Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Übersichtskarte Hessen
Messtischblatt
5121 Schrecksbach
Moderne Karten
Kartenangebot der Landesvermessung
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.
Historische Karten
Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 63. Schrecksbach

Schrecksbach

Ortsteil · 240 m über NN
Gemeinde Schrecksbach, Schwalm-Eder-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

5,5 km südwestlich von Neukirchen

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit regelhaften Grundrissmerkmalen beiderseits eines vom Rodenbach durchflossenen Seitentals der Schwalmniederung. Kernbereich der Siedlung mit annähernd rechteckigem Umriss und teilweise gitterartigem Gassennetz am auslaufenden Hang. Am Südost-Rand des alten Ortskerns in erhöhter Lage Kirche mit noch teilweise ummauertem Kirchhof. Am Südrand des Ortes steinernes Burghaus mit Mauer und Tor (Altes Schloss). Jüngere Bebauung entlang der Bundesstraße 254 in ihrem älteren Verlauf (moderne Umgehung). Nach Nordosten abgesetzt moderne Wohnsiedlung.

Außer der Bundesstraße 254 in ihrem älteren Verlauf (moderne Umgehung) noch Straßen nach Holzburg, Neukirchen und Immichenhain.

Ersterwähnung:

1140

Siedlungsentwicklung:

Seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert findet sich in der Überlieferung die Unterscheidung von Ober-Schrecksbach und Schrecksbach bzw. Nieder-Schrecksbach. oder maiorSchrecksbach, was auf das Bestehen zweier selbständiger Siedlungen schließen lässt. Mit dem Ausgehen von Ober-Schrecksbach Ende 14. Jahrhundert verliert sich der unterscheidende Zusatz Nieder-Schrecksbach.

1928 erfolgt die Eingemeindung von Teilen der aufgelösten Gutsbezirke Domäne Immichenhain, von Teilen des aufgelösten Gutsbezirks Schrecksbach (von Schwertzell) und des Gutsbezirks Schrecksbach (von Helmschwerdt).

Historische Namensformen:

  • Screkesbach (nach 1140) [XII] (Dronke, Codex dipl. Fuld. Nr. 794)
  • Schrekisbach (1223)
  • Screchesbach (um 1225) (vgl. auch Oberschrecksbach)
  • Nidirnscrexbach (1355)
  • maior Schreckisbach item superior Schrecksbach (1364)
  • Schrexbach (1459)
  • Niederschrecksbach
  • Nieder-Schrecksbach
  • Schrecksbach, Nieder-

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (nach 1140)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Burgsitze:
  • a) Kastell: 1311 bekennt Graf Johann von Ziegenhain, dass Ludwig von Gleimenhain und seine Angehörigen Kloster Immichenhain in der Dorfschaft Schrecksbach einen Platz, beim Kastell gelegen, übergeben haben.
  • b) 1569 befinden sich in Schrecksbach mehrere adlige Burgsitze: Über jeweils 2 Burgsitze mit zugehörigen Bauten und freiem Hof verfügten die von Langenstein genannt Gonzenrod und die von Hattendorf (Hattenbach?).
  • Jeweils 1 Burgsitz mit zugehörigen Bauten hatten die Schleier und Schwertzell (S 59).
  • Von Langensteinscher Burgsitz (sog. Altes Schloss)
  • d) Schleier'scher Burgsitz: Der 1569 genannte Schleier'sche Burgsitz wohl identisch mit dem später von Baumbach'schen Hof (ehemals neben dem Pfarrhaus gelegen), den vor 1750 der Oberamtmann von Schreyvogel kaufte. Der dazu gehörige Gutsbesitz umfasste 1750 (Kasseler Acker): 302 Land, ca. 110 Wiesen, ca. 5 Garten und 316 Wald sowie die Lumpenmühle; 1813 wurde der Gutskomplex von den von Marstall, 1830 von den von Dalwig erworben; 1862 in Staatsbesitz gelangt, aufgeteilt und an Privat verkauft; der ehemalige Burgsitz an der Wassergasse in Schrecksbach 1862 abgerissen.
  • Von Hattenbachscher Burgsitz
  • f) von Schwerzell'scher Burgsitz: Zum von Schwerzell'schen Burgsitz in der Ortsmitte von Schrecksbach gehörten 1750 (Kasseler Acker): 267 Land, ca. 160 Wiesen, 15 Gärten und 468 Waldung; 1885 umfasste der Gutsbezirk von Schwertzell 221 Hektar, davon 71 Ackerland, 37 Wiesen, 11 Waldung.

Umlegung der Flur:

1926/1927

Älteste Gemarkungskarte:

1745/1746

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3520472, 5633415
UTM: 32 U 520390 5631601
WGS84: 50.835763° N, 9.289555° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

634021040

Flächennutzungsstatistik:

  • a) Gemarkung Schrecksbach:
  • 1838 (Kasseler Acker): 2790 stellbares Land, 1085 Wiesen, 85 Gärten, 10 Triesche.
  • 1885 (Hektar): 1095, davon 573 Acker (= 52.33 %), 165 Wiesen (= 15.07 %), 318 Holzungen (= 29.04 %)
  • 1961 (Hektar): 1719, davon 659 Wald.
  • b) Von Langenstein'scher Burgsitz (sogenannte Altes Schloss):
  • Dazu gehörten 1750 ca. 150 Kasseler Acker Land, ca. 50 Acker Wiesen, 17 Acker Garten und 211 Acker Waldung sowie die Losenmühle.
  • c) Schleier'scher Burgsitz:
  • Der dazu gehörige Gutsbesitz umfasste 1750 (Kasseler Acker): 302 Land, ca. 110 Wiesen, ca. 5 Garten und 316 Wald sowie die Lumpenmühle.
  • d) Von Hattenbach'scher Burgsitz (mit Nachfolgebesitzern):
  • Der Gutsbesitz umfaßte 1750 (Kasseler Acker): 247 Land, ca. 48 Wiesen, ca. 8 Garten und ca. 250 Wald;
  • 1885 (Hektar): 133, davon 56 Ackerland (= 42.11 %), 13 Wiesen (= 9.77 %), 62 Holz (= 46.62 %)
  • e) Von Schwerzell'scher Burgsitz:
  • 1750 (Kasseler Acker): 267 Land, ca. 160 Wiesen, 15 Gärten und 468 Waldung;
  • 1885 (Hektar): 221, davon 71 Ackerland (= 32.13 %), 37 Wiesen (= 16.74 %), 11 Waldung (= 4.98 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1502: 15 Männer. 1556: 58 Wohnhäuser. 1585: 73 Hausgesesse.
  • 1639: 29 verehelichte Mannspersonen, 2 Witwer, 10 Witwen, 17 wüst liegende Hofstätten. 1681: 45 Hausgesesse, 5 Ausschuss, 1 Junggeselle.
  • 1747: 71 Feuerstellen.
  • 1750: 4 Zimmerleute, 3 Maurer, 4 Schneider, 3 Wagner, 2 Bender, 4 Schmiede, 2 Schreiner, 7 Leineweber, 4 Branntweinbrenner, 2 Müller, 11 Tagelöhner, 1 Wirt.
  • 1834: 714, 1885: 798 Einwohner.
  • 1838 (Familien): 50 Ackerbau, 35 Gewerbe, 60 Tagelöhner.
  • 1861: 667 evangelisch-reformierte Einwohner, 3 evangelisch-lutherische, 1 römisch-katholischer Einwohner, 13 (27) Juden.
  • 1885: 774, davon 763 evangelisch (= 98.58 %), 1 katholisch (= 0.13 %), 10 Juden (= 1.29 %)
  • 1925: 1020, 1939: 1133, 1950: 1585, 1961: 1382 Einwohner.
  • 1961 (Erwerbspersonen): 277 Land- und Forstwirtschaft, 312 produzierendes Gewerbe, 49 Handel und Verkehr, 52 Dienstleistungen und Sonstiges.
  • 1961: 1382, davon 1247 evangelisch (= 90.23 %), 126 katholisch (= 9.12 %)

Diagramme:

Schrecksbach: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Vor 1360/67 und später: Amt Neukirchen
  • 1807-1813: Königreich Westfalen, Departement Werra, Distrikt Hersfeld, Kanton Neukirchen
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Ziegenhain
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Fritzlar
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Ziegenhain
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Ziegenhain
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Schwalm-Eder-Kreis

Altkreis:

Ziegenhain

Gericht:

  • 1231 ist Schrecksbach offenbar Mittelpunkt eines Gerichts, wie die Nennung eines cintgravius de Schrecksbach als richterlicher Amtsträger (Weiss, Gerichtsverfassung, S. 49 ff.) erschließen lässt. Weitergehende Vermutungen eines ortsübergreifenden Gerichtbezirks (Zent) Schrecksbach bei Brauer, Ziegenhain, S. 13.
  • Später, das heißt bis zur Bildung des Gerichts Neukirchen (vor 1360/67), gehörte (Ober- und Nieder-)Schrecksbach zum Gericht auf den Wasen (Amt Ziegenhain).
  • Auf eine ehemalige Gerichtstätte deutet der Flurname Galgentriescher (1,5 km nördlich von Schrecksbach).
  • 1822: Justizamt Neukirchen.
  • Seit 1867: Amtsgericht Neukirchen.

Herrschaft:

Nach 1140 schenkt Gräfin Clementia von Ziegenhain Kloster Fulda die villa Schrecksbach, die sie und ihre Tochter als Eigen besessen hatten; doch dürfte Fulda nur vorübergehend Ortsherr gewesen sein, da Schrecksbach später hersfeldisches Lehen der Grafen von Ziegenhain ist (Brauer, Ziegenhain, S. 28).

