Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Heuchelheim

Ortsteil · 165 m über NN
Gemeinde Heuchelheim, Landkreis Gießen 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

3 km westlich von Gießen

Lage und Verkehrslage:

Mehrgliedriges Straßendorf beiderseits des Bieberbaches. Kern der Siedlung westlich des Baches an der Schnittstelle der von Süden, Westen und Nordwesten kommenden Straßen mit der Gießener Straße Kirche in erhöhter Lage. Jüngere Siedlungsentwicklung nach Osten entlang der Straße nach Gießen sowie nach Norden und Süden. Modernes Gewerbegebiet im Osten.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Giessen - Bieber ("Biebertalbahn","Bieberlieschen") bis zur Stilllegung der Strecke am 30. April 1963; an dieser Strecke lagen auch die Bahnhöfe Heuchelheim/Ost und Heuchelheim/Mühlchen.

Ersterwähnung:

774/78

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • locus

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Älteste Gemarkungskarte:

1836

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3473898, 5605367
UTM: 32 U 473834 5603565
WGS84: 50.583405° N, 8.630402° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

531007010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 2532, davon 1626 Acker, 727 Wiesen, - Wald
  • 1961 (Hektar): 594, davon - Wald

Einwohnerstatistik:

  • 1502: 36 Männer
  • 1577: 74 Hausgesesse
  • 1630: 9 zweispänn., 31 einspänn. Ackerl., 22 Einläufige, 2 Witwen, 13 Vormundsch
  • 1669: 338 Seelen
  • 1742: 3 Geistl./Beamte, 145 Untert., 47 Junge Mannschaften, 13 Beisassen/Juden
  • 1804: 934 Einwohner
  • 1834: 1144 Einwohner
  • 1885: 1780 Einwohner
  • 1925: 2687 Einwohner
  • 1939: 3171 Einwohner
  • 1950: 4370 Einwohner
  • 1961: 4650 Einwohner
  • 1830: 1113 evangelische, 1 römisch-katholischer Einwohner, 25 Juden
  • 1961: 3727 evangelische, 800 römisch-katholische Einwohner
  • 1961 (Erwerbspers.): 243 Land- und Forstwirtsch., 1461 Prod. Gewerbe, 312 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 346 Dienstleistung(en) und Sonstige

Diagramme:

Heuchelheim: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 769/78: Lahngau, Mark Wißmar
  • 1363: Gericht des gem. Landes an der Lahn
  • 1394, 1412: Gericht zu Heuchelheim
  • 1502: Amt Gießen
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Heuchelheim
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Gießen
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreisfreie Stadt Lahn
  • 1979: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen

Altkreis:

Gießen

Gericht:

  • 1821: Stadtgericht, seit 1879: Amtsgericht Gießen

Herrschaft:

Gericht im 13. Jahrhundert zunächst gemeinschaftl. Besitz der Pfalzgrafen von Tübingen und der Herren von Merenberg. Zusammen mit Kinzenbach, Rodheim, Fellingshausen, Launsbach und Wißmar bildet Heuchelheim das "gemeine Land an der Lahn". 1265 kommt der pfalzgfl. Anteil an die Landgraf von Hessen, der merenbergische 1333 an Nassau-Weilburg. Gemeinsame Verwaltung durch die Schultheißen, wobei der hessische Vorrang bei Entscheidungen vor Gericht hatte. 1412 ist das Gericht Heuchelheim ganz nassauisch. 1585 ganz hessisch. - Auf eine alte Richtstätte deutet der Flurname Beim halben Galgen (1,5 km nördlich von Heuchelheim) - Iudices, vulgo dicti Cintgrevin; villani 1255 (Urkundenbuch der mittelrheinischen Territorien 3 Nr. 1318), Schöffen 1279, Schultheiß 1384

Schultheiß 1459 (Eckhardt, Die oberhessischen Klöster 3, 1 Nr. 429)

Gemeindeentwicklung:

1.4.1953: Umgemeindung eines bewohnten Flurstücks (5 Einw.) von der kreisfreien Stadt Gießen

Am 1.4.1967 Zusammenschluß mit der Gemeinde Kinzenbach. Heuchelheim ist Sitz der Gemeindeverwaltung.

Zur Entwicklung der im Zuge der hessischen Gebietsreform neu gebildeten Gemeinde s. Heuchelheim, Gemeinde.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 769/78 schenkt Erpho Kloster Lorsch 30 Morgen Acker in Heuchelheim und einen Waldanteil zwischen den Marken Walgern und Wißmar.
  • 1245 tauscht Kloster Altenberg seinen Hof zu Heuchelheim gegen den des Klosters Arnsburg am Ort. Zwischen 1251 und 1516 erwirbt Altenberg durch Schenkung und Kauf zahlreichen Güterbesitz zu Heuchelheim (Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 1 Nr. 41). 1263 bestätigt Graf Ulrich von Tübingen die väterliche Schenkung an den Hof des Kloster Altenberg in Heuchelheim über das Holzschlagrecht im Wiesecker Wald. 1278 schenkt Ritter Adolf gen. von Heuchelheim aus einem Kloster Altenberg gehörigen Hof in Heuchelheim eine Jahresrente von 5 Malter Hafer, die er für die dem Kloster gestattete Holzbenutzung im Wiesecker Wald von dem Kloster erhielt und die er vom Landgraf zu Lehentrug, dem Kloster als Almosen; wenn dagegen das Kloster in Zukunft Güter in Heuchelheim kauft, so sollen die von Heuchelheim alle ihre Rechte daran behalten. 1349 wird im Zinsregister sehr umfangreicher Besitz geführt: 30 Hufen, 3 Wiesen, 1 Mühle und weitere Landstücke.
  • 1266 verkauft Hartmut von Trohe dem Wetzlarer Bürger Eckehard Güter zu Heuchelheim und setzt als Pfand seinen Hof in Rodheim aus (Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 1 Nr. 128).
  • 1294 bestätigt Landgraf Heinrich von Hessen den Verkauf von Gütern in Heuchelheim, die der Müller Heinrich und Brüning, Einwohner dieses Dorfes, besitzen, seitens der Eigentümerin Gertrud und ihres Sohnes Meingoz gen. Gulden an Kloster Altenberg (Regesten der Landgrafen von Hessen 1 Nachdr. Nr. 219, 339).
  • 1273 überträgt der Scholaster Konrad von Michelbach Kloster Arnsburg seine Güter in Kroppach und Heuchelheim; 1275 und 1289 verzichten die Erben auf ihre Ansprüche darauf (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 138, 222, 1219 f.). 1303 vertauscht Kloster Arnsburg seine Güter in Heuchelheim und Kroppach gegen Güter des Wetzlarer Bürgers Walter von Kinzenbach in Kirchgöns (Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 1 Nr. 548). 1350 verkauft der Münzenberger Schöffe Johann von Holzheim alle Äcker und Wiesen zu Holzheim und Heuchelheim Kloster Arnsburg (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 768).
  • 1295 vermacht Ritter Eberhard von Heuchelheim den Grünberger Antonitern seinen Hof zu Heuchelheim für den Fall seines Todes. 1484 erwerben die Antoniter in Heuchelheim als Pfandbesitz Land in der Megersheyner Aue an der Lahn; im gleichen Jahr 1 1/2 Mo bedefreies Land ebd. 1489 verkauft Kloster Arnsburg den Antonitern seinen Besitz in Heuchelheim (1 Bestand). 1497 wird den Antonitern das sog. Happelngut in Heuchelheim mit Haus, Hof und Scheuer verpfändet. 1525 verpfändet Johann von St. Nabor den Antonitern eine Gülte aus Güterbesitz zu Heuchelheim (Eckhardt, Die oberhessischen Klöster 3, 1 Nr. 206, 549 f., 684, 837; VIII S. 17).
  • 1300 entsagt Ingebrand von Heuchelheim allen Ansprüchen auf die durch den Tod des Wetzlarer Bürgers Konrad gen. Reye dem Deutschen Orden Marburg zugefallenen Güter bei Heuchelheim. 1391 bekennt der Ritter Johann von Garbenheim, daß er dem Deutschen Orden eine ewige Gülte von dem sog. Deutschherrenhof zu Heuchelheim verkauft hat. 1393 wird zwischen dem Deutschen Orden und dem Pfarrer der Kirche von Langgöns festgelegt, daß die Hufe Landes zu Heuchelheim beiden jeweils zur Hälfte zusteht (Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2 Nr. 18; Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3 Nr. 1236, 1255).
  • Stift Zelle (Schiffenberg) verfügt im 14. Jahrhundert über Pachteinnahmen (Römer, Einkünfteverzeichnisse).

Ortsadel:

1237-1315

Kirche und Religion

Ortskirchen:

Patrozinien:

  • Maria; Georg (Georgius); Valentinus

Pfarrzugehörigkeit:

Eingepfarrt wahrscheinlich (Wüstung) Kroppach, Kinzenbach bis 1. Hälfte 14. Jahrhundert Filiale, dann selbst.; nach der Reformation hatte Heuchelheim keine Beidörfer.

Patronat:

1304 gewähren Landgraf Otto und seine Frau Adelheid Kloster Altenberg das Recht, einen Priester für die Pfarrkirche in Heuchelheim zu erwählen (Regesten der Landgrafen von Hessen 1 Nachdr. Nr. 437). Später ist der Patronat landgräflich.

Diakonische Einrichtung:

Röschen, Beschreibung der evangelischen Pfarreien des Großherzogtum Hessen nennt für 1900 den Bau einer Kleinkinderschule, für 1928 Kleinkinderschule wegen Geldmangel aufgegeben; nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 eine Schwesternstation mit 1, ein Kindergarten mit 2 Arbeitskräften (Zivilgemeinde)

Bekenntniswechsel:

Erster nachweisbarer evangelischer Pfarrer: Johannes Gernand 1536(?)-1570

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Pfarrei im Archipresbyterat Wetzlar, Archidiakonat St. Lubentius in Dietkirchen, Erzdiözese Trier

Sendbezirk Großen-Linden

Juden:

1830: 25 Juden. - Begräbnisplatz für die Juden aus Heuchelheim war der Friedhof in Großen-Linden.

Kultur

Schulen:

schon Anfang des 17. Jahrhunderts besteht eine Schule; 1910 Volksschule mit sieben Klassen, drei Schulhäuser von 1848, 1884 und 1894

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

1412 gehört zum Gericht Heuchelheim Kinzenbach, 1585 neben Heuchelheim Rodheim und Fellingshausen. 1787 gehörten zum Gericht Heuchelheim Bieber, Fellingshausen, Heuchelheim, Kleinlinden, Rodheim sowie der Schmitter Hof.

Wirtschaft:

Industrie (vgl. Reidt, Heuchelheim, S. 123-141).

Tabakindustrie Rinn & Cloos

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Heuchelheim, Landkreis Gießen“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/10331> (Stand: 8.8.2023)