Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Groß-Gerau

Stadt · 92 m über NN
Gemeinde Groß-Gerau, Landkreis Groß-Gerau 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

13 km nordwestlich von Darmstadt

Lage und Verkehrslage:

Bahnhof der Eisenbahnlinie Mainz – Aschaffenburg ("Rhein-Main-Bahn I";"Main-Rhein-Bahn I") (Inbetriebnahme der Strecke 1.8.1858).

Ersterwähnung:

910

Historische Namensformen:

  • Geraha marca (910) [Nassauisches Urkundenbuch 1,1, S. 39-40]
  • Geraha (1002/09/13)
  • Gerahe (1257)
  • Gerhahe (1277)
  • Gera (1311)
  • maior Gera, in (1315) [Landgrafen-Regesten online Nr. 16524]
  • major et minor villa Gera (1319)
  • Gera, major et minor villa (1319)
  • Groizen Gera (1341)
  • maius Gera (1355)
  • Gerau (1368)
  • Gerauwe (1368)
  • Grozen Geraw (1371)
  • Girrauwer (um 1375)
  • Gerau parvum et magnum (1403)
  • Geraw (1420)
  • Groißen Gerauwe (1460)
  • Großen Geraw (1613)

Ortsteile:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Am Südrand von Groß-Gerau, Flurnamen Auf Esch befand sich ein Römerkastell, von dem heute nichts mehr zu sehen ist.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3463025, 5531757
UTM: 32 U 462965 5529984
WGS84: 49.921084° N, 8.484075° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

433006030

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 5787, davon 4229 Acker, 642 Wiesen, 916 Wald
  • 1961 (Hektar): 2702, davon 1212 Wald (= 44.86 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1600: 171 Herdstätten
  • 1629: 170 Hausgessene
  • 1636: 10 Einwohner
  • 1829: 1719 Einwohner
  • 1961: 12201, davon 8301 evangelisch (= 68.04 %), 3227 katholisch (= 26.45 %)
  • 1970: 13077 Einwohner

Diagramme:

Groß-Gerau: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 910: in Geraha marca
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obere Grafschaft Katzenelnbogen, Amt Rüsselsheim
  • 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Dornberg
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau (zunächst mit Sitz in Dornberg)
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau

Altkreis:

Groß-Gerau

Gericht:

  • 1821: Landgericht Groß-Gerau
  • 1879: Amtsgericht Groß-Gerau

Gemeindeentwicklung:

1398 Stadtrechtsverleihung durch König Wenzel: das egenante Dorff Geraw zu einer Stad erhebit und gemacht (Wenck, Hessische Landesgeschichte 1, Nr. CCLXXXIII = Demandt, Regesten Katzenelnbogen 1, Nr. 2118)

1663 Erneuerung der Stadtrechte (Hessisches Städtebuch)

Am 1.4.1939 Eingliederung der Gemeinde Dornberg

1.4.1957: Umgemeindung des Wohnplatzes Nikolauspforte mit Bahnhaus 86 (15 Einw.) nach der Gemeinde Mörfelden