Gemeindeentwicklung:

Am 31.12.1971 schloss sich die Gemeinde Schrecksbach im Zuge der hessischen Gebietsreform mit der Gemeinde Holzburg zur neuen Gemeinde Schrecksbach zusammen. Zu deren weiterer Entwicklung s. Schrecksbach, Gemeinde. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Schrecksbach.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Nach 1140: Das Dorf kommt durch Oblation der Clementia, Witwe des Fuldaer Gesamtvogtes Graf Gozmar II. von Ziegenhain (gest. um 1140), an das Kloster Fulda (Dronke, Codex diplomaticus Fuldensis, Nr. 794, S. 390).
  • Um 1225 überträgt der Pleban von Allendorf an der Landsburg Kloster Haina seine und seiner Nichte Güter zu Schrecksbach.
  • Um 1240 vertauscht Konrad von Marburg Eigentum und Güter in Holzbach, die er von Wigand Vraz und seinem Bruder Bruno Buchsorge zu Lehen trug, unter anderem gegen den Hof des Klosters in Schrecksbach am Kirchhof.
  • 1317 verkauft der Wäppner Löwenstein Kloster Haina seine Güter in Schrecksbach.
  • 1324 verzichten die von Romrod auf ihren gegenüber Haina verfochtenen Rechtsanspruch auf die Güter zu Röllshausen und Schrecksbach, die das Kloster von dem Wäppner Löwenstein von Löwenstein erkauft hatte.
  • 1343 bekundet Kloster Hersfeld, dass es seine Forderungen und lehnsherrlichen Ansprüche wegen der vom Ritter Löwenstein an Haina veräußerten Güter zu Röllshausen und Schrecksbach verzichtet hat.
  • 1294 bekennt Gerlach von Aula, wohnhaft in Schrecksbach, dass er Kloster Immichenhain 12 Acker mit einer Wiese und allem Zubehör, ausgenommen den Hof, worauf er wohnt, verkauft hat.
  • 1311 bekennt Graf Johann von Ziegenhain, dass Ludwig von Gleimenhain und seine Angehörigen Kloster Immichenhain in der Dorfschaft Schrecksbach einen Platz, beim Kastell gelegen, übergeben haben.
  • 1312 erwirbt Immichenhain von Hermann von Zimmersrode Güter zu Schrecksbach.
  • 1325: Im Streit zwischen Immichenhain und den von Gleimenhain wird 1325 vor dem Stadtgericht in Treysa festgestellt, dass die von Gleimenhain ein Drittel ihrer Güter zu Schrecksbach, das Schollin-Gut genannt, gegen das Gut zu Rommershausen vertauscht haben.
  • 1344 bekennt Ritter Ditmar von Gleimenhain, dass er zum Seelenheil seiner verstorbenen Frau und seiner Eltern Kloster Immichenhain ein Drittel seines Gutes zu Schrecksbach vermacht hat.
  • 1355 verleiht Kloster Immichenhain dem Brüne genannt der Minne von Nieder-Schrecksbach und dessen Kindern gegen einen jährlichen Pachtzins das von ihnen dem Kloster aufgetragene Gut zu Schrecksbach.
  • 1459 überträgt Henne von Rückershausen Kloster Immichenhain sein Erbgut und Haus zu Schrecksbach.
  • 1367 haben die Grafen von Ziegenhain in Schrecksbach 16 Güter, 1 Vorwerk und 3 Koden, die als dienstbar bezeichnet werden, darunter 9 Güter des Klosters Immichenhain (S 635 ZU I).
  • 1408 bekennt Guntram von Urff, von Kunzmann von Falkenberg und dessen Angehörigen ihr Gut Schrecksbach gekauft zu haben (Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Neue Folge 12, 1896, S. 100).

Zehntverhältnisse:

1360 gehört ein Drittel des Zehnten zu Nieder-Schrecksbach in die Schlossküche in Ziegenhain.

1602 ist die Hälfte des Zehnten landgräflich, damals an die von Hattenbach verlehnt.

Ortsadel:

Adlige von Schrecksbach: um 1223-1290.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Pleban um 1223 (Baur I Nr. 209);
  • Vizepleban 1261.
  • Um 1240 Kirchhof genannt (vgl. Besitz).
  • Katholische Seelsorgestelle nach 1945;
  • Bonifatius-Kirche 1950 geweiht.

Pfarrzugehörigkeit:

Pfarrkirche, zu der bis 1311 die Kapelle des damals wüsten Wincherode gehörte (Classen, Kirchliche Organisation, S. 226).

1580 und 1585: Eggenhof eingepfarrt.

1585 gehörte Schrecksbach zwischenzeitlich zur Pfarrei Neukirchen.

Patronat:

Patronat 1311 gräflich-ziegenhainisch, seit 1450 landgräflich.

Diakonische Einrichtung:

1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 225 eine Gemeindestation mit einer Schwester; 1928 - 1959 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Konrad Arnsfeld 1515-1542, unbekannt, seit wann evangelisch

Reformierter Bekenntniswechsel: 1607

Kirchliche Mittelbehörden:

Archipresbyterat Ottrau;

Archipresbyter 1302/15 genannt.

Juden:

gehört zur Gemeinde Merzhausen

1835: 10 Juden.

1861: 27 (13) Juden.

1905: 6 Juden;

vor 1933: 1 Familie.

Der Gottesdienst wurde in der Synagoge von Merzhausen besucht.

Kultur

Schulen:

1910 Volksschule mit zwei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Schrecksbach, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4744> (Stand: 1.4.2022)