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Klöster und Orden

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Ortskennziffer
63500704004

Benediktinerkloster Flechtdorf

425 m über NN
Gemarkung Flechtdorf, Gemeinde Diemelsee, Landkreis Waldeck-Frankenberg
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Flechtdorf ist das älteste und bedeutendste Benediktinerkloster in der Grafschaft Waldeck. Es wird 1102 durch den Grafen Erpho von Padberg gegründet und liegt im Schnittpunkt der Interessensbereiche der Erzbischöfe von Köln und der Grafen von Schwalenberg-Waldeck. Das Kloster erwirbt Grundbesitz, Rechte und Einkünfte in über 80 Orten. Mit der Entfernung des letzten Abtes 1580 übernehmen die Grafen von Waldeck endgültig das Kloster.

Orden:

Benediktiner

Ordensprovinz:

Benediktinerprovinz Mainz-Bamberg (ab 1336); Bursfelder Kongregation (ab 1469)

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Bistum Paderborn, Archidiakonat Horhusen

Typ:

Männerkloster

Territorium:

  • Ittergau
  • im 11. Jahrhundert: Grafschaft Padberg als Lehen des Geschlechts der Erponen vom Bistum Paderborn
  • ab Ende des 12. Jahrhunderts: Grafschaft Waldeck

Historische Namensformen:

Lagebezug:

6,5 km nordwestlich von Korbach

Lage:

Das Kloster liegt im bergigen Waldecker Land in der Nähe der hochmittelalterlichen Fernstraße, die von Paderborn ins Rhein-Main Gebiet führt.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3487896, 5687970
UTM: 32 U 487827 5686135
WGS84: 51.326379° N, 8.82529° O

Geschichte

Geschichte:

Das Kloster wird 1101/02 durch Graf Erpho von Padberg in Boke (Paderborn) als Eigenkloster gegründet, aber schon bald nach Flechtdorf verlegt, um es dem Einfluss der Verwandten seiner Frau, der Grafen von Nidda, zu entziehen. Flechtdorf gilt als das älteste und bedeutendste Benediktinerkloster im Waldecker Land. Zum Kloster gehört ein kleines Hospital. Nach dem Tode des Gründers geht das Kloster in den Besitz des Kölner Erzbischofs über, der die Umsetzung der Siegburger Reformideen veranlasst (Rückkehr zu den Ordensidealen).

Umstritten ist die Vogtei über das Kloster zwischen den Erzbischöfen von Köln und den Grafen von Waldeck. In der Mitte des 13. Jahrhunderts verlieren beide Parteien die Vogteirechte und das Kloster gilt als landsässig. Das Eigentum der Abtei vergrößert sich von Gütern in vierzehn Orten aus der Gründungszeit auf Besitz und Rechte in rund fünfzig Orten am Ende des 12. Jahrhunderts, die in den folgenden Jahrzehnten arrondiert werden. 1379 legt die Klosterordnung Bischof Heinrichs I. von Paderborn die Trennung von Abts- und Konventsgut fest und damit die schon länger praktizierte stiftsmäßige Wirtschaftsführung. Den Äbten soll ein Drittel, dem Konvent zwei Drittel des Überschusses gehören, der Nachlass des Abtes bleibt dem Nachfolger erhalten. Mehrere Versuche zu einer Klosterreform scheitern im 15. Jahrhundert, erst mit dem Beitritt zur Bursfelder Kongregation 1469 gelingt eine Neuausrichtung des Klosterlebens und damit auch ein Bedeutungszuwachs. Das Kloster ist für die Wallfahrt zu seinem Marienbild und als Ablassort berühmt. Zwischen 1254 und 1503 erhält es 35 Ablassbewilligungen.

Nach einer hohen Verschuldung durch Bergwerksspekulationen unterstützt die Bursfelder Kongregation finanziell das Kloster und bestellt einen neuen Abt. Im 16. Jahrhundert erlebt das Kloster eine Blütezeit unter seinem Abt Jost Fibeling (1506-1526), der auch die Landgräfinwitwe Anna von Hessen berät, die Präsidentschaft des Benediktinerprovinzialkapitels inne hat und als Visitator und Prediger tätig ist. Er ordnet die Wirtschaft des Klosters mit einer schriftliche Rechnungsführung, renoviert Klostergebäude und Kirche.

Mit Beginn der Reformationszeit bringen Abt und Konvent 1528 Urkunden und liturgische Geräte nach Westfalen in Sicherheit; ab 1535 verlassen viele Mönche das Kloster. 1543 hebt Graf Wolrad II. von Waldeck den Konvent auf und setzt einen evangelischen Prädikanten ein. Der Besitz wird 1546 inventarisiert, das Kloster durch den Vertreter des Kölner Erzbischofs und anschließend durch den Grafen von Waldeck geplündert. Die Bibliothek und der Urkundenbestand werden vernichtet, das Vieh weg gebracht.1598 übernehmen die Grafen von Waldeck nach einer Entscheidung des Reichskammergerichtes zum Streit zwischen Köln und Waldeck die Abtei, die Einnahmen werden zur Armenfürsorge verwendet. Das Klostergut wird als gräfliche Domäne fortgeführt. Im Dreißigjährigen Krieg zerstört ein Brand einen Teil der Klosteranlage.

1702 wandelt Graf Christian Ludwig von Waldeck das Kloster in ein Landeshospital um.

Gründungsjahr:

1101/1102

Gründer:

Graf Erpho von Padberg

Aufhebungsjahr:

1580

Organisation:

Um 1472 leben zwölf Mönche in dem Kloster; seit dem 14. Jahrhundert kommen mehrheitlich die Konventualen aus den bürgerlichen Schichten der umliegenden Kleinstädte und den Dörfern.

Patrozinien:

Maria (1104)

Archivgeschichte:

Archivreste im Landeshospital Flechtdorf und in den Staatsarchiven Marburg und Münster (vgl. die Quellen- und Literaturübersicht bei Dersch, Flechtdorfer Chronik).

Bibliotheksgeschichte:

1546 wird die Bibliothek bei einem Überfall durch Söldner des Grafen Bernhard von Nassau-Beilstein, Landdrost von Westfalen, zerstört und geplündert. Bücherreste kommen in die gräfliche Sammlung von Waldeck.

Besitz

Besitz:

An folgenden Orten lässt sich Besitz des Klosters nachweisen:

Adorf, Aspe, Beleke, Benkhausen, Berentrop, Beringhausen, Berndorf, Boke, Bredelar, Bruchhausen, Dalwig, Dannenbrucke, Deifeld, Deisfeld, Desbecke, Dingeringhausen, Dodinghausen, Drewer, Düdinghausen, Ebbinghausen, Eidinghausen, Elle, Elleringhausen, Endorf, Ense, Esbeck, Flechtdorf, Gembeck, Giebringhausen, Giershagen, Giflitz, Grafschaft, Hamborgehusen, Hardradessen, Hemerhusen, Henglarn, Herda, Heringhausen, Herlinghausen, Hesperinghausen, Hessinghausen, Hessinghausen, Holtrup, Holzhausen, Holzhausen, Hulixen, Immighausen, Korbach, Kothausen, Langförden, Laterfeld, Leitmar, Lelbach, Lengefeld, Lethe, Mengeringhausen, Menslar, Messinghausen, Mühlhausen, Nordeck, Ober-Schledorn, Osterhausen, Ostheim, Oythe, Padberg, Rattlar, Rhena, Rhenegge, Rocklinghausen, Rotheringhausen, Sassendorf, Scherfede, Siersdorf, Sinstorf, Stormbruch, Sudeck, Thülen, Twiste, Udorf, Vasbeck, Vöhl, Wameringhausen, Welleringhausen, Werdohl, Wirmighausen

Abhängigkeitsverhältnis:

Abdinghof bei Paderborn ist das Mutterkloster von Flechtdorf; der Kölner Erzbischof übt eine Schutzherrschaft aus.

Ausstattung

Gebäude:

Die romanische Klosteranlage mit den großen Doppeltürmen dominiert das Erscheinungsbild des Dorfes. Sieben Äbte des Klosters sind dort beerdigt. Die Klosterkirche wurde in mehreren Bauabschnitten errichtet, zuerst zwischen 1120 und 1190 die Türme und der Westteil, dann erfolgt Anfang des 13. Jahrhunderts die Vollendung als gotische Hallenkirche. Die Konventsgebäude stammen aus dem 12. Jahrhundert. Die ehemalige Abteikirche wird heute von der evangelischen Gemeinde als Pfarrkirche genutzt.

Nachweise

Arcinsys Hessen:

Quellen:

Gedruckte Quellen:

Literatur:

Germania Sacra-ID:

30072

GND-Nummer:

4557532-0

Zitierweise
„Benediktinerkloster Flechtdorf, Gemeinde Diemelsee“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/7696> (Stand: 26.7.2022)
Indizes

Personen:

Wolrad II., Waldeck, Graf (1509-1578)

Jost Fiebeling, Abt (1506-1526)

Sachbegriffe: