Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Fulda

Stadtteil · 268 m über NN
Gemeinde Fulda, Landkreis Fulda 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

Etwas oberhalb des namensgebenden Fuldaflusses am östlichen Ufer, wo der Waidesbach einmündet.

Lage und Verkehrslage:

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Hanau – Frankfurt am Main ("Bebraer Bahn";"Bebra-Hanauer-Bahn") seit 1866. Die Teilstrecke Hersfeld - Fulda wurde am 1.10.1866 eröffnet und die Teilstrecke Fulda - Neuhof am 1.7.1868 in Betrieb genommen.

Endbahnhof der Eisenbahnlinie Gießen – Fulda ("Vogelsbergbahn") (Inbetriebnahme der Strecke 31.7.1871).

Ersterwähnung:

744

Siedlungsentwicklung:

Die Stadt Fulda entwickelte sich zunächst als Marktsiedlung neben dem 744 gegründeten Kloster, das an der Stelle des wüsten Eihloha angelegt worden war.

Nachdem sich die Stadt Fulda schon am 1.4.1939 mit den Gemeinden Horas und Neuenberg vereinigt hatte, bildete man am 01.08.1972 einen Zusammenschluss der Stadt mit den Gemeinden Bernhards, Besges, Bronnzell (ab 01.08.1968 mit der Gemeinde Ziegel ohne Ortsteil Sulzhof), Dietershan, Edelzell, Gläserzell, Haimbach, Harmerz, Istergiesel, Johannesberg, Kämmerzell, Kohlhaus, Lehnerz, Lüdermünd, Maberzell, Malkes, Mittelrode, Niederrode (ab 01.12.1954 mit der Gemeinde Reinhards), Niesig, Oberrode, Rodges, Sickels, Zell und Zirkenbach. Sitz ist Fulda.

1928 erfolgt die Eingemeindung der aufgelösten Domäne Ziehers.

Historische Namensformen:

  • Eihloha (vor 744)
  • Fuld
  • Fulda

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Am Nordrand der Altstadt steht das große Schloss aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es befindet sich an der Stelle der zweiten, außerhalb des Klosters gelegenen Abtsburg (ab 1294). Die unbekannte Lage der ziegenhainischen Vogteiburg ist wohl auf dem Bonifatiusplatz zu vermuten.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3548438, 5601903
UTM: 32 U 548344 5600102
WGS84: 50.550848° N, 9.682399° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

631009010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 948, davon 552 Acker (= 58.23 %), 166 Wiesen (= 17.51 %), 0 Holzungen
  • 1961 (Hektar): 1879, davon 0 Wald

Einwohnerstatistik:

  • 1525: 370 steuernde Bürger ohne Beisassen
  • 1655: 282 steuernde Bürger ohne Beisassen
  • 1701: 525 Bürger und 15 Juden
  • 1800: 783 Bürger und Beamte
  • 1802: 8559 Einwohner
  • 1885: 12284, davon 2878 evangelisch (= 23.43 %), 8957 katholisch (= 72.92 %), 2 andere Christen (= 0.02 %), 440 Juden (= 3.58 %), 7 andere (= 0.06 %)
  • 1961: 45131, davon 10206 evangelisch (= 22.61 %), 34285 katholisch (= 75.97 %)
  • 1970: 45539

Diagramme:

Fulda: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1787: Fürstabtei Fulda, Vizedomamt Fulda
  • 1803-1806: Fürstentum Nassau-Oranien-Fulda, Stadtschultheißenamt
  • 1806-1810: Kaiserreich Frankreich, Fürstentum Fulda (Militärverwaltung)
  • 1810-1813: Großherzogtum Frankfurt, Departement Fulda, Hauptstadt Fulda
  • 1816: Kurfürstentum Hessen, Großherzogtum Fulda
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Fulda, Kreis Fulda
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Fulda
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Fulda, Landkreis Fulda
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Fulda
  • 1927: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Fulda
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Fulda
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Fulda
  • 1968: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreisfreie Stadt Fulda
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Fulda

Altkreis:

Fulda, kreisfreie Stadt

Gericht:

  • 1822: Landgericht Fulda
  • 1850: Justizamt Fulda I
  • 1867: Amtsgericht Fulda

Gemeindeentwicklung:

Am 1.4.1927 wurde die Stadt Fulda aus dem Landkreis Fulda ausgegliedert und zu einem selbständigen Stadtkreis erklärt. Die Wiedereingliederung in den Landkreis erfolgte am 1.7.1974.

Zur Entwicklung der im Zuge der hessischen Gebietsreform neu gebildeten Stadtgemeinde s. Fulda, Stadtgemeinde. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Fulda.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Ab 744: Kloster Fulda
Kirche und Religion

Patrozinien:

  • Mauritius
  • Blasius [1225 und 1476]

Pfarrzugehörigkeit:

1049 bestand bereits die Pfarrei Fulda

Patronat:

1459: Abt von Fulda

Klöster:

Beginen:

1422 wird die Große Klause (maior clusa) am Barfüßerkloster hinter der Münze genannt; das Haus gehört Hermann Ledenther und Eckart von Gelnhausen, die es 1502 Teriarinnen übergeben; die 1420 von Heinrich Kemmerer gegründete Kleine Klause (minor clusa) liegt hinter dem Barfüßerkloster an der Statdmauer.

Diakonische Einrichtung:

04.11.1897 Diakonissenstation im Kindergarten, zwei Schwestern angestellt durch Presbyterium und eine Schulschwester, Betreuung Jungfrauenverein, Mütterverein, Kleinkinderschule Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904, Krankenpflege, Flickschule; Zusammenarbeit mit Stift Wallenstein nach Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 278-280; Diakoniestationen noch 1980 an der Christuskirche, der Emmaus- und Martin-Luther-Gemeinde (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Adam Krafft, 1522-1525 Pfarrer an der Stadtkirche, musste auf Drängen des Fürstabts die Stelle aufgeben, wurde von Philipp dem Großmütigen zum Hofprediger berufen.

Bis 1570 wirkten verschiedene evangelische Prediger in der Stadt, danach setzte sich das katholische Bekenntnis durch. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts Wiederherstellung der katholischen Kirche in allen Gemeinden der Fürstabtei.

1632-1634 zeitweise Wiedereinrichtung des evangelischen Gottesdienstes neben dem katholischen.

1802 Gründung einer reformierten Gemeinde, seit 1818 unierte Pfarrei.

Kirchliche Mittelbehörden:

(1450): Bistum Würzburg, Kleinarchidiakonat Fulda

Das Landdekanat Fulda bestand 1676 aus den Pfarreien Bimbach, Blankenau, Dietershausen, Fulda, Großenlüder, Herbstein, Lütter vor der Hart, Poppenhausen und Salzschlirf (Descriptio parochiarum Fuld.)

Juden:

Provinzial-Rabbinat Fulda, zeitweise auch Bad Salzschlirf zugehörig

Juden vor 1349 im Ort; eventuell schon nach 1019.

1567: 18; 1586: 28; 1601: 50 Hausgenossen, vermutlich Familien; 1623: 80 Familien; 1653: 77 männliche Juden; 1671: 5 Familie;

1701: 15 Juden verzeichnet

1708: 19 "kontributionspflichtige" Juden

1802: 237; 1852/54: 319/300; 1860: 321; 1885: 440; 1890: 511; 1893: 525; 1895: 566; 1900: 675; 1905: 862; 1910: 957; 1920: 1174; 1925: 1122; 1930: 1110 (bzw.1157); 1933: 1029 Juden; 1933: 1100; 1934: 961; 1935: 925; 1936: 873; 1937: 803; 1938: 658; 139: 378; 1940: 259; 1941: 115; 1942: 64 Juden. Nach 1945 neue jüdische Gemeinde in Fulda.

Friedhof: erstmals 1476 erwähnt, außerhalb der Stadt, jenseits des Stadtgrabens Höhe Schillingsturm

Schlitz benutzt Friedhof mit.

Synagoge: "Am Judenberg - hinter der Treppe", möglicherweise seit dem Mittelalter dort; Neubau 1858-1859, linkes Eckhaus Nr. 2, Obere Judengasse (heute Am Stockhaus); daneben das Gemeindehaus mit Wochentagssynagoge und Mikwe und Rabbinischer Lehranstalt, sowie 2 weiteren Beträumen für Ostjuden. 1938 wird die Synagoge zerstört und abgerissen; Straßenbezeichnung Judengasse/Judenberg bis 1966. Bis 1945-1950 Betraum in der Von-Schildeck-Straße 13.

