Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Bellersheim

Stadtteil · 166 m über NN
Gemeinde Hungen, Landkreis Gießen 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

8 km südöstlich von Lich

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit regellosem Grundriß und dichter Gehöftanordnung am Talschluß eines nach Süden bzw. Südosten offenen, flach ausgebildeten Tales. 3 ehemalige Burgsitze am West- bzw. Nordrand des alten Ortskerns. Kirche neben der ehemaligen Unterburg am Nordrand der Siedlung.

Südöstlich abgesetzt vom Ort Bahnhof der Eisenbahnlinie Friedberg - Hungen ("Horlofftalbahn", erbaut 1897); nach Verlegung der Strecke wüst.

Ersterwähnung:

769

Siedlungsentwicklung:

Ehemals römischer Gutshof im Bellersheimer Markwald "Streuben".

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa 774

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Älteste Gemarkungskarte:

1852

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3488676, 5590663
UTM: 32 U 488606 5588867
WGS84: 50.451696° N, 8.839505° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

531008010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 3445, davon 2575 Acker, 139 Wiesen, 731 Wald
  • 1961 (Hektar): 889, davon 190 Wald.

Einwohnerstatistik:

  • 1834: 599 Einwohner
  • 1885: 580 Einwohner
  • 1925: 639 Einwohner
  • 1939: 624 Einwohner
  • 1950: 995 Einwohner
  • 1961: 896 Einwohner
  • 1830: 546 evangelische, 3 römisch-katholische Einwohner, 22 Juden. 1895: 577 evangelisch,6 römisch-katholisch Einwohner, 14 Juden. 1961: 729 evangelische, 161 römisch-katholisch Einwohner
  • 1961 (Erwerbspers.): 191 Land- und Forstwirtsch., 176 Prod. Gewerbe, 42 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 45 Dienstleistung(en) und Sonstige

Diagramme:

Bellersheim: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 769: Wetterau
  • 1787: Fürstentum Solms-Braunfels, Herrschaft Münzenberg, Amt Hungen
  • 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
  • 1874: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
  • 1979: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen

Altkreis:

Gießen

Gericht:

  • 1822: Landgericht, seit 1879: Amtsgericht Hungen, seit 1934: Amtsgericht Nidda

Herrschaft:

1271 ist Bellersheim Gericht der Herrschaft Münzenberg und fällt im Zuge ihrer Teilung an Werner von Falkenstein (Scriba, Bickenbach, S. 240-242 Nr. 14, Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 2 Nr. 139). Münzenberger Besitz schon vor 1255 wahrscheinlich (Keunecke, Münzenberger, S. 270 f.). 1354 sind die falkenstein-münzenberg. Steuer und Bede zu Bellersheim und Rehborn an den Ritter Wederod von Linden verpfändet. (Solmser Urkunden 1 Nr. 322). 1394 bekundet Henne von Bellersheim, daß er seine Burg Bellersheim mit Rat und Wissen Philipps von Falkenstein-Münzenberg erbaut habe und bestimmt, daß die Burg Philipp geöffnet sei (Solmser Urkunden 1 Nr. 557); 1420 bekundet Henne von Bellersheim, daß die Grafen von Solms als falkenstein. Erben eine Gülte von 50 fl. auf das Dorf Bellersheim abgelöst haben. Als Teil des Falkensteiner Erbes fällt das Gericht Bellersheim mit der Wüstung Rehborn 1423 Graf Bernhard von Solms-Braunfels (Solmser Urkunden 1 Nr. 915). 1434 befreien die Brüder Graf Bernhard und Graf Johann von Solms sowie Gottfried und Eberhard von Eppstein die Höfe und Landsiedel des Kloster Arnsburg zu Muschenheim, Birklar, Bellersheim, Utphe, Münster, Holzheim, Eberstadt, Kolnhausen, Hof Güll von allen Diensten, Steuern, Beden mit Ausnahme der herkömmlichen Dienste (Solmser Urkunden 1 Nr. 1006).

