Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Rüsselsheim

Stadt · 88 m über NN
Gemeinde Rüsselsheim, Landkreis Groß-Gerau 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

9 km nördlich von Groß-Gerau

Lage und Verkehrslage:

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bischofsheim – Frankfurt am Main/Niederrad ("Rhein-Main-Bahn II";"Main-Rhein-Bahn II") (Inbetriebnahme der Strecke 3.1.1863).

Ersterwähnung:

(830-850)

Historische Namensformen:

  • Rucilesheim, Rucilensheim (830-850) [2. Hälfte XII, Codex Laureshamensis III, Nr. 3673]
  • Ruozcelenesheim (vor 1130)
  • Ruzzelnsheim (1211)
  • Rüzelsheim (1275)
  • Rüzillheim (um 1300)
  • Ruzilnsheim (1312)
  • Russillensheym, Russellinsheym (1320)
  • Rußilsheim (1322)
  • Rüzelnsheim (1323)
  • Rußelnsheim (1324)
  • Russelshein (1334)
  • Russelsheim (1335)
  • Ruzelnsheim (1336)
  • Rußilsheim (1403)
  • Rosselsheym (1497)
  • Reuselsheim (1510)
  • Rueselsheim (1520)
  • Rußelßheim (1660)

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (830-850)

Ortsteile:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Nordwestlich der Altstadt finden sich am Main die Reste einer aus einer Wasserburg entstandenen Festung aus dem 16. Jahrhundert.
  • Südöstlich von Rüsselsheim in der Gemarkung Haßlocher Tanne stand ein römischer Straßentum.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3458173, 5539299
UTM: 32 U 458115 5537523
WGS84: 49.988568° N, 8.415694° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

433012020

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 6301, davon 4787 Acker, 245 Wiesen, 749 Wald
  • 1961 (Hektar): 5128, davon 2635 Wald (= 51.38 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1629: 76 Hausgessene
  • 1829: 1422 Einwohner
  • 1961: 39507, davon 23219 evangelisch (= 58.77 %), 13390 katholisch (= 33.89 %)
  • 1970: 59861 Einwohner

Diagramme:

Rüsselsheim: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obere Grafschaft Katzenelnbogen, Amt Rüsselsheim
  • 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Dornberg
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Groß-Gerau
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Groß-Gerau

Altkreis:

Groß-Gerau

Gericht:

  • 1515: gemeinsames Gericht mit Seilfurt
  • 1571: Landgraf von Hessen ist Gerichtsherr
  • 1821: Landgericht Groß-Gerau
  • 1879: Amtsgericht Groß-Gerau
  • 1956: Amtsgericht Rüsselsheim (Zweigstelle Amtsgericht Groß-Gerau)

Herrschaft:

1437 Stadtrechtsverleihung durch Kaiser Sigismund: Ruselshaym ... das die Inwonere daselbst solich Gnad und Freyheit als andere Stetlin haben (Wenck, Hessische Landesgeschichte 1, Nr. CCCXXV).

Verlust der Stadtrechte im Dreißigjährigen Krieg

1493 Bestätigung durch König Maximilian I.

Gemeindeentwicklung:

1937 Neuverleihung der Stadtrechte (Hessisches Gemeindelexikon)

1.4.1951: Eingemeindung der Gemeinde Haßloch

1.7.1956: Eingemeindung der Gemeinde Königstädten

1.4.1957: Umgemeindung des Wohnplatzes Mönchbruch (118 Einw.) nach der Gemeinde Mörfelden

Für die Gemeindeentwicklung seit Einführung der hessischen Gebietsreform s. Rüsselsheim. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Rüsselsheim.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 830-850 hat Kloster Lorsch in Rüsselheim eine Hube und zwei Unzen.
  • Vor 1130 hat Probst Reginhard von St. Alban zu Mainz in Rüsselsheim I huoba ad II uncias für sein Kloster erworben.
  • Um 1250 gehört das Bruningesheymergut in Rüsselsheim Winter von Bruningesheim.
  • 1314 schenkt die Nonne Isengard, Tochter des verstorbenen Emmerich Winterkaft, ihren Grundbesitz dem Kloster Altenmünster in Mainz.
  • 1320 verkauft Odylia, Witwe des Mainzer Bürgers Conrad Winterkaft, dem Domkapitel in Mainz 12 Malter Korn gegen 80 Pfund Heller und verpfändet dafür gen. Güter in Rüsselsheim.
  • 1322 verpachtet Bertold von Wyßenburg, Vikar von Mariengreden zu Mainz, gen. Güter in Rüsselsheim und Seilfurt gegen 15 Malter Korn dem Edelknecht Prynsat von Wallau.
  • 1329 verpachtet der Pastor der Kirche zu Bremetal die Güter seiner Kirche zu Rüsselsheim, gen. Die Eppsteiner Güter, gegen 15 Malter Korn dem Enfrid in Rüsselsheim und seiner Ehefrau Hille.
  • 1336 übergibt das Kloster Eberbach den Nonnen von Altenmünster in Mainz 30 Morgen in Rüsselsheim.
  • Um 1400 gehören die 1322 genannten Güter des Bertold von Weyßenburg durch dessen Schenkung dem Mauritiusstift in Mainz.
  • 1407 pachtet Graf Johann von Katzenelnbogen den Hof und zehn Huben in Rüsselsheim und Umgebung, die dem Kloster Altenmünster in Mainz gehören.
  • 1424 besitzt Graf Johann von Katzenelnbogen 36 Huben Land in den Gemarkungen Seilfurd, Raunheim und Rüsselsheim.
  • 1424 Grundbesitzer: St. Albansstift, die Herrn zu St. Johann, der Erzbischof von Mainz, von Eppstein
  • 1475 vermachen die Brüder Philipp und Johann Kleinfisch von Bergen ihren Hof gegenüber der Kirche zu Rüsselsheim der Präsens des Albanstifts in Mainz.
  • 1482 verkauft Nikolaus Hyldebrant, Pfarrer in Seilfurt, Haus und Hof in Rüsselsheim dem Albansstift zur Seilfurter Pfarrwohnung, da das Dorf Seilfurt zerstört ist.
  • 1505 tauscht Landgraf Wilhelm von Hessen seinen Hof gegen den Hof des Albansstifts, der in günstigerer Lage zum Schloss liegt.
  • 1571 hat der Landgraf ein Hofgut mit 366,25 Morgen Ackerfläche.
  • 1771 Grundbesitzer: herrschaftliches Hofgut 338 Morgen, Fr. Wilhelm von Schütz 144 Morgen, St. Alban 264 Morgen, früher von Boineburg 35 Morgen, Pfarrer 22 Morgen, usw.
  • 1802 Grundbesitz: St. Alban 261 Morgen Acker, Domstiftspräsens 33 Morgen, St. Viktor 23 Morgen
  • 1803 fällt der Besitz von St. Alban an Hessen.
  • 1812 verkauft der hessische Staat den Albanshof für 3000 fl.