Für die Gemeindeentwicklung seit Einführung der hessischen Gebietsreform s. Groß-Gerau. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Groß-Gerau.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 910 übergibt Erzbischof Hatto von Mainz sein Gut in der Mark von Groß-Gerau den Grafen Ebehard und Konrad zur Übertragung an das Kloster Fulda.
  • 1009 schenkt Kaiser Heinrich II. seinen Ort Geraha mit allen beweglichen und unbeweglichen Pertinentien dem Bischof von Bamberg.
  • 1013 schenkt Kaiser Heinrich II. die curtis Geraha der Kirche des heiligen Kilian in Würzburg.
  • 1315 wird Groß Gerau in einer Aufstellung von Dörfern, die Graf Wilhelm von Katzenelnbogen zinspflichtig sind, genannt.
  • 1361 bewittumt Graf Dieter von Katzenelnbogen seine Ehefrau Elisabeth auf Güter und Gefälle in Gerau.
  • 1371 Grundbesitz des Heinrich von Ganßenrode
  • 1571 Grundbesitzer: von Walbrunn, von Boineburg,von Hattstein zu Weilbach, von Bobenhausen, Graf von Isenburg, Hans von Büdingen, Johann Rensdorf usw.
  • 1633 verkauft Landgraf Georg dem Daniel Waldschmidt, Keller zu Rheinfelden, das ehemals Boineburgische Haus an der Frankfurter Pforte.
  • 1729 sind die Pfaffenäcker oder das Anthe-See-Gut gemeinschaftlich für die Pfarrer in Arheiligen, Griesheim und Weiterstadt.
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1210: ecclesia
  • 1460: Johanneskapelle
  • 1557: Nikolauskapelle
  • Pfarrkirche
  • Kapellen: Edelleutkapelle, Hospital

Patrozinien:

  • Margaretha; Heilig Kreuz (Crux); Jacobus; Wendelinus; Nikolaus; Walpurgis

Patronat:

1210: von Dornberg

1337: von Katzenelnbogen

Diakonische Einrichtung:

Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904 berichtet von der Tätigkeit von Schwestern in der Gemeindepflege 1896 – 1937 und im Krankenhaus 1890 – 1911; 1953 - 1960 arbeiten Diakonissen des Elisabethenstifts Darmstadt in der Gemeindepflege (Angaben basieren auf Mitteilungen des Zentralarchivs der EKHNZA in Darmstadt vom 01.07.2021); nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 eine Schwesternstation mit 1 Diakonisse und einer Gemeindehelferin

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Jakob Urceus (Kraus) 1526-1531

1890: katholischer Gottesdienst

Kirchliche Mittelbehörden:

St. Viktor in Mainz; Groß-Gerau

Juden:

vor 1350 Juden im Ort ansässig; 1401: vier jüdische Steuerzahler; vom 17. - 20. Jahrhundert lebten Juden in Groß-Gerau.

1830: 45, 1905: 126, 1910: 140, 1925: 164

Ein erster Friedhof bestand um 1300, entlang heutiger Berliner Straße zwischen Grünem Weg und Hermann-Löns-Strasse. Der alte jüdische Friedhof (Darmstädter und Berliner Straße) bestand von 1632 bis 1892. Der neue Friedhof wurde 1841 eröffnet und wurde auch von umliegenden Orten genutzt. Er liegt heim Freibad an der Theodor-Heuss-Straße. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

1418 Ersterwähnung einer Schule; 1535 Gründung einer Schule für Jungen; 1572-78 Ausbau als Musterschule durch Johannes Angelus; Ende des 16. Jahrhunderts besteht eine Mädchenschule, die um 1630 eingeht; sie wird am Ende des 17. Jahrhunderts neu gegründet; 1878 Höhere Bürgerschule; 1910 Volksschule mit acht Klassen, drei Schulhäuser von 1873,1894, 1900

1957 Realgymnasium, Kreisberufsschule, Landwirtschaftsschule

Hospitäler:

1393 Wendelinspital gestiftet von Graf Wilhelm von Katzenelnbogen

Wirtschaft

Wirtschaft:

Haupterwerbszweige Landwirtschaft und Handwerksbetriebe, u.a. Weberei, Gerberei, Töpferei; Weinanbau

im 19. Jahrhundert beginnende Industrialisierung im Lebensmittelsektor: Ölverarbeitung, Süddeutsche Zucker AG, Käse, Bier, Spargelanbau; eisenverarbeitende Industrie

Mühlen:

1460: Heydenspechers Mühle, Friedmans Mühle

1558: Windmühle

Markt:

1398: Verleihung eines Wochenmarktrechtes

1429: Kaufhaus ("Hohes Haus")

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Groß-Gerau, Landkreis Groß-Gerau“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/13734> (Stand: 8.8.2023)