Schule: 1900 israelitische Elementarschule eröffnet; vorher nur Religionsschule, bzw. private Elementarschule. Seit Oktober 1939 wieder Privatschule.

Friedhof: seit Beginn des 13. Jhs.; urkundlich erwähnt erstmals 1476, gelegen zwischen Bahnhof-, Linden- und Rhabanusstraße, bestand bis 1671. 1685 wurde das Grundstück der jüd. Gemeinde wiedergegeben, bis 1907 genutzt. Neuer Friedhof an der Edelzeller Straße bis zur landespolizeilichen Schließung 1941; danach Sammelfriedhof in Weyhers. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

seit 8. Jahrhundert Existenz einer Schule am Benediktinerkloster

seit 1300 nachgewiesene städtische Pfarrschulen; seit 15. Jahrhundert Domschule

1571 Gründung einer Jesuitenschule durch Abt Balthasar, 1584 Verbindung mit Päpstlichem Konvikt; 1773 Auflösung des Jesuitenordens, Übergabe der Schule an Weltklerus, Konvikt wird bischöfliches Seminar; 1734-1805 Universität, dann Theologische Hochschule

im 19. Jahrhundert drei Volksschulen; 1910 Volksschulen mit insgesamt 19 Klassen

1835 Gymnasium (Hrabanus Maurus Schule); 1838 Städtische Realschule, später Städtisches Realgymnasium

1733 Höhere Mädchenschule der Englischen Fräulein; 1866-1945 Evangelische Private Höhere Mädchenschule

1824 Lehrerseminar

1951 Bestand an Schulen: Humanistisches Gymnasium, Aufbauschule, Lyzeum der Englischen Fräulein, acht Volksschulen, Realschule, Hilfsschule, Berufsschule, zwei Handelsschulen, Landwirtschaftsschule, Verwaltungseminar

Hospitäler:

1290 Heilig-Geist-Hospital

Das Hospital wurde unter Fürstabt Adolf von Dalberg an Stelle eines im späten 13. Jahrhundert entstandenen Gebäudes gleicher Funktion als barocke Zweiflügelanlage mit zentraler Kirche errichtet. Unter Amand von Buseck (1737-1756) schloss man durch eine großzügige östliche Erweiterung die Anlage, wodurch zwei Innenhöfe geschaffen wurden. Im amtlichen Verzeichnis der Gemeinden von Hessen 1961 als Wohnplatz genannt.

1319 St.-Nikolaus-Hospital

1451 Hospital St.Leonhard

1805 Wilhelmhospital

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Zum Zentamt Fulda gehörten 1789 die Dörfer und Höfe Besges, Bernhards, Bronnzell, Dietershausen, Dipperz, Dörmbach, Edelzell, Eichenzell, Friesenhausen, Gläserzell, Haimbach, Istergiesel, Kämmerzell, Keulos, Lingeshof, Löschenrod, Lüdermünd, Maberzell, Reinhards, Rodges, Sickels, Steinwand, Wisselsrod und Ziegel. Zur Zent gehörten 1510 außerdem die Orte Almendorf, Dirlos, Engelhelms, Erles, Götzendorf, Harmerz, Horas, Kerzell, Kohlhaus, Künzell, Marbach, Margretenhaun, Melzdorf, Neuenberg, Neuses, Pilgerzell, Mittel- und Nieder-Rode, Rothemann, Welkers, Wetzlos (?), Zell und Zirkenbach (Reimer aus Fuld. Ämterrepos.)

Wirtschaft:

Haupterwerbszweig bildet im Mittelalter die Landwirtschaft; Handwerk ist in Zünften organisiert, seit Beginn des 14. Jahrhunderts bezeugt; Leinen-, Wolltuche, Leder als wichtige Handelswaren;

18. Jahrhundert Anlage einer Woll- und Leinenspinnerei, Weberei und Fayence-, bzw. Porzellanmanufaktur durch die Fürstbischöfe

Mitte des 19. Jahrhunderts Textilindustrie, Emaillierwerk (1867), Maschinenfabriken, Hutstoffwerke, Gummiwerke, Kugelfabrik, Wachswarenfabrik, Musikinstrumentenwerkstätten (Mollenhauer seit 1822), Landwirtschaftliche Maschinen

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Fulda, Landkreis Fulda“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/5750> (Stand: 11.9.2024)