Zehntverhältnisse:

1571 gehört der große Zehnten dem Albansstift in Mainz, der kleine diesem und dem Pfarrer von Rüsselsheim je zur Hälfte.

1771 Universalzehnten: St. Alban; kl. und Blutzehnten: St. Alban und der Pfarrer je zut Hälfte; Particularzehnten: Landesherrschaft vom neuen Rod; Pfarrer grßen und kleinen Zehnten vom Distrikt Seilfurt

Ortsadel:

von Rüsselsheim. Vor 1150 verkaufen Henricusde Rucelensheim und seine Mutter Jutta dem Kloster Eberbach zwei Mansen in Rüsselsheim, qui sunt hereditaria proprietas et pertinentad sanctum Albanum, sowie ein Hof in Frankfurt dem Eberhard Albus von Hagen.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1320 Pfarrei
  • 1514 fordern Keller, Schultheiß und die Gemeinde zu Rüsselsheim den Rat zu Frankfurt um Überlassung von Bauholz zum Bau ihrer Kirche zum hl. Georg.
  • 1594 wird eine neue Kirche gebaut.
  • 1790 Neubau der Kirche
  • Pfarrkirche

Patrozinien:

  • Georg (Georgius)

Pfarrzugehörigkeit:

Seilfurt

Patronat:

1660 ist das Albansstift Inhaber der Pfarrkirche.

Diakonische Einrichtung:

Gemeindepflege durch Diakonissen 1895 – 1898 (Angaben basieren auf Mitteilungen des Zentralarchivs der EKHNZA in Darmstadt vom 01.07.2021); Röschen, Beschreibung der evangelischen Pfarreien des Großherzogtum Hessen nennt für 1900 eine Kleinkinderschule; nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 eine Gemeindehelferin, ein Gemeindehelfer, vier Kräfte im Kindergarten

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Peter Schmitt um 1530

Kirchliche Mittelbehörden:

St. Viktor in Mainz; Groß-Gerau

Juden:

1770 Juden: 10 jüdische Familien, 1828: 83 Juden, 1871: 124, 1900: 62, 1925: 59

1822 Synagoge

Kultur

Schulen:

1580 Gründung einer Schule, erster SchulmeisterJohannes Warfeier Auerbacensis ex Vogtlandia für zwei Jahre, gefolgt von Conrad Strungius aus Gießen; Schule und Schulmeister werden von der Kirche finanzell getragen; für den Besuch von Mädchen wird extra Geld gezahlt; ab 1772 wird ein eigener Mädchenschullehrer angestellt; 1780 Schulordnung

wachsende Zahl der Schülerinnen und Schüler führt 1831 zur Einrichtung einer dritten Schule (Klasse), 1847 einer vierten; gemeinsamer Unterricht für Mädchen und Jungen in altersgetrennten Klassen; Nutzung des Rathauses als Schulgebäude; weiter steigende Schülerzahlen mit Industrialisierung des Ortes erfordert Schulhausneubau durch Gemeinde, Einweihung 1880;

1897 Höhere Bürgerschule; 1910 Volksschule mit acht Klassen; 1925 Realschule; 1955 vier Volksschulen, ein Realgymnasium

Wirtschaft

Wirtschaft:

Bedeutung des Handels durch Mainschifffahrt; industrielle Entwicklung seit Anfang des 19. Jahrhunderts: 1819 Zichorienfabrik, 1855 Kokosmatten- und Teppichfabrik, 1878 Blechwarenfabrik

1862 Aufbau der Opelwerke - Nähmaschinenproduktion, 1886 Fahrradproduktion, 1898 Automobilbau; 1928 Übernahme der Opel-Werke durch General Motors, 1938 größte europäische Automobilfabrik; nach 1945 Wiederaufbau der Werke, Lastwagen und Personenwagen

Mühlen:

1320 via molendini

Markt:

1686 Bewilligung von zwei Jahrmärkten

Münze:

nach 1428 Münzstätte

1640 Münzmeister

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Rüsselsheim, Landkreis Groß-Gerau“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/13744> (Stand: 8.8.2023)