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Klöster und Orden

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6317 Bensheim
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Ortskennziffer
43101600005

Benediktinerkloster Lorsch

98 m über NN
Gemarkung Lorsch, Gemeinde Lorsch, Landkreis Bergstraße
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Die heutige UNESCO-Welterbestätte Kloster Lorsch wird 764 gegründet und entwickelt sich zu einem der bedeutendsten kulturellen Zentren im fränkischen und Deutschen Reich. Die umfangreiche Bibliothek des Benediktinerklosters ist eine der größten des Mittelalters. 772 wird das Kloster Karl dem Großen unterstellt und bewahrt bis 1232 seine Unabhängigkeit. Nach den Benediktinern leben im 13. Jahrhundert kurz Zisterzienser später Prämonstratenser in Lorsch. 1556 wird das Kloster aufgelöst. Im Dreißigjährigen Krieg zerstören schwedische Truppen die Anlage.

Orden:

Benediktiner

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Mainz, Erzbistum Mainz, Archidiakonat St. Viktor in Mainz

Typ:

Männerkloster

Territorium:

  • bis 772 Eigenkloster der Rupertiner
  • 772: Königs-, Reichsabtei
  • 1232: Erzstift Mainz

Historische Namensformen:

  • monsterium, quod vocatur Lauresham (772) [Codex Laureshamensis I, S. 274-275, Nr. 4]
  • Lauressam (885)
  • Lauresham (956)
  • Lorissam (1056)
  • Lorsam (1072)
  • Laurissa (um 1190, 1222)

Lagebezug:

4 km südwestlich von Bensheim

Lage:

Das Kloster wird auf einer Insel zwischen zwei Weschnitzarmen gegründet.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3469015, 5501972
UTM: 32 U 468952 5500211
WGS84: 49.653641° N, 8.569858° O

Geschichte

Geschichte:

Vgl. auch Zisterzienserkloster Lorsch und Prämonstratenserkloster Lorsch

Die Anfänge des Klosters lassen sich im Wesentlichen aus zwei Schriftquellen (Kopialbuch, Chronicon Laureshamense) des 12. Jhs. erschließen. Als Gründungsdatum wird das Jahr 764 angegeben; die fränkische Adelsfamilie der Rupertiner stattet das Kloster mit großen Besitztümern aus, mit dem Auftrag des Totengedenkens und als Grablege für die Familie. Das Kloster wird Bischof Chrodegang von Metz übergeben,der es mit 16 Mönchen aus seiner eigenen Gründung Gorze besetzt. Er unterstellt das Kloster als Abt der Benediktinerregel. Der Papst schenkt 765 die Gebeine des römischen Heiligen Nazarius an Lorsch, dessen Grab zu einer berühmten Pilgerstätte wird und daher zahlreiche und große Stiftungen nach sich zieht. Bis 778 sind für Lorsch über 1500 Schenkungen belegbar.

772 wird Lorsch zur Reichsabtei durch Karl den Großen erhoben, verbunden mit der Verleihung der Immunität und der Mark Heppenheim. 774 wird die Kirche eingeweiht durch den Mainzer Erzbischof Lul. Vier weitere Bischöfe und König Karl der Große mit seiner Familie sind anwesend. Einhard, der Biograph Karls des Großen, vermacht Lorsch ein Kloster in Michelstadt einschließlich des Grundbesitzes. Im 9. Jh. dient die Abtei als Begräbnisort für die Karolingischen Kaiser Ludwig der Deutsche, Ludwig der Jüngere und zahlreiche Familienmitglieder. Viele Stiftungen zum Totengedenken der Herrscherfamilie vergrößern den Besitz.

Der wirtschaftliche und politische Aufstieg des Reichsklosters setzt sich im 10. und 11. Jahrhundert fort; als Gegenleistung für die Unterstützung der deutschen Kaiser erhält das Kloster zahlreiche Privilegien (Immunität, freie Abtswahl) und Rechte (Marktrecht, Münzrecht, Wildbann, Burgenbau). Zahlreiche Königs- und Kaiserurkunden zeugen von der engen Bindung an die Herrscherhäuser der Ottonen und Salier, der Abt von Lorsch spielt eine wichtige Rolle am kaiserlichen Hof.

Im Investiturstreit versuchen sowohl Heinrich IV wie sein Sohn, Heinrich V., die Abtei zu beeinflussen, indem sie die Äbte aussuchen. Im 13.Jh. gerät Lorsch zwischen die staufischen und welfischen Parteien. Der Erzbischof von Mainz, Siegfried II. von Eppstein, kämpft mit dem welfischen Pfalzgrafen um die Macht in der Region und damit um den Einfluss auf Lorsch. 1228 erhält der Erzbischof von Mainz alle früheren Königsrechte der Abtei durch Heinrich VII. überschrieben, erreicht beim Papst die Durchführung einer Generalvisitation und setzt den Abt ab. Nach einer erneuten Visitation übergibt der Papst das Kloster dem Erzstift Mainz, was durch Kaiser Friedrich II. bestätigt wird. Die Benediktinermönche sollen das Kloster verlassen, wehren sich aber mit Hilfe des Pfalzgrafen, der seine Vogteirechte verteidigt. Nach einem politischen Vergleich übernehmen 1249 Prämonstratensermönche das Kloster.

1557 wird das Kloster durch den evangelischen Pfalzgrafen aufgehoben. Restitutionsversuche im Dreißigjährigen Krieg, 1626, des Prämonstratenserodens bleiben erfolglos.

Gründungsjahr:

764

Gründer:

Cancor, Graf im Oberrheingau und seine Mutter Williswinda, Witwe des Grafen Rupert

Aufhebungsjahr:

1232

Organisation:

Um 800 leben 200 bis 300 Mönche, nach anderen Schätzungen 120 bis 150 Mönche im Kloster. Im 12.Jahrhundert vertreten einige Äbte die Ideen der Siegburger Reformbewegung, die die Eigenständigkeit des Klosters bewahren wollen.

Pfarrrechte:

Klein-Hausen, Groß-Hausen, Wattenrodt, Seehof

Patrozinien:

764 ecclesia Sankt Petri; 774 ecclesia Sankt Nazarii

Bibliotheksgeschichte:

Benediktinerklöster in Hessen, S. 811-821

Seit dem 9.Jh. besitzt das Kloster einen herausragenden Bibliotheksbestand, der durch systematische Sammlungen von Handschriften, Büchern auf- und ausgebaut wurde. Nach der Vertreibung der Benediktiner verschwinden Handschriften, die heute in der Bodleian Library in Oxford sind. 1557 übernimmt der Pfalzgraf die Bibliothek, 1623 werden sie in die Bibliotheca Palatina nach Rom gebracht, wo sie bis heute sind.

Besitz

Besitz:

Das Reichskloster Lorsch verfügte im Frühmittelalter über Besitz vom Bodensee bis zur Rheinmündung sowie vom Elsaß bis in den mittleren Lahnraum, der hier nicht im einzelnen aufgeführt werden kann. Eine differenzierte Beschreibung und Erläuterung des Besitzes, gegliedert nach Gauen, findet sich in Reichsabtei Lorsch, Festschrift, S. 367-651.

In sogenannten Codex Laureshamensis aus dem 12. Jh. sind 3600 Schenkungsurkunden zusammengestellt, die den Besitzerwerb in unterschiedlichen Regionen des Reiches dokumentieren:

773 Mark Heppenheim; 819 Gebiete im Südosten des hohen Odenwaldes als Geschenk von Einhard;

1065 Bestätigung des Markt- und Münzrechtes für Weinheim durch Heinrich IV.

1066 Bestätigung des Markt- und Münzrechtes in Lorsch

Zentren des Besitzes lagen im Oberrheingau und Lobdengau,siehe hierzu die Karte aus dem Geschichtlichen Atlas Hessen Nr. 9

Bensheim, Bingen, Brumath (im Elsaß), Buchheim (am Kaiserstuhl), Bürstadt, Dienheim, Edingen, Erda, Erfelden, Eschelbach, Hahnheim (Erstausstattung), Handschuhsheim, Hartheim, Heiligenberg (bei Heidelberg), Heitersheim, Heppenheim (Mark), Kandern, Leeheim, Leutershausen, Lohra, Michelfeld, Michelstadt, Nauborn (bei Wetzlar), Neubreisach, Neuenheim, Ober-Roden/ Rotaha, Oppenheim, Pfungstadt, Rumpenheim, Saulheim, Schwanheim, Starkenburg an der Bergstraße, Wachenheim, Wanendorfer Mark (südlich von Wetzlar), Weinheim, Wettereiba, Wiesloch

Niederlassungen:

im 11. Jahrhunderts Niederlassungen mit Erlaubnis Kaiser Heinrichs II. auf dem Heiligenberg (St. Michael und St.Stephan), in Neuburg zu Ehren des Hl.Bartholomäus;

Ausstattung

Gebäude:

Lorscher Torhalle

1090 Brand der Klosterkirche mit anschließendem Neubau

Sonstiges:

Von Lorsch aus wird der Odenwald seit dem 8.Jahrhundert kirchlich erschlossen; eine erbitterte Konkurrenz um den Einfluss in dieser Region besteht zu dem Bischof von Speyer, den Äbten von Fulda und dem Erzbistum Mainz.

Im 11. Jahrhundert gehörte das Skriptorium von Lorsch zu den besten deutschen Schreibschulen. Hier wird eine umfangreiche Bibliothek aufgebaut.

Der Lorscher Kopf, vor 1000 entstanden, gehört zu den ältesten Glasmalereien in Deutschland vgl. Lorsch, Kloster

Nachweise

Literatur:

Germania Sacra-ID:

30244

GND-Nummer:

801576-4

Zitierweise
„Benediktinerkloster Lorsch, Gemeinde Lorsch“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/14246> (Stand: 12.6.2022)
Indizes

Personen:

Chrodegangus, Metensis (Bischof von Metz, Gründerabt von Lorsch, 764)#120697203

Sachbegriffe: