spinnen ernähren, 1 Wirt, 3 Brandweinschenken und 65, so sich lediglich von Ackerbau ernähren (Dorfleben. Ein Blick in die Geschichte von Deisel, S. 74)
  • 1885: 1118, davon 1095 evangelisch (= 97.94 %), 5 katholisch (= 0.45 %), 17 Juden (= 1.52 %)
  • 1961: 1040, davon 853 evangelisch (= 82.02 %), 183 katholisch (= 17.60 %)
  • 1970: 989

Diagramme:

Deisel: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 9. Jahrhundert: Hessengau (in pago Hassorum)
  • 1305: Herrschaft Schöneberg
  • 1455: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg
  • 1544: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg
  • 1568: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Trendelburg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Trendelburg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Höxter, Kanton Trendelburg
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Stadt und Amt Trendelburg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
  • 1972: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel

Altkreis:

Hofgeismar

Gericht:

  • 1822: Justizamt Karlshafen
  • 1867: Amtsgericht Karlshafen
  • 1879: Amtsgericht Karlshafen
  • 1943: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
  • 1949: Amtsgericht Karlshafen
  • 1968: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
  • 1969: Amtsgericht Hofgeismar

Herrschaft:

Im 13. Jahrhundert sind zahlreiche Güter in Deisel von den Schönebergern zu Lehen ausgetan. 1305 gehört das Dorf explizit zur Herrschaft Schöneberg. In diesem Jahr verkauft Konrad von Schöneberg Trendelburg und den Reinhardswald an Landgraf Heinrich I., behält sich aber ausdrücklich den Besitz der beiden Dörfer Deisel und Deiselberg vor. Der Besitz umfasst sieben Hufen und den Zehnten und gehört zu den Gütern, mit denen die Schöneberger als sogenannte Vögte von dem Damenstift Neuenheerse belehnt werden. Mit dem Verkauf der Herrschaft Schöneberg geht auch Deisel in den Besitz der Landgrafen über, die damit 1442 den Ritter Rabe von Kalenberg belehnen.

1455 reklamiert der Landgraf als Gerichtsherr die Dienste von den Klostergütern, die Fastnachsthühner und die Herbstbede. Sieben Meierhöfe und mindestens zwölf Kothöfe sind landgräflich. 1568 hat der Landgraf 16 Meierhöfe

Gemeindeentwicklung:

Am 31.12.1970 im Zuge der hessischen Gebietsreform mit anderen Gemeinden zur neu gebildeten Stadtgemeinde Trendelburg zusammengeschlossen, deren Stadtteil Deisel wurde.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Im 9. Jahrhundert schenkt Regenwart dem Kloster Fulda seine Eigengüter in Deisel mit allem Zubehör.
  • Anfang des 11. Jahrhundert übergibt Brun dem Kloster Corvey für sich und seine Frau in Redulfeshus (Wüstung ca. 2 km südwestlich Borgenteich, Kreis Höxter), Sielen (Trendelburg), Smedersen (Wüstung östl. Lauenförde, Kreis Holzminden) und Deisel zehn Famliien.
  • 1036 überträgt Bischof Meinwerk von Paderborn dem von ihm gegründeten Stift Busdorf u.a. das zum Haupthof Herstelle gehörende Vorwerk Deisel.
  • 1100 überträgt Bischof Heinrich II. von Paderborn dem Kloster Helmarshausen als Gegengabe für ein goldenes Kreuz und einen Schrein das Patronat über die Kirche von Deisel samt dem Zehnten und allen Zugehörungen.
  • Die translatio Modoaldi nannte das Dorf 1107 einen Besitz des Klosters Helmarshausen. Hier kam der Konvent seinem mit den Reliquien zurückkehrenden Abt Thietmar entgegen und empfing in einem prachtvollen Adventus-Zeremoniell mitsamt dem Schrein des Klosterpatrons Petrus die neuen Heiligen. 1192 bestätigt Papst Coelestin III. dem Kloster die Privilegien seiner Vorfahren und die Besitzungen u.a. in Deisel.
  • Um 1207 schenkte der Ritter Berthold von Schöneberg der Villikation Bredenlo des Klosters Helmarshausen sein Recht am Dorf Deisel. Das Kloster ist wichtiger Grundherr im Ort gegen den Bischof von Paderborn, die Schönberger und die Landgrafen verteidigen.
  • Im 15. Jahrhundert verfügen neben dem Kloster Helmarshausen die von Spiegel und die von Falkenberg über Besitz.
  • 1544 zinsen den Falkensteinern fünf Häuser, den Spiegeln sechs, 18 der Pfarre und 14 dem Klsoter Helmarshausen.

Zehntverhältnisse:

Um 1030 überträgt Bischof Meinwerk einer Berthild auf Lebenszeit ein Zehntrecht in der Siedlung Deisel.

1100 überträgt Bischof Heinrich II. von Paderborn dem Kloster Helmarshausen u.a. den Zehnten von

Deisel.

Nach dem Schöneberger Lehnsverzeichnis geht der Zehnte von ihnen zu Lehen aus.

1455 ist der Rottzehnte landgräflich

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • ecclesia (1100)
  • pleban (1323)
  • Spätgotische Saalkirche, Chor 1512-16 errichtet, 1736 erweitert

Patrozinien:

  • Jesus Christus (Salvator) [1001, 1003]
  • Petrus; Maria [1007]
  • Modoaldus [1107]

Pfarrzugehörigkeit:

Im 16. Jahrhundert nennt der Abt von Helmarshausen, Georg v. Marnholt, sieben Filialen als zum Kirchspiel gehörig: Bredenloh, Deiselberg, Heisebeck, Langenthal, Manrode, Mulsen und Welersen (F. Pfaff, Die Abtei Helmarshausen, 2: Der Güterbesitz, die Verfassung und die Wirtschaft der Abtei, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, NF 35 (1911), S. 25). 1872 und 1994 ist nur noch Langenthal Filialkirche

Patronat:

Bischof Heinrich von Paderborn schenkt 1100 dem Kloster Helmarshausen das Patronat über die Kirche zu Deisel, nach der Reformation fällt es an den hessischen Landgrafen.

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Henrich Toldecke 1527 bis ca. 1540, zugleich Kaplan in Helmarshausen

Kirchliche Mittelbehörden:

Bis 1530: Mainzer Kirchenprovinz, Diözese Paderborn, Archidiakonat Helmarshausen, später Brakel

1872: Pfarrei der Klasse Trendelburg

Juden:

Provinzial-Rabbinat Kassel, angeschlossen Trendelburg

Statistik: 1835: 18; 1861: 25; 1905: 20; 1932/33: 10 Juden (1,0% der Gesamtbevölkerung); 1936 wanderten die letzten Juden aus dem Ort aus.

Juden waren in der Gegend möglicherweise seit Anfang des 18. Jahrhunderts angesiedelt.

Eine Betsaal war im Ort vorhanden.

Kultur

Schulen:

1845 Bau der sog. alten, auch kleinen Schule um 1845; 1899 Bau einer neuen Schule an der Bremer Straße; 1910 Volksschule mit drei Klassen; 1906 Einrichtung einer ländlichen Fortbildungsschule, die von Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren im Winterhalbjahr besucht werden muss

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Großer Brand 1714

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Deisel, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2054> (Stand: 23.11.2022)