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KDR 100, TK25 1900 ff.
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 101. Gelnhausen

Weitere Informationen

Gelnhausen

Stadt · 150 m über NN
Gemeinde Gelnhausen, Main-Kinzig-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lage und Verkehrslage:

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Hanau – Frankfurt am Main ("Bebraer Bahn";"Bebra-Hanauer-Bahn") (Inbetriebnahme der Strecke 1.5.1867).

Endbahnhof der Eisenbahnlinien Gießen – Gelnhausen ("Lahn-Kinzig-Bahn") (Inbetriebnahme der Strecke 30.11.1870),

Gelnhausen/Ost – Flörsbachtal/Lochborn ("Spessartbahn"; "Biebertalbahn"; Bieberbähnchen") (Inbetriebnahme der Strecke 15.12.1895) bis zur Stilllegung der Strecke am 23.7.1951 und Langenselbold – Gelnhausen (Inbetriebnahme der Strecke 15.10.1904) bis Stilllegung der Strecke 1963.

Ersterwähnung:

1133

Siedlungsentwicklung:

Um 1170 von Kaiser Friedrich Barbarossa gegründete Reichsstadt.

Historische Namensformen:

Ortsteile:

  • Gelnhausen, Haitz, Roth (seit 1.7.1970)
  • Hailer (seit 1.4.1971)
  • Höchst, Meerholz (seit 1.7.1974)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Reste der ältesten Burganlage, die im Norden der Ortslage, zwischen Peterskirche und Obermarkt vermutet wird, haben sich bislang nicht gefunden.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3513498, 5563052
UTM: 32 U 513418 5561266
WGS84: 50.203431° N, 9.18802° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

435010010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 981, davon 272 Acker (= 27.73 %), 154 Wiesen (= 15.70 %), 356 Holzungen (= 36.29 %)
  • 1961 (Hektar): 1001, davon 399 Wald (= 39.86 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1611: 479 Steuernde in der Stadt, 28 im Ziegelhaus, 9 Juden
  • 1812: 448 Feuerstellen, 2613 Seelen
  • 1885: 3694, davon 3125 evangelisch (= 84.60 %), 334 katholisch (= 9.04 %), 10 andere Christen (= 0.27 %), 225 Juden (= 6.09 %)
  • 1961: 7756, davon 5441 evangelisch (= 70.15 %), 2109 katholisch (= 27.19 %)
  • 1970: 10221 Einwohner

Diagramme:

Gelnhausen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1787: Reichsstadt Gelnhausen im Pfandbesitz der Landgrafschaft Hessen-Kassel (Grafschaft Hanau-Münzenberg)
  • 1806/7-10: Kaiserreich Frankreich, Fürstentum Hanau, Amt Gelnhausen (Militärverwaltung)
  • 1810-1813: Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau, Distrikt Gelnhausen
  • 1816: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Hanau, Amt Gelnhausen
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Landkreis Gelnhausen
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hanau
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Landkreis Gelnhausen
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Gelnhausen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Gelnhausen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Gelnhausen
  • 1968: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gelnhausen
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Main-Kinzig-Kreis

Altkreis:

Gelnhausen

Gericht:

  • Amtsgerichtsort
  • 1822: Justizamt Gelnhausen
  • 1867: Amtsgericht Gelnhausen

Gemeindeentwicklung:

9.7.1895: Eingemeindung der Reichsburg Gelnhausen

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Pfandherren:
  • 1349-1435 (1496): Grafen Schwarzburg-Blankenburg,
  • 1349-1431/32: Grafen von Hohnstein,
  • 1435-1746: Kurfürsten von der Pfalz,
  • 1736-1803: Landgrafen von Hessen-Kassel

Zehntverhältnisse:

Das Kloster Selbold bekundet 1173, den Nonnen zu Meerholz einige Zehnten u.a. zu Gelnhausen übertragen zu haben.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1151: Kirche
  • 1217: Pleban
  • Pfarrkirche 1223 genannt, 1238 Marienkirche und Peterskirche

Patrozinien:

  • Maria [1151, 1238]

Pfarrzugehörigkeit:

Kloster Selbold, Landkapitel Roßdorf

Zur protestantischen Klasse Gelnhausen sind die Burg Gelnhausen und Haitz eingepfarrt

Patronat:

Bis 1543 Kloster Selbold, dann von der Stadt erworben. Vgl. Kirchenbehörden

Beginen:

1344 stiften Gernod Ziegenbart und seine Frau Metze ein Haus für zwei Begarden neben dem Hainaer Hof; 1348 wird das Haus an Kunze von Breitenbach, von dieser an das Kloster Haina verkauft. Für 1311 werden Beginen genannt, ebenso für 1434 („die armen sustere, die man nennet begynen, in eym gotshuse zu G., daz man nennet daz convent, ordens der dritten regeln“; das Haus soll nahe dem Rathaus liegen.

Diakonische Einrichtung:

01.03.1898 Einweihung Städtisches Kranken- und Siechenhaus; Kindergarten durch Familie Schöffer-Becker gebaut und dotiert; seit 02.05.1889 zwei Diakonissen in der Krankenpflege; eine Schwester am 22.07.1888 durch Pfarramt berufen für Gemeindearbeit und Betreuung Jungfrauenverein Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904

1901 Gemeindepflegestation; 1912 Krankenhaus zugeordnet; ab 05.04.1912 wieder eigenständige kirchliche Einrichtung Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 280-281; Diakoniestation bis 1953 (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Beginn der Reformation 1539 durch die Abschaffung der Prozessionen und "Begraben des Crucifixus".

Erster evangelischer Pfarrer: Peter Strupp 1543-1565, bis 1525 Mönch im Kloster Selbold

Vor 1823 unierte Pfarrei.

Kirchliche Mittelbehörden:

Zunächst lag Gelnhausen in der Erzdiözese Mainz, Archidiakonat des Propstes von St. Mariengreden in Mainz, Sendbezirk des Dekanats Roßdorf. Eine Änderung ergab sich mit der Gründung des Stifts Selbold Anfang des 12. Jahrhunderts, das ein eigenes (Klein-) Archidiakonat des Stiftspropstes ausbildete. Hierzu gehörte die Pfarrei Gelnhausen zeitweise. 1404 kam ein Ausgleich zwischen den Pröpsten des Mariengradenstifts und des Stifts Selbold zustande: Selbold behauptete die archidiakonalen Rechte einschließlich der Sendgerichtsbarkeit. Dem Propst von Mariengraden wurde das Pfarramt unterstellt. Er musste jedoch den von Stift Selbold vorgeschlagenen Priester investieren, ohne ein Eignungsprüfungsrecht zu haben (Die deutschen Königspfalzen, S. 623-624).

Juden:

Provinzial-Rabbinat Hanau; Altenhaßlau angeschlossen

1734: 33 Familien; 1749: 40 Familien; 1750: 66 Familien; 1835: 407; 1861: 301; 1905: 204; 1932/33: 200 Juden (4,00% der Gesamtbevölkerung); letzte Abmeldung im Oktober 1938. 1947 leben wieder einige Juden im Ort.

Ersterwähnung 1260; Verfolgung während der Pest, alle werden Juden getötet und verbrannt; danach sind Juden erst wieder 1360 oder 1362 angesiedelt. 1576 kam es zu Ausweisungen, 1599 leben wieder drei Familien in der Stadt.

Die Judengasse lag zwischen Kuhgasse und Untermarkt (neu: Brentanogasse 6), 1705 wird das Judenghetto erstmals erwähnt.

Die Synagoge wird 1601 errichtet, im 30jährigen Krieg zerstört; Neuaufbau, 1734/36 erfolgt ein Umbau, Standort in der Judengasse; neben der Synagoge lagen das rituelle Bad, sowie Gemeindehaus mit Israelitischer Schule und Lehrerwohnung. Die Synagoge wird bereits im Juni 1938 geschändet, und im Juli verkauft, danach als Lagerhalle genutzt. In den 1980er Jahren Neubau der Synagoge an alter Stelle; Einweihung September 1986. (alemannia-judaica)

Berufe: Viehhandel; Handel, aber auch Buchdrucker, Schuhmacher

Der Friedhof wurde vermutlich Anfang des 17. Jahrhunderts angelegt. Er lag außerhalb des zweiten Mauerrings, in der Nähe des Geländes auf dem im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Hinrichtungen bzw. Hexenverbrennungen stattfanden - südlich der Altstadt zwischen Schiffertorturm und Kinzig. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

1292 Erwähnung eines "Rector puerorum"; nach 1543 Stadtschule und Lateinschule mit drei Klassen erhält Besitz des Franziskanerklosters zur Besoldung der Lehrer

1810 zwei Mädchenklassen; 1841 Einrichtung einer katholischen Parrochialschule (Pfarrschule) zusätzlich zur Stadtschule, 1910 eineklassige katholische Volksschule; nach 1871 zwei Bürgerschulen, davon eine 1891 Umwandlung in eine Mittelschule, zweite bleibt Volksschule (1910 mit 15 Stellen); 1909 Städtische Realschule; 1910 Öffentliche mittlere Schule mit acht Stellen; 1946 Realgymnasium

1890 Landwirtschaftsschule; 1936 Städtische Berufsschule; 1947 Milchwirtschaftliche Lehranstalt für Hessen

Hospitäler:

Useit 1233 Hospital zum Heiligen Geist; Umwandlung des Beginenhauses in ein Hospital; dient 1926 als Herberge für umherziehende Arme; 1926 Unterhaltung durch die Stadt (Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 255)

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Wirtschaft:

Im Mittelalter Vielzahl an Zünften: 1432 bereits 10 Zünfte (Tuchmacher, Weingärtner, Bäcker, Metzger, Schmiede, Schuhmacher, Gerber, Krämer, Schneider, Schiffleute)

Obst- und Weinanbau bis ins 19. Jahrhundert

19. Jahrhundert Wein-, und Branntweinhandel, Kolonialwarengeschäfte, Gasthäuser; Ausbau des Handwerksbereiches (Gerber, Schuhmacher, Orgelbau, Buchdruckerei) und von Industrieniederlassungen (Zigarrenfabriken, Schokoladenfabriken, Stempelfabriken)

1840 Gummiwerke Veritas (älteste Gummifabrik Deutschlands)

Mühlen:

In der Stadtgemarkung zwei ehemalige Stadtmühlen

Markt:

1220 verlegte König Friedrich II. den Marköbeler Markt in die Stadt Gelnhausen, weitere Jahrmarktsrechte durch Ferdinand I. (1559), Maximilian II (1571) verliehen

Münze:

1282 kaiserliche Münze, nach 1622 keine Nachweise mehr

Zoll:

seit 1170 Zollbefreiung der Kaufleute von kaiserlichen Zöllen; nach 1505 Zollrecht bei der Stadt

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Gelnhausen, Main-Kinzig-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/12367> (Stand: 13.6.2023)