Gemeindeentwicklung:

Am 1.1.1977 Eingliederung nach Hungen.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • In den Jahren 769 bis 774 erhält Kloster Lorsch 12 Privatschenkungen in Bellersheim mit umfangreichen Besitz (darunter insgesamt 84 1/2 Tagewerke; eine weitere Privatschenkung von 53 Tagewerken folgt 798 (Codex Laureshamensis II Nr. 1154, III Nr. 2949-59, 2975, 3359). Lorscher Hubenliste um 800: 2 Hufen (Codex Laureshamensis III Nr. 3660b).
  • 1266 verkauft der Ritter Konrad von Ohmen seine Güter zu Bellersheim samt Zubehör an Kloster Haina; d.i. 3 Höfe im Dorf, 2 1/4 Hufen Ackerl. und 2 Morgen Weinberge. 1269 verkauft Haina sämtl. Güter an Kloster Arnsburg (Franz, Kloster Haina 1 Nr. 479, 534).
  • 1268 verkaufen die von Falkenstein einen Mansus zu Bellersheim an Kloster Arnsburg (Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 3 Nr. 680). 1300 vertauschen die von Falkenstein Kloster Arnsburg einen Mansus zu Gambach gegen einen solchen zu Bellersheim (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 286). 1316 verkauft Kloster Marienborn Güter in Rehborn und Bellersheim an Kloster Arnsburg (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 467).
  • Im gleichen Jahr 1300 bekundet Philipp von Falkenstein, daß er zusammen mit den von Bellersheim zwischen der Jutta, Witwe des Ritters N.N. Kolbendensel, einerseits und dessen Söhnen andererseits einen Vergleich gestiftete hat, demzufolge Jutta alle Güter in Bellersheim, Rehborn und Obbornhofen haben und genannte Gülten zu ihren Lebzeiten nutzen soll, danach diese an ihre Söhne übergehen sollen, ausgenommen eine Gülte von 2 Pfd. Pfennige aus Habechenheim, die Jutta mit Zustimmung ihrer Söhne an die Klöster Marienborn, Engelthal und Schiffenberg übertragen hat (Solmser Urkunden 1 Nr. 66). 1356 verkauft Philipp d. Jg. von Falkenstein Johann von Bellersheim 150 Pfund Heller als Bede in Bellersheim. 1385 gestattet Philipp von Falkenstein Konrad von Bellersheim, seine Frau mit 3 Hufen zu Bellersheim zu betwittumen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1138, 1604).
  • 1308 vermacht die Begine Mechthild dem Deutschen Orden zu Weinheim eine Korngülte zu Bellersheim (Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2 Nr. 128).
  • Stift Zelle (Schiffenberg) verfügt im 14. Jahrhundert über Pachteinnahmen (Römer, Einkünfteverzeichnisse).
  • 1348 verpachtet der Deutsche Orden Marburg seine Hufe zu Bellersheim an den Ritter Werner Kolbendensel von Bellersheim (Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2 Nr. 836). - 1420 haben die Ritter von Bellersheim von den Falkenstein Erben ein Mannlehen und die Burg zu Bellersheim zu Lehen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 2567, 2573).

Zehntverhältnisse:

Ein Teil am Zehnten und Weinzehnten zu Bellersheim ist 1420 solms. Mannlehen der von Bellersheim. 1461 ist Heilmann von Bellersheim mit einem Teil des Zehnten zu Bellersheim und Utphe (münzenberg. Mannlehen) von Graf Otto von Solms belehnt. 1549 sind 4 Hufen zu Bellersheim, der dritte Teil des Weinzehnten daselbst innerh. der Judengasse nach der Kirche solmsisches Mannlehen der von Bellersheim; Neubelehnungen bis 1781 (Solmser Urkunden 1 Nr. 864, 1439, 2923, 3309, 4266, 4790)

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1269: Pleban (Baur, Hess. Urkunde Nr. 123)
  • 1316: Pfarrei (Beiträge zur Hess. Kigesch. III, 1908, S. 24)

Pfarrzugehörigkeit:

Zum Kirchspiel gehörte Burg Bellersheim

Patronat:

1314 Herren von Falkenstein

1316 dem Marienstift in Lich geschenkt

1317 inkorporiert. Seit der 1. Hälfte 16. Jahrhundert hatte das Stift Nominations-, 1548 die Grafen von Solms-Lich, ab 1584 Solms-Braunfels das Präsentationsrecht.

Bekenntniswechsel:

Erster nachweisbarer evangelischer Pfarrer: Philipp Landvogt 1565(?)-1570

Reformierter Bekenntniswechsel: 1580er Jahre

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Sendbezirk Berstadt, Dekanat Friedberg im Archidiakonat St. Mariengreden zu Mainz

Juden:

Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde war ? Obbornhofen. 1830: 22, 1905: 14 Juden. Judengasse (Solmser Urkunden 5, S. 43)

Kultur

Schulen:

Schule vor 1618 vorhanden; 1910 Volksschule mit zwei Klassen, Schulhaus von 1788

Wirtschaft

Wirtschaft:

Im Markwald, Distrikt "Streubel", römischer Gutshof und Fliesenfunde des 13. Jahrhundert.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Bellersheim, Landkreis Gießen“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/10215> (Stand: 7.3.2022)